150 Chöre, 6.000 Mitwirkende und 45.000 Besucher waren zum 7. Internationalen Gospelkirchentag vom 19. bis 21. September 2014 nach Kassel gekommen und machten die Documenta-Stadt für drei Tage zum Zentrum der Gospelmusik. Die ekkw.de-Onlineredaktion hat Ihnen aus diesem Anlass einen Themenschwerpunkt rund um das größte Gospelfestival Deutschlands und die Gospelmusik zusammengestellt.
Gospelkirchentag vom 19. bis 21. September
Kassel war drei Tage lang Hauptstadt der Gospelmusik

150 Chöre, 6.000 Mitwirkende und 45.000 Besucher waren zum 7. Internationalen Gospelkirchentag vom 19. bis 21. September 2014 nach Kassel gekommen und machten die Documenta-Stadt für drei Tage zum Zentrum der Gospelmusik. Die ekkw.de-Onlineredaktion hat Ihnen aus diesem Anlass einen Themenschwerpunkt rund um das größte Gospelfestival Deutschlands und die Gospelmusik zusammengestellt.
Kassel (medio/epd). Mit einem Festivalgottesdienst ist am Sonntagnachmittag der 7. Internationale Gospelkirchentag in Kassel zu Ende gegangen. Seit Freitag erlebten tausende begeisterte Menschen in der Documenta-Stadt Gospel-Atmosphäre pur. Bei dem Festival waren rund 6.000 Mitwirkende aus 15 Ländern dabei, um zu singen und sich in Workshops weiterzubilden. Zu den Veranstaltungen, die vielfach öffentlich und kostenlos waren, kamen laut Veranstalterangaben rund 45.000 Besucher.
Abschluss mit Festivalgottesdienst auf dem Kasseler Königsplatz
Gospelkirchentag begeisterte tausende von Menschen
Kassel (medio/epd). Mit einem Festivalgottesdienst ist am Sonntagnachmittag der 7. Internationale Gospelkirchentag in Kassel zu Ende gegangen. Seit Freitag erlebten tausende begeisterte Menschen in der Documenta-Stadt Gospel-Atmosphäre pur. Bei dem Festival waren rund 6.000 Mitwirkende aus 15 Ländern dabei, um zu singen und sich in Workshops weiterzubilden. Zu den Veranstaltungen, die vielfach öffentlich und kostenlos waren, kamen laut Veranstalterangaben rund 45.000 Besucher.
Festivalgottesdienst mit Bischof Hein und Kirchenpräsident Jung
In seiner Predigt rief Bischof Martin Hein dazu auf, die Augen vor den vielen Nöten in der Welt nicht zu verschließen. «Weil wir Gospels singen, weil wir von der Kraft Gottes überzeugt sind, müssen wir die Augen öffnen», sagte er in Anspielung auf den Text des Gospels «Amazing Grace», worin dessen Dichter John Newton beschreibt, wie er durch die Gnade Gottes von einem «Blinden» zu einem «Sehenden» wurde.
Blind sei auch, wer sich gegen Menschen absperre, die aus den Kriegsgebieten in Syrien, im Irak oder aus dem Libanon nach Deutschland kommen wollten, so Hein weiter. Er rief die Besucher dazu auf, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um die Erde lebenswerter zu machen. «Nur wer sich wirklich vom Leid der Welt anrühren lässt, darf aus vollem Herzen Gospel singen», sagte er.

V.r.: Bischof Hein, Kirchenpräsident Jung und Bischof Meyns, in dessen Braunschweiger Landeskirche der Gospelkirchentag 2016 ausgerichtet wird. (Foto: medio.tv/Socher)
Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau, Volker Jung, wies darauf hin, dass die ersten Spirituals und Gospels von Sklaven mit der tiefen Hoffnung auf Befreiung gesungen wurden, wie sie in der Bibel verheißen wird. Gospelmusik sei heute eine «wichtige Klangfarbe in der Kirche», sagte er.
An dem Gottesdienst war auch der Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig, Christoph Meyns, beteiligt, dessen Landeskirche den 8. Gospelkirchentag im Jahr 2016 in Braunschweig ausrichten wird. Weitere Gäste waren u.a. die Landeskirchenmusikdirektorin (LKMD) der EKHN, Christa Kirschbaum, der Landeskirchenmusikdirektor der EKKW, Uwe Maibaum, und Dekanin Barbara Henrich vom Evangelischen Stadtkirchenkreis Kassel.
Während des Gottesdienstes stimmten die Besucher mehrere Gospellieder an, die sie am Samstag- und Sonntagvormittag gemeinsam in einem «Mass Choir Workshop» in den Kasseler Messehallen geprobt hatten.
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«Ökumenische Gospelnacht» in Kassels Kirchen
Am Freitagabend (19.9.) konnten die Besucherinnen und Besucher des Gospelfestivals ab 20:30 Uhr bei der «Ökumenischen Gospelnacht» in 25 Kirchen und an anderen Veranstaltungsorten in Kassel Gospelfeeling pur erleben. An der Gospelnacht waren über 100 Gospelchöre aus der Region, Deutschland und dem benachbarten Ausland beteiligt. Eingeladen hatten seitens der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Kassel die evangelische Dekanin Barbara Heinrich und der katholische Dechant Harald Fischer.
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Liveprogramm auf fünf Bühnen in der Innenstadt
Am Samstag (20.9.) gab es von 10.30 bis 20.00 Uhr in der Kasseler Innenstadt auf fünf Bühnen Live-Auftritte von Gospelchören aus dem In- und Ausland. Eine Regional-Bühne befand sich eigens auf dem Opernplatz, auf der acht Chöre aus Hessen sangen. Weitere Bühnen standen auf dem Königsplatz, auf der Treppenstraße, in der Jugendkulturkirche (Lutherplatz) und in der Karlskirche (Karlsplatz).
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Welturaufführung des Musicals «Amazing Grace»
Am Samstagabend (20.9.) konnten Gospelfans die Welturaufführung des Musicals «Amazing Grace» in der Kasseler Rothenbach-Halle erleben. Das Werk von Tore W. Aas («Oslo Gospel Choir») und Journalist Andreas Malessa (SWR 2, hr2, DeutschlandRadio Kultur) erzählt in bewegenden Balladen und mitreißenden Gospelsongs die Geschichte des bekannten Liedes und seines Textdichters, des britischen Sklavenkapitäns und späteren anglikanischen Pastors John Newton. Neben einem beeindruckenden 300-köpfigen Chor wirkten in den Hauptrollen Arne Stephan («Gute Zeiten, schlechte Zeiten») und Lucy Scherer («Sturm der Liebe») mit.
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«Mass Choir Workshop» zentraler Treffpunkt für Dauerteilnehmer
Der «Mass Choir Workshop» am Samstag- und Sonntagvormittag war das Herzstück des Gospelkirchentages für die Dauerteilnehmerinnen und -teilnehmer. Die 6.000 aktiven Sängerinnen und Sänger studierten unter der Leitung von Hans Christian Jochimsen und Malcolm Chambers neue Songs ein und bereiteten sich auf den Festivalgottesdienst am Sonntagnachmittag vor.
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«Gospelday» für eine gerechtere Welt
Beim «Gospelday» am Samstag (20.9.) erhoben viele Menschen auf dem Kasseler Königsplatz und zeitgleich in der Kasseler Rothenbach-Halle ihre Stimme für eine gerechtere Welt. Die Aktion war die Zentralveranstaltung eines bundesweiten Choraktionstags gegen Hunger, Armut und Unterdrückung, bei dem viele Chöre mit dem Song «Amazing Grace» ein Zeichen setzten.
