„Such mal deinen Lieblingsplatz“ Regina Ibanek bietet im Herbst bereits die vierte Kirchenführer-Ausbildung an THEMA »Kirchenpädagogik: ein unglaublich sinn- stiftendes Angebot.« Das hat jeder schon erlebt: Eine Führung – in einer Altstadt, ei- nem Museum –, bei der erst die Knie einschlafen, d a n n d e r R ü c k e n wehtut und von der nur hängenbleibt, es wurde zu viel geredet, das meiste ging über die Köpfe hinweg – Zahlen- und Faktensalat. Nachhaltig ist nur der Eindruck, man habe etwas ertra- gen und nicht mit Spaß Neues erfahren. Die Kirchenpädagogen und -pädgogin- nen (nicht nur) in der Evangelischen Kir- che von Kurhessen-Waldeck gehen anders vor. Den Lernort Kirchenraum wollen sie aufschließen für alle und das Wissen über die Kirchenräume, ihre Funktion und Be- deutung auf anregende und persönliche Art vermitteln. Im Herbst 2022 geht die Ausbildung zum Kirchenführer, zur Kir- chenführerin bereits in die vierte Runde, sie liegt in der Hand von Regina Ibanek vom Referat für Erwachsenenbildung, unterstützt von Referenten. Den „großen Schatz der Landeskirche“, die wunderba- ren Kirchen, die in Kurhessen-Waldeck in fast jedem noch so kleinen Ort stehen, möchte man damit „aufschließen“ helfen. Immer mehr Menschen sehnten sich nach „heiligen Räumen“, sagt Regina Iba- nek, nach Rastplätzen für die Seele, wo man zur Ruhe kommen, beten und sich besinnen kann. Aber vielen ist der Zugang dazu verlorengegangen. Die rund 50 aus- gebildeten Ehrenamtlichen der bisherigen drei Jahrgänge können helfen, ihn wieder- zufinden. In der Ausbildung, die andert- halb Jahre dauert, 130 Stunden umfasst und 300 Euro kostet, werden die Lernen- den animiert, die unterschiedlichsten As- pekte von Kirchenräumen zu entdecken . Sie erfahren viel über Kirchengeschichte, Didaktik, Architektur und finden ihren per- sönlichen Weg, sich damit zu verbinden. „Das ist in heutiger Zeit ein unglaublich sinnstiftendes Angebot,“ betont Ibanek. Am Ende schreiben sie eine Abschlussarbeit und stellen „ihre“ Kirche in einer Probe- führung vor. Zielgruppenspezi- fisch ist das Schlag- wort, mit dem die Kirchenpädagogik Interesse wecken will. Führungen für Kinder, Jugendliche, Kirchenvorstände, Konfirmandengruppen sehen dann jeweils unterschiedlich aus. In einer kürzlich veröffentlichten Broschüre zeigt der letzte Ausbildungsjahrgang sei- ne persönlichen Schwerpunkte. So schlüpft beispielsweise ein Teilnehmer in die Rolle eines Handwerkers, der am Kirchenbau be- teiligt war, und erzählt „seine“ Geschichte. Andere fordern die Besucher auf, sich be- sonders auf die Kirchenfenster, den Licht- einfall und seine Wirkung einzulassen – ein Aspekt, der laut Ibanek besonders Kindern Freude macht. Die angehenden Kirchenführer und -führerinnen werden ermuntert, ihren per- sönlichen Zugang auch andere erleben zu lassen. Was gefällt mir am besten im Kirchenraum? Wie fühle ich mich, still in einer Bank sitzend? Was ist der erste Ein- druck, wenn ich die Kirche betrete? „Was die Teilnehmer da manchmal entdecken, ist erstaunlich“, sagt Regina Ibanek. Man- cher Kirchenvorstand, in der eigenen Kir- che geführt, habe so noch Neues gelernt und einen frischen Blick auf etwas werfen können, was er schon lange zu kennen glaubte. Eigene Erfahrungen und Gefühle spie- len dabei durchaus eine Rolle. Es darf ge- sungen, gebetet, vorgelesen werden – je nach Vermögen der Führungsperson oder dem Bedürfnis der Beteiligten. Diese hö- ren nicht nur zu, sondern sind eingeladen, sich selbst auf Entdeckungstour in der Kirche zu begeben, Fragen zu stellen und ihre Gedanken mit den anderen auszutau- schen. ● Anne-Kathrin Stöber Warum ich Kirchenführer bin i v t . o d e m : s o t o F Als Kirchenpädagoge er- kunde ich gerne die Kasseler Lutherkirche, auf die ich vom Büro aus blicke. Weiß verziert die Spitze, weil dort Falken ei- ne Heimat haben. Die Ruine ist heute Mahnmal, stehenge- lassen und durch ein Betonge- bäude ergänzt. Das heißt nun CROSS, eine „Be-Hausung” für junge Menschen. Der frühere Kirchenraum ist freigelassen, beherbergt manchen auch ungebetenen – und dennoch Gast. So soll es wohl sein mit Kirchen, nicht nur alten. Ei- gentlich bin ich Fan moder- ner Betonkirchen. Dennoch, bei alten Kirchengebäuden stehe ich mit hehrem Gefühl davor. Wie viele Menschen mögen da ein- und ausgegan- gen sein … Frank Sattler, Fachreferent im Seniorenreferat Kassel und ausgebildeter Kirchenpädagoge KIRCHENPÄDAGOGIK Interessierte für den nächsten Ausbil- dungskurs, zertifiziert vom Bundesverband Kirchenpädagogik, wenden sich an regina. ibanek@ekkw.de oder informieren sich auf der Internetseite des Netzwerks Kirchen- pädagogik www.kirchen-paedagogik.de blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 3–2022 15