Mehr als ein halbes Jahrhundert besteht die Freundschaft zwischen der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), dem römisch-katholischen Bistum `s-Hertogenbosch und der Classis Noord-Brabant, Limburg und Réunion Wallone der Protestantischen Kirche der Niederlande. Mit der Unterzeichnung eines Dokuments wurde die Freundschaft bei einem Delegationsbesuch in den Niederlanden in der Woche nach Ostern bekräftigt und erneuert. Die kurhessische Delegation bestand aus Bischöfin Dr. Beate Hofmann, Prälat Burkhard zur Nieden, Oberlandeskirchenrätin Claudia Brinkmann-Weiß (Dezernentin für Diakonie und Ökumente), Catholica-Referent Dr. Martin Streck. Begleitet wurde sie von Olaf Dellit, Redakteur im Medienhaus der EKKW.
Eigentlich wäre das vergangene Jahr der richtige Zeitpunkt für die Unterzeichnung gewesen, doch im 50. Jahr der Freundschaft war pandemiebedingt nur ein virtuelles Treffen möglich. So waren alle Beteiligten froh, sich wieder persönlich zu begegnen. Tagungs- und Unterkunftsort war die Trappistenabtei Koningshoeven in der Nähe von Tilburg. Thematisch ging es um die Polarisierung der Gesellschaft und christliche Antworten darauf.
Bischöfin Dr. Beate Hofmann schilderte in ihrem Vortrag gelungene Beispiele, die sich gegen die Spaltung stellen, wie die Initiative «Offen für Vielfalt» oder ihr Konzept von Sorgenetzen. Sie erläuterte, dass es zwei Modelle gebe, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Entweder man gehe werteorientiert vor, schaue also letztlich in die Vergangenheit. Oder man entwickle die Vorstellung des Zusammenhalts gemeinsam in der Gesellschaft, also prozessorientiert.
Als Herausforderung schilderte Hofmann, die Vielfalt in der EKKW überhaupt erst richtig wahrzunehmen (noch herrsche ein «weißes» Selbstbild vor), Rassismusdiskurse bekannter zu machen und als Kirche die Rolle als gesellschaftlicher Intermediär (Vermittler zwischen Positionen) stärker wahrzunehmen.
Der Theologe und Philosoph Prof. Theo de Wit (Universität Tilburg) hatte seinen Vortrag unter die Überschrift «Resilienz gefragt!» gestellt und dabei auf den umstrittenen Juristen und Philosophen Carl Schmitt (1888-1985) zurückgegriffen, der in der NS-Zeit eine unrühmliche Rolle gespielt hatte. Schmitt habe früh erkannt, dass die gesellschaftliche Ordnung und die Lebensweise des 20. Jahrhunderts schon immer auf dem Spiel gestanden habe. Allerdings sei Schmitts Antwort darauf ein autoritärer Staat gewesen, während de Witts Antwort die Stärkung des Zusammenlebens und der Bürgerschaft ist. Die Vorträge wurden von den Teilnehmenden engagiert und durchaus kontrovers diskutiert.
Delegation bekräftigte Kirchenfreundschaft in den Niederlanden
Polarisierung der Gesellschaft und christliche Antworten darauf


Mehr als ein halbes Jahrhundert besteht die Freundschaft zwischen der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), dem römisch-katholischen Bistum `s-Hertogenbosch und der Classis Noord-Brabant, Limburg und Réunion Wallone der Protestantischen Kirche der Niederlande. Mit der Unterzeichnung eines Dokuments wurde die Freundschaft bei einem Delegationsbesuch in den Niederlanden in der Woche nach Ostern bekräftigt und erneuert. Die kurhessische Delegation bestand aus Bischöfin Dr. Beate Hofmann, Prälat Burkhard zur Nieden, Oberlandeskirchenrätin Claudia Brinkmann-Weiß (Dezernentin für Diakonie und Ökumente), Catholica-Referent Dr. Martin Streck. Begleitet wurde sie von Olaf Dellit, Redakteur im Medienhaus der EKKW.
Eigentlich wäre das vergangene Jahr der richtige Zeitpunkt für die Unterzeichnung gewesen, doch im 50. Jahr der Freundschaft war pandemiebedingt nur ein virtuelles Treffen möglich. So waren alle Beteiligten froh, sich wieder persönlich zu begegnen. Tagungs- und Unterkunftsort war die Trappistenabtei Koningshoeven in der Nähe von Tilburg. Thematisch ging es um die Polarisierung der Gesellschaft und christliche Antworten darauf.