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Workshops zum Lernen und Ausprobieren
Rund 45 Workshops rund um das Thema Gospel standen am Samstag den Mitwirkenden des Gospelkirchentages offen. Dabei konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausprobieren und von erfahrenen Dozenten Impulse für die eigene Chorarbeit mit nach Hause nehmen.
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Empfang im Kasseler Rathaus
Am Eröffnungstag des Gospelkirchentages (19.9.) luden die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck und die Stadt Kassel zu einem Empfang ins Kasseler Rathaus ein. Oberbürgermeister Hilgen und Bischof Hein begrüßten dabei Gäste aus Kirche, Kultur und Politik.
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Eröffnung am Freitag auf dem Königsplatz
Mit einer zentralen Eröffnungsfeier wurde der 7. Internationale Gospelkirchentag am Freitag (19.9.)auf dem Kasseler Königsplatz gestartet. Bischof Prof. Dr. Martin Hein sagte bei der Eröffnung, dass Gospelgesänge Vertrauen und Freude an Gott vermittelten. Gospelmusik könne begeistern und das zeige sich auch an der Kirchentagsstimmung, die in Kassel spürbar sei. Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) zeigte sich hoffnungsvoll, dass Kassel am 3. Septemberwochenende zum «Zentrum der musikalischen Botschaft des Evangeliums» werde. Gospelmusik stehe für Lebensfreude und Emotionen und begeistere die Menschen. An der Eröffnungsveranstaltung nahmen auch der Hessische Kultusminister Prof. Dr. Alexander Lorz und die Landeskirchenmusikdirektorin Christa Kirschbaum von der EKHN teil.
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Stichwort «Gospelkirchentag»
Das größte Gospelfestival Deutschlands findet seit 2002 alle zwei Jahre statt und bringt internationale Gospelstars, Amateure, Gospelchöre und Musikbegeisterte an drei Tagen zusammen. Bisherige Stationen des Gospelkirchentags waren Essen (2002), Bochum (2004), Düsseldorf (2006), Hannover (2008), Karlsruhe (2010) und Dortmund (2012). Nach Kassel (2014) wird der Gospelkirchentag in Braunschweig (2016) stattfinden. (21.09.2014)
file_download Im Wortlaut:
Lesen Sie hier die Predigt von Bischof Martin Hein beim Festivalgottesdienst am 21.9.2014 im Wortlaut:
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Unsere Fotografen waren für Sie in Kassel unterwegs und fingen Impressionen auf dem Gospelkirchentag ein:
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Weitere Informationen zum Gospelkirchentag in Kassel finden Sie im Internet unter:
Stimmen zum Gospelkirchentag 2014 in Kassel
Bischof Prof. Dr. Martin Hein, Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck
sagte zum Abschluss des Gospelkirchentags:
«Gospel ist eine Form der Verkündigung des Evangeliums, bei der der Funke sofort überspringt - das war in der Kasseler Innenstadt zu erleben, als Passanten vor Gospelbühnen stehen blieben und sich von der Musik und der Botschaft haben anregen lassen, mit zu singen und zu swingen. Viele fröhliche Gesichter waren zu sehen.»
Oberbürgermeister Bertram Hilgen, Stadt Kassel
sagte vor dem Gospelkirchentag:
«Die Stadt Kassel wird zu unserer großen Freude zum Zentrum der musikalischen Botschaft des Evangeliums, wenn Gospel-Chöre aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland zum Gospelkirchentag zusammenkommen. Wir freuen uns auf die vielfältigen menschlichen und musikalischen Begegnungen und werden uns als gute Gastgeber für die Mitwirkenden und Gäste erweisen.
Kirchenpräsident Dr. Volker Jung, Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
sagte zum Abschluss des Gospelkirchentags:
«Bei der Gospelmusik spürt jeder, dass sie nicht an der Oberfläche bleibt, sondern direkt in die Seele dringen kann. Das kann jeder in den Melodien und Texten spüren. Gospelmusik ist deshalb eine großartige musikalische Möglichkeit, Menschen mit allen Sinnen für die Kraft des Glaubens zu begeistern.»
Dekanin Barbara Heinrich, Evangelischer Stadtkirchenkreis Kassel
sagte vor dem Gospelkirchentag:
«Bei der ökumenischen Gospelnacht sind zahlreiche Kasseler Kirchengemeinden und christliche Gemeinschaften begeisterte Gastgeber für rund 100 Chöre aus dem In- und Ausland. Auf den Streifzug durch diese besondere Nacht, die spirituell-musikalische Atmosphäre in Kassel und auf die vielen Gospelsängerinnen und Gospelsänger freue ich mich.»
Martin Bartelworth, Geschäftsführer Stiftung Creative Kirche
sagte vor dem Gospelkirchentag:
«Die Vorfreude auf den Gospelkirchentag ist schon sehr groß. Gospel ist Medizin für die Seele und macht erwiesenermaßen glücklich. Willkommen in der größten Apotheke Deutschlands.»
Pfarrer Dieter Dersch, Beauftragter für Groß-und Sonderveranstaltungen, Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck
sagte zum Abschluss des Gospelkirchentags:
«Die Welturaufführung des Chormusicals Amazing Grace war gigantisch. Nicht nur der Chor auf der Bühne hat gesungen, sondern auch die 6.000 im Saal versammelten Sängerinnen und Sänger. Es war faszinierend, inmitten des großen Klangs zu sitzen.»
radio Internetradio:
Wie war die Stimmung in Kassel und was sagen die Veranstalter zum Gospelkirchentag? medio-Reporter Torsten Scheuermann hat sich umgehört:
von Christian Prüfer (epd)
Kassel (epd). Gut gelaunt stürmt eine Gruppe schwarz gekleideter und mit bunten Schals behängter Menschen am Freitagabend in die Straßenbahn. Die zehn Frauen und zwei Männer sind unschwer als Teilnehmer des 7. Internationalen Gospelkirchentages zu erkennen, der an diesem Wochenende in Kassel stattfindet.
Gerade ist die Eröffnungsveranstaltung mit dem Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, auf dem Königsplatz zu Ende gegangen, und die Gruppe will zu ihrem abendlichen Auftritt in der «Gospelnacht» in eine von 25 teilnehmenden Kirchen fahren.
«Beim 3. Gospelkirchentag 2006 in Düsseldorf haben wir alle Straßenbahnen zusammengesungen», sagt eine Teilnehmerin und lacht. «Mal sehen, ob wir das hier auch schaffen.» Und schon stimmen sie ein fetziges Gospellied an. Die übrigen Fahrgäste schauen dem Treiben zunächst skeptisch und zurückhaltend zu, tauen aber schnell auf. Am Ende gibt es sogar Beifall.
«Jesus ist the light oft he world», hallt es am Samstagmorgen in der größten Halle des Kasseler Messegeländes aus Tausenden Kehlen.
Seit 9 Uhr versammeln sich hier mehr und mehr Kirchentagsteilnehmer zu einem «Mass choir», um für den Abschlussgottesdienst am Sonntag Gospels einzustudieren. Obwohl jeder einen Stuhl oder Sitz zur Verfügung hat, stehen die meisten: Gospel erfordert Bewegung.
Räumlich aufgeteilt in Sopran, Tenor, Alt und Bass entwickelt sich ein mächtiger, harmonischer Gesang. «Wenn ihr die Silben verschluckt, ist das genau das Richtige», ruft Chorleiter Peter Hamburger, der schon leicht heiser ist, der Menge zu. «Sonst klingt das zu deutsch bei den amerikanischen Liedern», erklärt er. Und der Rhythmus leide obendrein. Dann übergibt er die Übungsleitung Malcolm Chambers.
Überall in der Halle bilden Frauen die Mehrheit. Lediglich bei den Bassstimmen sind Männer in der Überzahl. Diesen Eindruck kann Martin Bartelworth von der Stiftung Creative Kirche, die Mitveranstalter des Gospelkirchentages ist, mit Zahlen belegen. «75 Prozent unserer Teilnehmer am Gospelkirchentag sind weiblich», sagt er. Und noch eine interessante Zahl hat er bereit: «Das Durchschnittsalter liegt bei 45 Jahren». Es ist also keineswegs die Jugend, die sich so für die Musik der christlichen afroamerikanischen Gemeinden begeistert, sondern eher die mittlere Generation.
Das weiß auch Peter Hamburger, Kantor für Popularmusik in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. «Gospelsänger gehören nicht zur Jugendsparte», sagt er. Hamburger leitet selbst den landeskirchlichen Gospelchor «Get up», in den nur ausgesuchte Sängerinnen und Sänger aufgenommen werden. «Es sind Menschen, die etwas anderes suchen», charakterisiert er sie. «Gospelsingen bedeutet ein Wellnesserlebnis für Körper, Geist und Seele». Und anders als der klassische Chor einer Kantorei mit seinen oft sehr anspruchsvollen Stücken biete Gospel schneller Erfolgserlebnisse. «Das tut den Sängern gut», weiß Hamburger.
Auch der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU) sieht die Gospelmusik positiv. «Sie hat einen großen Beitrag dazu geleistet, Menschen wieder für Kirche, Musik und Verkündigung zu begeistern», sagt er. Mit ihr könnten Dinge ausgedrückt werden, die nicht gut in Sprache zu fassen seien.
Wenig später in der Kasseler Innenstadt swingt und gospelt es an allen Ecken. Auf mehreren Bühnen geben sich wechselnde Gospelchöre sozusagen den Taktstock in die Hand. Viele Passanten bleiben stehen, hören zu und swingen spontan mit. Die mit viel Leidenschaft vorgetragenen Gospels kommen offenbar an. Wer will, kann zwischendurch auch am «Fair trade Gospel Cafe» für wenig Geld einen Kaffee oder ein Stück Kuchen genießen. Wer's deftiger mag, kann sich an Wurstbuden stärken. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Infostände und sogar ein Kinderkarussell.
Um 12 Uhr wird ein Highlight des Gospelkirchentages angesagt: der Gospelday. «Jetzt stimmen an 30 Orten in Deutschland Chöre das Lied 'Amazing Grace' an, um gegen die Sklaverei in der Welt zu protestieren», sagt Mitveranstalter Bartelworth. 27 Millionen solcher Sklaven gebe es noch, die Palette reiche von Zwangsprostituierten bis hin zu Kinderarbeitern. Gemeinsam mit einem Gospelchor sowie den mittlerweile 5.000 in der Messehalle versammelten Sängern singt jeder, der mag, den Klassiker mit. Und am Abend wartet dann ein weiterer Höhepunkt, die Welturaufführung eines neuen Musicals mit dem gleichen Titel: Amazing Grace. (20.09.2014)
«Wellness für Körper, Geist und Seele»
Internationaler Gospelkirchentag in Kassel lockt Tausende an

Mitreißende Stimmung in der Kasseler Innenstadt: Unser Foto zeigt den Auftritt des Gospelchores «Open Arms» aus Niedervellmar auf der Hessen-Bühne am Opernplatz. Viele weitere Fotos finden Sie in unseren Fotostrecken im Linktipp rechts. (Foto: medio.tv/Schauderna)
von Christian Prüfer (epd)
Kassel (epd). Gut gelaunt stürmt eine Gruppe schwarz gekleideter und mit bunten Schals behängter Menschen am Freitagabend in die Straßenbahn. Die zehn Frauen und zwei Männer sind unschwer als Teilnehmer des 7. Internationalen Gospelkirchentages zu erkennen, der an diesem Wochenende in Kassel stattfindet.
Gerade ist die Eröffnungsveranstaltung mit dem Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, auf dem Königsplatz zu Ende gegangen, und die Gruppe will zu ihrem abendlichen Auftritt in der «Gospelnacht» in eine von 25 teilnehmenden Kirchen fahren.
«Beim 3. Gospelkirchentag 2006 in Düsseldorf haben wir alle Straßenbahnen zusammengesungen», sagt eine Teilnehmerin und lacht. «Mal sehen, ob wir das hier auch schaffen.» Und schon stimmen sie ein fetziges Gospellied an. Die übrigen Fahrgäste schauen dem Treiben zunächst skeptisch und zurückhaltend zu, tauen aber schnell auf. Am Ende gibt es sogar Beifall.
«Jesus ist the light oft he world», hallt es am Samstagmorgen in der größten Halle des Kasseler Messegeländes aus Tausenden Kehlen.
Seit 9 Uhr versammeln sich hier mehr und mehr Kirchentagsteilnehmer zu einem «Mass choir», um für den Abschlussgottesdienst am Sonntag Gospels einzustudieren. Obwohl jeder einen Stuhl oder Sitz zur Verfügung hat, stehen die meisten: Gospel erfordert Bewegung.
Räumlich aufgeteilt in Sopran, Tenor, Alt und Bass entwickelt sich ein mächtiger, harmonischer Gesang. «Wenn ihr die Silben verschluckt, ist das genau das Richtige», ruft Chorleiter Peter Hamburger, der schon leicht heiser ist, der Menge zu. «Sonst klingt das zu deutsch bei den amerikanischen Liedern», erklärt er. Und der Rhythmus leide obendrein. Dann übergibt er die Übungsleitung Malcolm Chambers.
Überall in der Halle bilden Frauen die Mehrheit. Lediglich bei den Bassstimmen sind Männer in der Überzahl. Diesen Eindruck kann Martin Bartelworth von der Stiftung Creative Kirche, die Mitveranstalter des Gospelkirchentages ist, mit Zahlen belegen. «75 Prozent unserer Teilnehmer am Gospelkirchentag sind weiblich», sagt er. Und noch eine interessante Zahl hat er bereit: «Das Durchschnittsalter liegt bei 45 Jahren». Es ist also keineswegs die Jugend, die sich so für die Musik der christlichen afroamerikanischen Gemeinden begeistert, sondern eher die mittlere Generation.
Das weiß auch Peter Hamburger, Kantor für Popularmusik in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. «Gospelsänger gehören nicht zur Jugendsparte», sagt er. Hamburger leitet selbst den landeskirchlichen Gospelchor «Get up», in den nur ausgesuchte Sängerinnen und Sänger aufgenommen werden. «Es sind Menschen, die etwas anderes suchen», charakterisiert er sie. «Gospelsingen bedeutet ein Wellnesserlebnis für Körper, Geist und Seele». Und anders als der klassische Chor einer Kantorei mit seinen oft sehr anspruchsvollen Stücken biete Gospel schneller Erfolgserlebnisse. «Das tut den Sängern gut», weiß Hamburger.
Auch der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU) sieht die Gospelmusik positiv. «Sie hat einen großen Beitrag dazu geleistet, Menschen wieder für Kirche, Musik und Verkündigung zu begeistern», sagt er. Mit ihr könnten Dinge ausgedrückt werden, die nicht gut in Sprache zu fassen seien.