Bischöfin Dr. Beate Hofmann schilderte in ihrem Vortrag gelungene Beispiele, die sich gegen die Spaltung stellen, wie die Initiative «Offen für Vielfalt» oder ihr Konzept von Sorgenetzen. Sie erläuterte, dass es zwei Modelle gebe, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Entweder man gehe werteorientiert vor, schaue also letztlich in die Vergangenheit. Oder man entwickle die Vorstellung des Zusammenhalts gemeinsam in der Gesellschaft, also prozessorientiert.
Als Herausforderung schilderte Hofmann, die Vielfalt in der EKKW überhaupt erst richtig wahrzunehmen (noch herrsche ein «weißes» Selbstbild vor), Rassismusdiskurse bekannter zu machen und als Kirche die Rolle als gesellschaftlicher Intermediär (Vermittler zwischen Positionen) stärker wahrzunehmen.
Der Theologe und Philosoph Prof. Theo de Wit (Universität Tilburg) hatte seinen Vortrag unter die Überschrift «Resilienz gefragt!» gestellt und dabei auf den umstrittenen Juristen und Philosophen Carl Schmitt (1888-1985) zurückgegriffen, der in der NS-Zeit eine unrühmliche Rolle gespielt hatte. Schmitt habe früh erkannt, dass die gesellschaftliche Ordnung und die Lebensweise des 20. Jahrhunderts schon immer auf dem Spiel gestanden habe. Allerdings sei Schmitts Antwort darauf ein autoritärer Staat gewesen, während de Witts Antwort die Stärkung des Zusammenlebens und der Bürgerschaft ist. Die Vorträge wurden von den Teilnehmenden engagiert und durchaus kontrovers diskutiert.

Doch es war nicht nur Zeit für Diskussionen. Geistliche Höhepunkte waren zwei Vespern. Im Kloster Koenigshoven sind derzeit Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht, für die Pfarrer Ton Sip eine byzantinische Vesper in der Klosterkirche zelebrierte – in ukrainischer Sprache am Mittwoch vor dem orthodoxen Osterfest. Mit dabei waren Mönche des Klosters und die Gäste aus Deutschland und den Niederlanden.
In der beeindruckenden gotischen St.-Johannes-Kathedrale in `s-Hertogenbosch feierten die drei leitenden Geistlichen, Bischöfin Dr. Beate Hofmann, Bischof Dr. Gerard de Korte und Classis-Prädikant Marco Luijk, am zweiten Besuchstag eine Vesper in ökumenischer Verbundenheit. Diese wurde auch bei einem ungeplanten Besuch in der evangelischen Grote Kerk in der Stadt deutlich, die in ihrer Schlichtheit einen Gegenpol zur katholischen Kathedrale bildet.
In den Diskussionen, Gottesdiensten, Andachten und in vielen Gesprächen wurde deutlich, dass die langjährige Freundschaft zwischen der deutschen und den niederländischen Kirchen ein starkes Fundament hat. Beim nächsten Treffen im Jahr 2023, dann wird die EKKW Gastgeberin sein, sollen innovative kirchliche Projekte in beiden Ländern in den Fokus genommen werden. Ganz, wie es in der gemeinsamen Erklärung heißt: «Wir werden sehen, wie andere Kirchen ihren pastoralen Dienst gestalten, um in einer immer stärker säkularisierten Gesellschaft den Menschen das Evangelium von der Liebe Gottes in Jesus Christus nahezubringen. Das macht zuversichtlich, neue Wege einzuschlagen.»
Dem Bisdom `s-Hertogenbosch gehören eine Million katholische Christen und Christinnen an, es organisiert sich in 60 Pfarreien und 250 Gemeinden. Die Classis Noord-Brabant, Limburg en Réunion Wallonne in der Protestantse Kerk en Nederland umfasst 140 Gemeinden mit 150.000 Mitgliedern. 250 Pfarrer und Pfarrerinnen sind in der Classis tätig. Knapp 800 Pfarrer und Pfarrerinnen hat die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck. 750.000 Menschen gehören ihren 650 Gemeinden an.
(26.04.2022)