Wenig später in der Kasseler Innenstadt swingt und gospelt es an allen Ecken. Auf mehreren Bühnen geben sich wechselnde Gospelchöre sozusagen den Taktstock in die Hand. Viele Passanten bleiben stehen, hören zu und swingen spontan mit. Die mit viel Leidenschaft vorgetragenen Gospels kommen offenbar an. Wer will, kann zwischendurch auch am «Fair trade Gospel Cafe» für wenig Geld einen Kaffee oder ein Stück Kuchen genießen. Wer's deftiger mag, kann sich an Wurstbuden stärken. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Infostände und sogar ein Kinderkarussell.
Um 12 Uhr wird ein Highlight des Gospelkirchentages angesagt: der Gospelday. «Jetzt stimmen an 30 Orten in Deutschland Chöre das Lied 'Amazing Grace' an, um gegen die Sklaverei in der Welt zu protestieren», sagt Mitveranstalter Bartelworth. 27 Millionen solcher Sklaven gebe es noch, die Palette reiche von Zwangsprostituierten bis hin zu Kinderarbeitern. Gemeinsam mit einem Gospelchor sowie den mittlerweile 5.000 in der Messehalle versammelten Sängern singt jeder, der mag, den Klassiker mit. Und am Abend wartet dann ein weiterer Höhepunkt, die Welturaufführung eines neuen Musicals mit dem gleichen Titel: Amazing Grace. (20.09.2014)
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Unsere Fotografen waren für Sie in Kassel unterwegs und fingen Impressionen auf dem Gospelkirchentag ein:
Aktion «Gospelday»: 40.000 Euro-Spende für Kinderzuflucht
Rund 100 Gospelchöre gibt es in seinem Bereich: Peter Hamburger (47), Kantor für Popularmusik der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, kennt sie fast alle.
Die Fragen stellte Lothar Simmank.
blick-Interview
Popkantor Peter Hamburger: Gospel und Kirche gehören zusammen
Rund 100 Gospelchöre gibt es in seinem Bereich: Peter Hamburger (47), Kantor für Popularmusik der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, kennt sie fast alle.
Die Fragen stellte Lothar Simmank.

Peter Hamburger, Kantor für Popularmusik der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. (Foto: medio.tv/Archiv)
blick in die kirche: Woher kommt der aktuelle Gospel-Boom?
Peter Hamburger: Gospels und Spirituals gibt es in der Kirche schon sehr lange. Und jeder hat «Go down Moses» selbst im Schulunterricht gesungen. Aber seit etwa 20 Jahren gibt es einen Gospel-Boom. Aus den USA, wo es in den 1980er-Jahren eine Massenbewegung mit riesigen Chören gab, ist das rübergeschwappt – auch aus Skandinavien. Gospel trifft einen gewissen Nerv – es ist eine als christlich identifizierbare Musiksparte. Man weiß: Whitney Houston oder andere Stars sind in Gospelchören groß geworden. Andererseits konfrontieren die englischen Texte nicht so direkt mit den christlichen Inhalten. Es sind einfache Botschaften, die die Menschen innerlich erreichen.
blick: Warum möchten viele Menschen selbst Gospel singen?
Hamburger: Gospelsingen bedeutet ein Wellness-Erlebnis für Körper, Geist und Seele. Im Gegensatz zur klassischen Chorkultur, wo man mitunter lange auf eine Aufführung hinarbeitet bis man sie dann endlich fertig hört, bietet Gospel schnelle Erfolgserlebnisse. Und das tut den Sängern gut – jede Woche bei der Probe.
blick: Ist Gospel eine Gegenbewegung zur traditionellen Kirchenmusik?
Hamburger: Ich denke schon, dass sich in Gospelchören Leute sammeln, die den Begriff «Kirchenmusik» für sich eher ablehnen würden. Man sollte deshalb lieber von «Musik in der Kirche» sprechen. Von Gospel fühlen sich andere Leute angesprochen als die, die in eine Kantorei gehen. Das ist übrigens keine Generationenfrage: Gospelchorsänger sind durchschnittlich 42 Jahre alt, gehören also nicht in die Jugend-sparte. Es sind einfach andere Menschen, die etwas anderes suchen.

Diesen und weitere Artikel rund um das Thema Gospel finden Sie in der aktuellen Ausgabe des Magazins von «blick in die kirche» (s. Linktipp rechts).
blick: Gibt es – auch außerhalb der Kirche – eine neue Lust am Singen?
Hamburger: Ja. Es spricht sich inzwischen rum, dass Singen gesund ist. Wenn man Singen aktiv betreibt, ist das ja wie Sport. Es ist eine körperliche Angelegenheit, gerade bei den Gospelchören. Auf Stühlen sitzen und Noten in der Hand halten, ist out. Ich will mich bewegen, mich körperlich engagieren. Stimmtraining wird immer wichtiger. Und wenn ich zwei Stunden Chorprobe hinter mir habe, dann ist das mindestens soviel wie eine halbe Stunde Joggen. Für viele Menschen ist Singen auch als Ausgleich zur Arbeitswelt sehr attraktiv. Sie suchen etwas, was ihnen in ihrer Freizeit gut tut und was Körper, Geist und Seele anspricht. Das andere ist: Gospelmusik gehört von ihrer Natur her in den Gottesdienst. Es soll ja mal ein Pfarrer gesagt haben: Wir unterbrechen den Gottesdienst und hören den Chor. Das ist der falsche Ansatz. Gospel und Kirche gehören zusammen. (19.09.2014)
radio Umfrage:
Was bedeutet Singen für die Menschen? Die medio-Radioredaktion hat sich in Kassel umgehört:
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Viel Wissenswertes zur Gospelmusik und zum 7. Internationalen Gospelkirchentag in Kassel finden Sie auch in der aktuellen Ausgabe des Magazins von «blick in die kirche» unter:
Minden/Kassel (epd/medio). Nach dem Erfolg des Pop-Oratoriums «Die 10 Gebote» soll das Musical «Amazing Grace» beim Internationalen Gospelkirchentag im September in Kassel zur Uraufführung kommen. Das Musical, bei dem bis zu 1.000 Sängerinnen und Sänger mitwirken werden, erzählt die Geschichte des einstigen britischen Sklavenkapitäns John Newton, der den Text zu «Amazing Grace» schrieb, einem der bekanntesten Gospelsongs der Welt, teilte die Stiftung Creative Kirche im westfälischen Minden mit.
Autor des Stücks ist der Journalist und Autor Andreas Malessa; die Musik schrieb der musikalische Leiter des «Oslo Gospel Choir», Tore W. Aas. Den Angaben zufolge werden mehrere eigens für «Amazing Grace» geschriebene Songs sowie «frisch arrangierte traditionelle Gospels» zu hören sein.
Als Solisten sollen namhafte deutsche Musicalstars auftreten. Die Titelrolle des John Newton singt Arne Stephan, der Hauptrollen in «West Side Story» und «Cats» spielte und in den TV-Serien «Die Küstenwache» und «Gute Zeiten Schlechte Zeiten» mitwirkte. Lucy Scherer («Tanz der Vampire», «Les Misérables») verkörpert Newtons Geliebte und spätere Frau Polly. Teil des Gospel-Ensembles ist auch die Holländerin Nyassa Alberta, die in Oberhausen die Hauptrolle in «Sister Act» spielt.
Neues Musical «Amazing Grace» in Kassel uraufgeführt
Minden/Kassel (epd/medio). Nach dem Erfolg des Pop-Oratoriums «Die 10 Gebote» soll das Musical «Amazing Grace» beim Internationalen Gospelkirchentag im September in Kassel zur Uraufführung kommen. Das Musical, bei dem bis zu 1.000 Sängerinnen und Sänger mitwirken werden, erzählt die Geschichte des einstigen britischen Sklavenkapitäns John Newton, der den Text zu «Amazing Grace» schrieb, einem der bekanntesten Gospelsongs der Welt, teilte die Stiftung Creative Kirche im westfälischen Minden mit.
Autor des Stücks ist der Journalist und Autor Andreas Malessa; die Musik schrieb der musikalische Leiter des «Oslo Gospel Choir», Tore W. Aas. Den Angaben zufolge werden mehrere eigens für «Amazing Grace» geschriebene Songs sowie «frisch arrangierte traditionelle Gospels» zu hören sein.
Als Solisten sollen namhafte deutsche Musicalstars auftreten. Die Titelrolle des John Newton singt Arne Stephan, der Hauptrollen in «West Side Story» und «Cats» spielte und in den TV-Serien «Die Küstenwache» und «Gute Zeiten Schlechte Zeiten» mitwirkte. Lucy Scherer («Tanz der Vampire», «Les Misérables») verkörpert Newtons Geliebte und spätere Frau Polly. Teil des Gospel-Ensembles ist auch die Holländerin Nyassa Alberta, die in Oberhausen die Hauptrolle in «Sister Act» spielt.

Projekt-Vorstellung im April 2014 (v.l.n.r.): Dieter Dersch (Projektmanagement EKKW), Petra Schwermann (Pressesprecherin EKKW), Andreas Malessa und Marcel Volkmann (Creative Kirche) (Fotos: medio.tv/Schauderna)
Zu dem Projektchor der Aufführung in Kassel gehören rund 300 Sängerinnen und Sänger aus nordhessischen Chören, sagte Pfarrerin Petra Schwermann, Sprecherin der Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, bei der Vorstellung des Projekts im April des Jahres. Das Stück solle Laien vor Ort die Möglichkeit geben, bei einer Musicalproduktion aktiv dabei zu sein, sagte Autor Malessa. Es gehe ihm um eine Verbindung zwischen professionellen Sängern und Darstellern mit Laien. Besonderer Wert werde in dem Musical daher auf den Chorgesang gelegt.
Man hoffe, mit der neuen Produktion an den Erfolg des Pop-Oratoriums «Die 10 Gebote» anzuknüpfen, das bisher siebenmal in großen Hallen und an 100 kleineren Veranstaltungsorten zu sehen gewesen sei. Die Inszenierung des Musicals sei von vornherein auf kleinere Aufführungen etwa in Kirchengemeinden zugeschnitten. (26.08.2014)
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Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Autors Andreas Malessa:
radio Internetradio:
medio-Reporter Torsten Scheuermann hat mit Akteuren und beteiligten Gospelsängern gesprochen. Hören Sie hier seinen Beitrag:
Kassel (epd). Die erstaunliche Karriere des Liedes «Amazing grace» beginnt vor rund 250 Jahren: John Newton (1725-1807), in Westafrika am Sklavenhandel beteiligt und später Pfarrer, beschreibt das Erlebnis seiner Bekehrung: Er überlebt auf hoher See einen schweren Sturm. Der Song, zu deutsch «Erstaunliche Gnade», wird später von US-Bürgerrechtlern gesungen, erklingt auf Konzerten und in Kirchen auf der ganzen Welt. Von unzähligen Musikern aufgenommen, stand er 1972 sogar einmal an der Spitze der britischen Charts. Auf dem Gospel-Kirchentag in Kassel vom 19. bis 21. September hat nun ein Musical mit dem Namen «Amazing grace» Premiere, das das Leben John Newtons erzählt.
Eine einfache Saulus-Paulus-Geschichte sei das aber nicht, sagt der Journalist und Theologe Andreas Malessa, der den Text des Musicals verfasst hat. Die Schlagzeile «Vom Sklavenkapitän zum Pfarrer» sei zu einfach. Das Leben des John Newton ist eine Fahrt durch menschliche Höhen und Tiefen: Geboren am 24. Juli 1725 in London, verliert er bereits mit knapp sieben Jahren seine Mutter. Als er elf ist, kommt er über seinen Vater zur Seefahrt, wird 1743 von
der Royal Navy zwangsweise für ein Kriegsschiff rekrutiert. In Madeira gelingt ihm der Wechsel auf ein Schiff, das Sklavenhandel betreibt. Er gelangt nach Westafrika, wo er als Sklavenaufseher arbeitet.
Als Newton 1748 in die Heimat zurückkehrt, gerät er mit seinem Schiff in einen verheerenden Sturm, den er nur wie durch ein Wunder überlebt. «Das hat er als eine Rettung Gottes verstanden und später als Bekehrung beschrieben», sagt Andreas Malessa. Eine Bekehrung, die an Newtons Einstellung zur Sklaverei aber zunächst nichts ändert. «Die Sklaverei hat Newton zunächst gar nicht als Unrecht empfunden, er ist sogar Kapitän eines Sklavenschiffes geworden», schildert Malessa.
Newton heiratet seine Jugendliebe Mary «Polly» Catlett und geht erneut zur See. Zwischen 1750 und 1754 transportiert er zahlreiche Sklaven aus Westafrika, die unter katastrophalen Bedingungen auf den Schiffen zusammengepfercht werden. Doch Newton kränkelt. Die Transporte, deren Gestank zeitgenössischen Berichten zufolge auf dem Meer noch in einer Meile Entfernung wahrgenommen wird, stoßen ihn zunehmend ab. Er wird Hafenmeister.
Mehr und mehr wendet er sich nun der Religion zu, studiert die biblischen Sprachen, dann auch Theologie, und beschließt, Pfarrer werden. Doch die anglikanische Kirche will ihn zunächst nicht. «Er galt als charakterlich labil und theologisch unsicher», sagt Malessa. 1764 schließlich wird er zunächst als Diakon, dann als Pfarrer der anglikanischen Kirche ordiniert.
1773 ist es dann soweit: Newton schreibt den Text von «Amazing grace», in dem er sein Bekehrungserlebnis in Seenot verarbeitet: «Einst war ich verloren, aber jetzt wurde ich gefunden; war blind, aber jetzt kann ich sehen». Ursprünglich dienen die Verse wohl der dichterischen Illustrierung einer seiner Predigten. Dass dieses Lied 200 Jahre später um die ganze Welt gehen sollte, ahnt er nicht. Die heute gebräuchliche Melodie taucht in einem englischen Gesangbuch von 1831 erstmals auf. Ihre Herkunft ist nicht geklärt, vermutlich liegen die Wurzeln in den Gesängen der Sklaven.
Mehr als 30 Jahre, nachdem er seine Karriere als Sklavenkapitän beendet hat, geht Newton noch einen Schritt weiter und bringt 1788 eine Schrift mit dem Titel «Gedanken über den Sklavenhandel» heraus. Hier beschreibt er die grausige Realität des Sklavenhandels aus eigener Anschauung und bereut öffentlich, selbst darin verwickelt gewesen zu sein.
Die Schrift erregt Aufsehen, ein Nachdruck wird nötig. Auch William Wilberforce, ein engagierter Kämpfer gegen die Sklaverei, wird darauf aufmerksam. In ihm findet Newton einen engagierten Streiter, der im Parlament für die Abschaffung der Sklaverei eintritt. Rund 20 Jahre später, im Jahr 1807, nur kurz vor Newtons Tod, kommt der Triumph für die britischen Gegner der Sklaverei: England verbietet den Sklavenhandel.
Um das Musical, für das der Norweger Tore W. Aas die Musik komponierte, auch für ein breites Publikum attraktiv zu machen, stellt Malessa zusätzlich die Liebesgeschichte zwischen John und Polly heraus. «Ich wollte eine Geschichte schreiben, die zeigt, dass ein Mensch an der Erfahrung der Barmherzigkeit reifen kann», sagt er. Die Uraufführung am 20. September in Kassel ist schon seit langem ausverkauft. Weitere Aufführungen sind in Ludwigsburg, Minden und Kassel geplant. (26.08.2014)
Hintergrund zum bekannten Gospelsong «Amazing grace»
John Newton: Vom Kapitän eines Sklavenschiffes zum Liederdichter
Kassel (epd). Die erstaunliche Karriere des Liedes «Amazing grace» beginnt vor rund 250 Jahren: John Newton (1725-1807), in Westafrika am Sklavenhandel beteiligt und später Pfarrer, beschreibt das Erlebnis seiner Bekehrung: Er überlebt auf hoher See einen schweren Sturm. Der Song, zu deutsch «Erstaunliche Gnade», wird später von US-Bürgerrechtlern gesungen, erklingt auf Konzerten und in Kirchen auf der ganzen Welt. Von unzähligen Musikern aufgenommen, stand er 1972 sogar einmal an der Spitze der britischen Charts. Auf dem Gospel-Kirchentag in Kassel vom 19. bis 21. September hat nun ein Musical mit dem Namen «Amazing grace» Premiere, das das Leben John Newtons erzählt.
Eine einfache Saulus-Paulus-Geschichte sei das aber nicht, sagt der Journalist und Theologe Andreas Malessa, der den Text des Musicals verfasst hat. Die Schlagzeile «Vom Sklavenkapitän zum Pfarrer» sei zu einfach. Das Leben des John Newton ist eine Fahrt durch menschliche Höhen und Tiefen: Geboren am 24. Juli 1725 in London, verliert er bereits mit knapp sieben Jahren seine Mutter. Als er elf ist, kommt er über seinen Vater zur Seefahrt, wird 1743 von
der Royal Navy zwangsweise für ein Kriegsschiff rekrutiert. In Madeira gelingt ihm der Wechsel auf ein Schiff, das Sklavenhandel betreibt. Er gelangt nach Westafrika, wo er als Sklavenaufseher arbeitet.
Als Newton 1748 in die Heimat zurückkehrt, gerät er mit seinem Schiff in einen verheerenden Sturm, den er nur wie durch ein Wunder überlebt. «Das hat er als eine Rettung Gottes verstanden und später als Bekehrung beschrieben», sagt Andreas Malessa. Eine Bekehrung, die an Newtons Einstellung zur Sklaverei aber zunächst nichts ändert. «Die Sklaverei hat Newton zunächst gar nicht als Unrecht empfunden, er ist sogar Kapitän eines Sklavenschiffes geworden», schildert Malessa.
Newton heiratet seine Jugendliebe Mary «Polly» Catlett und geht erneut zur See. Zwischen 1750 und 1754 transportiert er zahlreiche Sklaven aus Westafrika, die unter katastrophalen Bedingungen auf den Schiffen zusammengepfercht werden. Doch Newton kränkelt. Die Transporte, deren Gestank zeitgenössischen Berichten zufolge auf dem Meer noch in einer Meile Entfernung wahrgenommen wird, stoßen ihn zunehmend ab. Er wird Hafenmeister.
Mehr und mehr wendet er sich nun der Religion zu, studiert die biblischen Sprachen, dann auch Theologie, und beschließt, Pfarrer werden. Doch die anglikanische Kirche will ihn zunächst nicht. «Er galt als charakterlich labil und theologisch unsicher», sagt Malessa. 1764 schließlich wird er zunächst als Diakon, dann als Pfarrer der anglikanischen Kirche ordiniert.
1773 ist es dann soweit: Newton schreibt den Text von «Amazing grace», in dem er sein Bekehrungserlebnis in Seenot verarbeitet: «Einst war ich verloren, aber jetzt wurde ich gefunden; war blind, aber jetzt kann ich sehen». Ursprünglich dienen die Verse wohl der dichterischen Illustrierung einer seiner Predigten. Dass dieses Lied 200 Jahre später um die ganze Welt gehen sollte, ahnt er nicht. Die heute gebräuchliche Melodie taucht in einem englischen Gesangbuch von 1831 erstmals auf. Ihre Herkunft ist nicht geklärt, vermutlich liegen die Wurzeln in den Gesängen der Sklaven.
Mehr als 30 Jahre, nachdem er seine Karriere als Sklavenkapitän beendet hat, geht Newton noch einen Schritt weiter und bringt 1788 eine Schrift mit dem Titel «Gedanken über den Sklavenhandel» heraus. Hier beschreibt er die grausige Realität des Sklavenhandels aus eigener Anschauung und bereut öffentlich, selbst darin verwickelt gewesen zu sein.
Die Schrift erregt Aufsehen, ein Nachdruck wird nötig. Auch William Wilberforce, ein engagierter Kämpfer gegen die Sklaverei, wird darauf aufmerksam. In ihm findet Newton einen engagierten Streiter, der im Parlament für die Abschaffung der Sklaverei eintritt. Rund 20 Jahre später, im Jahr 1807, nur kurz vor Newtons Tod, kommt der Triumph für die britischen Gegner der Sklaverei: England verbietet den Sklavenhandel.
Um das Musical, für das der Norweger Tore W. Aas die Musik komponierte, auch für ein breites Publikum attraktiv zu machen, stellt Malessa zusätzlich die Liebesgeschichte zwischen John und Polly heraus. «Ich wollte eine Geschichte schreiben, die zeigt, dass ein Mensch an der Erfahrung der Barmherzigkeit reifen kann», sagt er. Die Uraufführung am 20. September in Kassel ist schon seit langem ausverkauft. Weitere Aufführungen sind in Ludwigsburg, Minden und Kassel geplant. (26.08.2014)
Podcast
Der Autor des Musicals, Andreas Malessa, stellt hier die Story von John Newton im Podcast vor:
Uraufführung des Musicals «Amazing grace»
20.09.2014 in Kassel, Rothenbach-Halle (Messe) im Rahmen des 7. Internationalen Gospelkirchentags 2014
Weitere Aufführungen
Sonntag, 21. September 2014, Kassel, Rothenbach-Halle
Sonntag, 9. November 2014, Ludwigsburg, MHP-Arena
Samstag, 24. Januar 2015, Minden, Kampa-Halle
Samstag, 8. Februar. 2015, Karlsruhe, Schwarzwaldhalle
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Text, Melodie und weitere Informationen zum Lied «Amazing grace» bei Wikipedia:
von Pfarrerin Ute Zöllner, Pastoralpsychologin und Leiterin der Psychologischen Beratungsstelle für Erziehungs-, Ehe-, Familien- und Lebensfragen des Diakonischen Werks Kassel
Psychologin Ute Zöllner: Singen wirkt auf Körper, Seele und Geist
von Pfarrerin Ute Zöllner, Pastoralpsychologin und Leiterin der Psychologischen Beratungsstelle für Erziehungs-, Ehe-, Familien- und Lebensfragen des Diakonischen Werks Kassel

Pfarrerin Ute Zöllner ist Pastoralpsychologin und leitet die Psychologische Beratungsstelle des Diakonischen Werks in Kassel. (Foto: medio.tv/Schauderna)
Das Sprichwort: «Einer kann reden und sieben können singen», geht davon aus, dass jeder Mensch singen kann und auf seine Weise musikalisch ist. Wenn auf einen Redner sieben Sänger und Sängerinnen kommen, dann müssten wir eigentlich mehrheitlich singend durchs Leben gehen.
Bevor ein Kind sprechen lernt, teilt es sich durch seine Stimme mit. Sie ist das «Ur-Instrument» des Menschen, das ihm von Geburt an zur Verfügung steht. Psychologen sprechen vom «Baby-talk», einem faszinierenden Singsang des Babys mit seiner Mutter, in dem das Kind seine Empfindungen, Gefühle und Stimmungen mittels Juchzen und Lallen mitteilt und die Mutter ihrerseits mit Tönen und Lauten darauf antwortet. Zwischen Mutter und Kind entwickelt sich eine fein abgestimmte Sprachmelodie. So kann man ein manchmal geradezu anrührendes musikalisches Duett beobachten und hören. Dieser Singsang zwischen Mutter und Kind ist für dessen seelische Entwicklung grundlegend und in jeder Kultur zu beobachten.
«Singen? Das kann ich nicht; es hört sich ganz schrecklich an», sagen hingegen viele Erwachsene. Von dieser Selbstwahrnehmung sind sie felsenfest überzeugt. Es kommt ihnen kein Lied mehr über die Lippen. Dabei erhalten wir auch als Erwachsene singend Zugang zu unseren Empfindungen und Gefühlen. Singen wirkt auf Körper, Seele und Geist. Es fördert die Gesundheit und stärkt die Lebensfreude. Wer singt, öffnet sein Herz – für sich selber und für andere.
Welche Herausforderung es sein kann, das eigene Lied zu finden und zu singen, davon erzählt Hermann, 58 Jahre alt, der nach einem längeren Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik in die Beratungsstelle kommt. Hermann ist geschieden und hat keine Kinder. Er ist in einer Familie mit vier weiteren Geschwistern aufgewachsen. Seine Eltern hatten einen landwirtschaftlichen Betrieb, der die Mitarbeit der ganzen Familie brauchte. Es ging quirlig und lebendig zu Hause zu. «Meine Mutter», so erzählt Hermann, «war eine fröhliche, lebensfrohe Frau, die immerzu beschäftigt war. Mein Vater stand eher im Hintergrund, was die Familie betraf. Er war die meiste Zeit draußen oder im Stall. Geredet haben wir eigentlich nie miteinander. So eine große Familie zu haben, ist wirklich schön. Aber es war eben wenig Zeit da für die Kinder.»

Diesen und weitere Artikel rund um das Thema Gospel finden Sie in der aktuellen Ausgabe des Magazins von «blick in die kirche» (s. Linktipp rechts).
Im Verlauf des Gesprächs erinnert er sich, dass die Mutter zeitweise in einem Chor gesungen hat. «Das war die Zeit, die sie für sich selbst hatte.» Die Lehre als Kfz-Schlosser macht ihm erst Freude, nachdem er ein eigenes Moped hat und von da an nach Herzenslust daran herumschrauben kann. Jetzt kann er eigene Pläne schmieden und keiner redet ihm herein. Allerdings entwickelt er sich immer mehr zu einem schweigsamen jungen Mann. Nachdem die Ehe mit Marlies in die Brüche geht, zieht er auf den elterlichen Hof zurück. Hier wohnt noch eine Schwester, mit der er sich gut versteht. Besonders gemocht wird er von seinen Nichten und Neffen. Zunehmend entwickelt Hermann aber unklare Beschwerden, hat Ängste und Panikattacken. Seine Arbeit versieht er gewissenhaft und sorgfältig. Alle schätzen seine freundliche Art. «Hermann ist eine ehrliche Haut», heißt es im Bekanntenkreis. Als er mir das erzählt, wirkt er so halbzufrieden. Einerseits entspricht das seinen Vorstellungen, die er von sich selbst hat, andererseits findet er, dass er sich mehr zutrauen könnte.
Eines Tages kommt er ganz gelöst zum Gespräch und berichtet von einer tollen Erfahrung: Ein Bekannter aus dem Nachbardorf hat ihn zur ersten Probe eines Projektchors eingeladen. Vom Chorleiter wurde er sofort als Tenorstimme eingesetzt, die immer rar und begehrt sind. Ganz begeistert erzählt er davon, wie er sich getraut hat, den Mund aufzumachen und seine eigene Stimme zu hören und zu mögen. «So kenne ich mich gar nicht», berichtet er angeregt und voller Freude. «Es ist, als wäre ein Korken aus meinem Hals herausgedreht worden, so anders höre ich mich jetzt. Auf jeden Fall gehe ich zur nächsten Probe wieder hin und werde das Weihnachtskonzert auch mitsingen.» Diese gute Erfahrung bringt auch den Beratungsprozess in Schwung; Hermann traut der Begegnung mit sich selbst etwas zu – singend und redend. (19.09.2014)
radio Umfrage:
Was bedeutet Singen für die Menschen? Die medio-Radioredaktion hat sich in Kassel umgehört:
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Viel Wissenswertes zur Gospelmusik und zum 7. Internationalen Gospelkirchentag in Kassel finden Sie auch in der aktuellen Ausgabe des Magazins von «blick in die kirche» unter:
Kassel (medio). Am Anreisetag des Gospelkirchentags in Kassel (19. bis 21.9.) waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer besonders in die Autobahnkirchen an den bundesdeutschen Autobahnen eingeladen. Dort gab es für Chöre und Einzelne die Möglichkeit, sich segnen zu lassen, eine Kerze anzuzünden oder einfach bei sich selbst anzukommen, teilte die Wittener Stiftung Creative Kirche mit. Zum Gospelkirchentag hat die Bruderhilfe Akademie ein Reiseheft «Gospel & Gebete» herausgegeben, das in den Autobahnkirchen kostenlos erhältlich ist.
Das Heft kann kostenlos unter folgender Adresse bestellt werden: Versicherer im Raum der Kirchen - Die Akademie, Kölnische Str. 108-112, 34119 Kassel, Tel: (0561) 70341-3011, E-Mail: die.akademie@vrk.de (24.09.20104)
Gospel und Gebete für Unterwegs
Autobahnkirchen-Aktionstag zum Gospelkirchentag
Kassel (medio). Am Anreisetag des Gospelkirchentags in Kassel (19. bis 21.9.) waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer besonders in die Autobahnkirchen an den bundesdeutschen Autobahnen eingeladen. Dort gab es für Chöre und Einzelne die Möglichkeit, sich segnen zu lassen, eine Kerze anzuzünden oder einfach bei sich selbst anzukommen, teilte die Wittener Stiftung Creative Kirche mit. Zum Gospelkirchentag hat die Bruderhilfe Akademie ein Reiseheft «Gospel & Gebete» herausgegeben, das in den Autobahnkirchen kostenlos erhältlich ist.
Das Heft kann kostenlos unter folgender Adresse bestellt werden: Versicherer im Raum der Kirchen - Die Akademie, Kölnische Str. 108-112, 34119 Kassel, Tel: (0561) 70341-3011, E-Mail: die.akademie@vrk.de (24.09.20104)
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Eine Liste der Autobahnkirchen in Deutschland finden Sie unter:
Hannover (medio). Der Gospel hat in Deutschland viele Anhänger gewonnen. Schätzungsweise 3.000 Gospelchöre mit mehr als 100.000 Mitgliedern sind bereits aktiv, Tendenz steigend. Verlässliche Daten über die Herkunft der Sängerinnen und Sänger, die Motive, das Alter und die Beteiligung am kirchlichen Gemeindeleben gibt eine Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts (SI) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aus dem Jahr 2009, für die 8.411 Sängerinnen und Sänger und 421 Chorleiterinnen und Chorleiter bundesweit befragt wurden.
«Die Auswertung ergab, dass sich bei 44 Prozent der Befragten das Gefühl der kirchlichen Verbundenheit durch die Mitwirkung im Gospelchor verstärkt hat. Viele Sängerinnen und Sänger erlebten über ihre Einbindung in das Chorleben eine Veränderung in ihrer Beziehung zur Kirche. 32 Prozent fühlen sich in ihrer Religiosität gestärkt», sagt die Soziologin und SI-Projektleiterin Petra-Angela Ahrens.
Gospelsängerinnen und -sänger sind der Studie zufolge im Schnitt 42 Jahre alt. Der formale Bildungsstand ist überdurchschnittlich: 56 Prozent haben zumindest die Fachhochschulreife. Der Anteil von Frauen beträgt 80 Prozent, zehn Prozent mehr als bei gemischten Chören. Gospelsängerinnen und -sänger bevorzugen mit Pop, Musical und Rock eher moderne, rhythmusbetonte Stilrichtungen. Die klassische Musik findet weniger Zuspruch. Volksmusik, Operette und Schlager treffen überwiegend sogar auf Ablehnung.
Neben der Freude am Singen und Musizieren, die ausnahmslos alle Sängerinnen und Sänger miteinander verbindet, spielt die Gemeinschaftserfahrung im Chor eine große Rolle. «93 Prozent der Befragten nennen sie als Motiv für die Mitwirkung», hebt Ahrens hervor. «Bei den Chorproben tanke ich auf, kann Alltagsschwierigkeiten vergessen. Erkenne aber auch, was ich an Gott habe», sagt Gospelsänger Friedemann Winter (27). «Wir sprechen mit dieser Musik genau die mittlere Generation von 25 bis 60 Jahren an, die oft in den Kirchen fehlt», betont Roland Scheel (49) vom Gospelchor Warder. Die Befragten waren einstimmig der Meinung: Gospel gibt Kraft für den Alltag und verbindet ganz unterschiedliche Charaktere. Diese Art von Musik begeistert Menschen, die der Kirchen nahe stehen ebenso wie jene, die der Kirche distanziert gegenüberstehen.
«Man darf daraus jedoch nicht den Schluss ziehen, dass Gospelchöre ein Allheilmittel sind, um die Kirchen zu füllen», gibt Petra-Angela Ahrens zu bedenken. «Schon das Singen in einem Chor ist nicht für jeden attraktiv und geeignet.» Voraussetzung sei zudem, dass man den rhythmusbetonten und fröhlich-swingenden Stil der Gospelmusik mag und offen sei für religiöse Fragen.
Das SI verschickte in Kooperation mit der Wittener Stiftung «Creative Kirche» im Sommer 2008 bundesweit an 1.605 Chöre die Fragebögen. «Die Rücklaufquote lag bei 29 Prozent. Das ist ein sehr gutes Ergebnis», so Projektleiterin Ahrens. Unterstützt wurde das Forschungsprojekt von der EKD, der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und der Hanns-Lilje-Stiftung. (26.08.2014)
Sozialwissenschaftliches Institut der EKD
Studie: Gospel gibt Kraft für den Alltag und verbindet Charaktere

Gospelmusik begeistert Menschen, die der Kirchen nahe stehen ebenso wie jene, die der Kirche distanziert gegenüberstehen, so die Studie. Unser Foto zeigt Sängerinnen bei der Auftaktveranstaltung zum Gospelkirchentag im September 2013 in Kassel. (Foto: medio.tv/Socher)
Hannover (medio). Der Gospel hat in Deutschland viele Anhänger gewonnen. Schätzungsweise 3.000 Gospelchöre mit mehr als 100.000 Mitgliedern sind bereits aktiv, Tendenz steigend. Verlässliche Daten über die Herkunft der Sängerinnen und Sänger, die Motive, das Alter und die Beteiligung am kirchlichen Gemeindeleben gibt eine Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts (SI) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aus dem Jahr 2009, für die 8.411 Sängerinnen und Sänger und 421 Chorleiterinnen und Chorleiter bundesweit befragt wurden.
«Die Auswertung ergab, dass sich bei 44 Prozent der Befragten das Gefühl der kirchlichen Verbundenheit durch die Mitwirkung im Gospelchor verstärkt hat. Viele Sängerinnen und Sänger erlebten über ihre Einbindung in das Chorleben eine Veränderung in ihrer Beziehung zur Kirche. 32 Prozent fühlen sich in ihrer Religiosität gestärkt», sagt die Soziologin und SI-Projektleiterin Petra-Angela Ahrens.
Gospelsängerinnen und -sänger sind der Studie zufolge im Schnitt 42 Jahre alt. Der formale Bildungsstand ist überdurchschnittlich: 56 Prozent haben zumindest die Fachhochschulreife. Der Anteil von Frauen beträgt 80 Prozent, zehn Prozent mehr als bei gemischten Chören. Gospelsängerinnen und -sänger bevorzugen mit Pop, Musical und Rock eher moderne, rhythmusbetonte Stilrichtungen. Die klassische Musik findet weniger Zuspruch. Volksmusik, Operette und Schlager treffen überwiegend sogar auf Ablehnung.
Neben der Freude am Singen und Musizieren, die ausnahmslos alle Sängerinnen und Sänger miteinander verbindet, spielt die Gemeinschaftserfahrung im Chor eine große Rolle. «93 Prozent der Befragten nennen sie als Motiv für die Mitwirkung», hebt Ahrens hervor. «Bei den Chorproben tanke ich auf, kann Alltagsschwierigkeiten vergessen. Erkenne aber auch, was ich an Gott habe», sagt Gospelsänger Friedemann Winter (27). «Wir sprechen mit dieser Musik genau die mittlere Generation von 25 bis 60 Jahren an, die oft in den Kirchen fehlt», betont Roland Scheel (49) vom Gospelchor Warder. Die Befragten waren einstimmig der Meinung: Gospel gibt Kraft für den Alltag und verbindet ganz unterschiedliche Charaktere. Diese Art von Musik begeistert Menschen, die der Kirchen nahe stehen ebenso wie jene, die der Kirche distanziert gegenüberstehen.
«Man darf daraus jedoch nicht den Schluss ziehen, dass Gospelchöre ein Allheilmittel sind, um die Kirchen zu füllen», gibt Petra-Angela Ahrens zu bedenken. «Schon das Singen in einem Chor ist nicht für jeden attraktiv und geeignet.» Voraussetzung sei zudem, dass man den rhythmusbetonten und fröhlich-swingenden Stil der Gospelmusik mag und offen sei für religiöse Fragen.
Das SI verschickte in Kooperation mit der Wittener Stiftung «Creative Kirche» im Sommer 2008 bundesweit an 1.605 Chöre die Fragebögen. «Die Rücklaufquote lag bei 29 Prozent. Das ist ein sehr gutes Ergebnis», so Projektleiterin Ahrens. Unterstützt wurde das Forschungsprojekt von der EKD, der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und der Hanns-Lilje-Stiftung. (26.08.2014)
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Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Studie finden Sie unter: