Aktuell: Vor 500 Jahren trat Luther in Worms für seine Glaubensüberzeugungen ein

Worms (medio). Worms feiert zusammen mit der Evangelischen Kirche den legendären Auftritt Martin Luthers auf dem Reichstag von 1521. Ein Ereignis, bei dem der Wittenberger Reformator Weltgeschichte geschrieben hat. Am 16. April 2021, genau 500 Jahre nach seinem Einzug in die Stadt, beginnen in Worms die Feierlichkeiten zum großen Jubiläumsjahr. Pandemiebedingt kann das Auftaktwochenende zwar nicht mit Besuchern vor Ort gefeiert werden, jedoch sind mittels Internet- und Fernsehübertragungen alle eingeladen, von Zuhause und überall auf der Welt teilzunehmen. Die Evangelische Kirche und die Stadt Worms begehen das Reichstagsjubiläum in diesem Jahr mit zahlreichen Aktionen. 

Digitaler Festakt zur Eröffnung des Jubiläums

Am Freitag (16.4.) überträgt der SWR um 16 Uhr im Livestream die Eröffnung des Jubiläumswochenendes u.a. mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer, dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland Heinrich Bedford-Strohm, dem Mainzer Bischof Peter Kohlgraf, dem Wormser Oberbürgermeister Adolf Kessel und dem Intendanten der Nibelungen-Festspiele Worms Nico Hofmann. Moderieren wird die ZDF-Journalistin Petra Gerster. Der Festakt aus dem Wormser Kultur- und Tageszentrum wird musikalisch begleitet. Den Livestream des SWR finden Sie unter www.swrfernsehen.de

Multimedia-Inszenierung «Der Luther-Moment»

Die Multimedia-Inszenierung «Der Luther-Moment» wird am Samstag (17.4.) um 23 Uhr – mit Vorberichterstattung ab 22.35 Uhr – live im SWR-Fernsehen übertragen. Ein Ensemble mit bekannten Schauspielerinnen und Schauspielern wie Rufus Beck, Isaak Dentler und Barbara Stollhans wird die Geschichte zum Leben erwecken. Der Komponist und Regisseur Parviz Mir-Ali spannt mit Bildern und Tönen einen Bogen vom geschichtlichen Moment in Worms hin zu aktuellen Geschehnissen, bei denen Menschen Haltung beweisen. Weitere Informationen unter www.wagemutig.de

Spielfilm-Tipp: «Luther»

Im Anschluss an die Multimedia-Inszenierung ist im SWR am Samstag (17.4.) um 23:40 Uhr der Spielfilm «Luther» (Deutschland/USA 2003) mit Joseph Fiennes, Peter Ustinov, Bruno Ganz und anderen zusehen. 

Festgottesdienst aus Worms im ZDF

Am Sonntag (18.4.) überträgt das ZDF um 9.30 Uhr einen Festgottesdienst live aus der Magnuskirche in Worms, an dem der EKHN-Kirchenpräsident Volker Jung (Predigt) und der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf beteiligt sind. Musikalisch gestaltet wird der Gottesdienst. In dem Gottesdienst, der musikalisch von Kantor Christian Schmitt-Engelstadt und Fabian Vogt gestaltet wird, geht es nicht nur um Erinnern, sondern auch um die aktuelle Frage: Wo muss die Kirche heute wagemutig auftreten? Weitere Informationen unter rundfunk.evangelisch.de

2021-04-21 32797

«Hier stehe ich, ich kann nicht anders»
Vor 500 Jahren trat Luther in Worms für seine Glaubensüberzeugungen ein

Die Multimedia-Inszenierung «Der Luther-Moment», die am Samstag (17.4.) um 23 Uhr live im SWR-Fernsehen übertragen wurde, ist hier als Aufzeichnung aus der ARD-Mediathek abrufbar.

Worms (medio). Worms feiert zusammen mit der Evangelischen Kirche den legendären Auftritt Martin Luthers auf dem Reichstag von 1521. Ein Ereignis, bei dem der Wittenberger Reformator Weltgeschichte geschrieben hat. Am 16. April 2021, genau 500 Jahre nach seinem Einzug in die Stadt, beginnen in Worms die Feierlichkeiten zum großen Jubiläumsjahr. Pandemiebedingt kann das Auftaktwochenende zwar nicht mit Besuchern vor Ort gefeiert werden, jedoch sind mittels Internet- und Fernsehübertragungen alle eingeladen, von Zuhause und überall auf der Welt teilzunehmen. Die Evangelische Kirche und die Stadt Worms begehen das Reichstagsjubiläum in diesem Jahr mit zahlreichen Aktionen. 

Digitaler Festakt zur Eröffnung des Jubiläums

Am Freitag (16.4.) überträgt der SWR um 16 Uhr im Livestream die Eröffnung des Jubiläumswochenendes u.a. mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer, dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland Heinrich Bedford-Strohm, dem Mainzer Bischof Peter Kohlgraf, dem Wormser Oberbürgermeister Adolf Kessel und dem Intendanten der Nibelungen-Festspiele Worms Nico Hofmann. Moderieren wird die ZDF-Journalistin Petra Gerster. Der Festakt aus dem Wormser Kultur- und Tageszentrum wird musikalisch begleitet. Den Livestream des SWR finden Sie unter www.swrfernsehen.de

Multimedia-Inszenierung «Der Luther-Moment»

Die Multimedia-Inszenierung «Der Luther-Moment» wird am Samstag (17.4.) um 23 Uhr – mit Vorberichterstattung ab 22.35 Uhr – live im SWR-Fernsehen übertragen. Ein Ensemble mit bekannten Schauspielerinnen und Schauspielern wie Rufus Beck, Isaak Dentler und Barbara Stollhans wird die Geschichte zum Leben erwecken. Der Komponist und Regisseur Parviz Mir-Ali spannt mit Bildern und Tönen einen Bogen vom geschichtlichen Moment in Worms hin zu aktuellen Geschehnissen, bei denen Menschen Haltung beweisen. Weitere Informationen unter www.wagemutig.de

Spielfilm-Tipp: «Luther»

Im Anschluss an die Multimedia-Inszenierung ist im SWR am Samstag (17.4.) um 23:40 Uhr der Spielfilm «Luther» (Deutschland/USA 2003) mit Joseph Fiennes, Peter Ustinov, Bruno Ganz und anderen zusehen. 

Festgottesdienst aus Worms im ZDF

Am Sonntag (18.4.) überträgt das ZDF um 9.30 Uhr einen Festgottesdienst live aus der Magnuskirche in Worms, an dem der EKHN-Kirchenpräsident Volker Jung (Predigt) und der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf beteiligt sind. Musikalisch gestaltet wird der Gottesdienst. In dem Gottesdienst, der musikalisch von Kantor Christian Schmitt-Engelstadt und Fabian Vogt gestaltet wird, geht es nicht nur um Erinnern, sondern auch um die aktuelle Frage: Wo muss die Kirche heute wagemutig auftreten? Weitere Informationen unter rundfunk.evangelisch.de

Impuls von Dekan Norbert Mecke (Kirchenkreis Schwalm-Eder) zum «Luthermoment». Darin ein pfiffiges Erklärvideo aus Malsfeld in Kurzform und ein Interview mit einem Doktor der Theologie. (Video: YouTube/Evangelisches Dekanat Melsungen)
Im Erklärfilm des Evangelischen Kirchspiels Malsfeld geht es um Martin Luther auf dem Reichstag zu Worms und wie er dabei Gott und seinem Gewissen treu geblieben ist. (Video: YouTube/oben&unten)

Interview mit Bischöfin Beate Hofmann und EKD-Themenheft

Dem besonderen Jubiläum widmet die Evangelische Kirche in Deutschland ein Themenheft mit dem Titel «Gewissen befreien. Haltung zeigen. Gott vertrauen.» Das Heft enthält historische Vertiefungen, Materialangebote und Antworten auf die Frage: Was es im 21. Jahrhundert bedeutet, die Gesellschaft aus dem christlichen Glauben heraus zu gestalten. Außerdem beschreiben Prominente ihre persönlichen Luther-Momente. So geht es u.a. in einem Interview mit Beate Hofmann, Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, wozu sieh sagt: «Das Gewissen fällt nicht vom Himmel; es ist kulturell geprägt und an bestimmten Normen orientiert.» (Das Interview finden Sie weiter unten.)

Bischöfin Dr. Beate Hofmann (Foto: medio.tv/Schauderna)

Bischöfin Hofmann: «Das Gewissen fällt nicht vom Himmel»

Interview mit Bischöfin Dr. Beate Hofmann im Themenheft der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Jubiläum mit dem Titel «Gewissen befreien. Haltung zeigen. Gott vertrauen.» Die Fragen stellte Pfarrer Fabian Vogt, Projektleiter der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau für das Jubiläum 2021.

Pfarrer Vogt: Liebe Frau Hofmann, im Volksmund heißt es so schön: «Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen.» Stimmt das?

Bischöfin Beate Hofmann: Auf jeden Fall stimmt das Gegenteil, nämlich dass ein schlechtes Gewissen den Schlaf raubt, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Und ein gutes Gewissen, das Gefühl, mit sich im Reinen zu sein, stiftet inneren Frieden.

Pfarrer Vogt: Fällt Ihnen spontan ein Moment ein, in dem Sie dachten: «Aus Gewissensgründen muss ich jetzt so oder so entscheiden»?

Bischöfin Beate Hofmann: Als ich Mitte Oktober beschlossen habe, wegen der Infektionsgefahr durch die Corona- Pandemie meine Geburtstagsfeier abzusagen. Das war noch kurz bevor die verschärften Kontaktbeschränkungen galten. Doch es war schon klar, dass wir aus Gründen des Gesundheitsschutzes Kontakte wieder reduzieren sollten. So habe ich schweren Herzens meine Gäste am Abend vorher weitgehend wieder ausgeladen und nur mit einer Freundin und meinem Mann schon Gekochtes verspeist.

Pfarrer Vogt: Warum war es so bedeutend, dass sich Luther in Worms auf sein Gewissen berufen hat?

Bischöfin Beate Hofmann: Luther hat an seinen theologischen Überzeugungen festgehalten, obwohl er sich damit prominent gegen die damals geltende Lehre der Kirche und gegen die Autorität des Papstes gestellt hat. Und obwohl klar war, dass ihn das nicht nur seine Stelle an der Universität, seine Verankerung in der Kirche und im Kloster, sondern sogar sein Leben kosten kann, hat er nicht widerrufen. «Da mein Gewissen in den Worten Gottes gefangen ist, kann ich und will nichts widerrufen, weil es gefährlich und unmöglich ist, etwas gegen das Gewissen zu tun. Gott helfe mir. Amen.» Das soll er gesagt haben. Damit hat er das Gewissen als Instanz eingeführt, die über der Autorität von kirchlichen und politischen Institutionen steht.

Pfarrer Vogt: Allerdings spricht Luther ja nicht von einem autonomen, sondern von einem an die Heilige Schrift gebundenen Gewissen. Wo ist denn da für Sie der Unterschied?

Bischöfin Beate Hofmann: Das Gewissen fällt nicht vom Himmel; es ist kulturell geprägt und an bestimmten Normen orientiert. Luther wusste um diese Prägung. Für ihn war das Gewissen der Ort, an dem sich entscheidet, an wen ein Mensch gebunden ist, ob an das «versklavende Wort des Teufels» oder an das «befreiende Wort Christi». Für ihn war die zentrale Orientierungsgröße das, woran er sich und sein Gewissen gebunden sah: die Heilige Schrift und nicht weltliche Autoritäten.

Pfarrer Vogt: Luther war überzeugt: Nur Gott schenkt ein «getröstetes Gewissen, das alle Tränen menschlicher Beschwernisse aufzehrt wie die Mittagssonne den Tau». Warum braucht es Gott für ein «getröstetes Gewissen»?

Bischöfin Beate Hofmann: Weil es viele Situationen gibt, in denen wir unserem Gewissen nicht gerecht werden und wissen: Wir sind auf Vergebung angewiesen, die uns Gott zuspricht. Konkret: Ohne Vergebung könnte ich meinen ökologischen Fußabdruck oder das privilegierte Leben in der ersten Welt nicht aushalten. Denn dieses Leben ist ein ständiger Kompromiss zwischen dem, was das Gewissen sagt, was ökologisch notwendig wäre, und dem, was ich brauche und tue, um zu arbeiten, um mich zu erholen oder um Menschen zu treffen. Von der Schuld, die ich dabei auf mich lade, kann ich mich nicht selbst befreien, selbst wenn ich spende und versuche, meinen Fußabdruck finanziell auszugleichen. Und manchmal gibt es Situationen, in denen ich jemandem etwas schuldig bleibe und weiß, ich kann das nicht ungeschehen machen, ich kann den Menschen nicht mal mehr um Entschuldigung bitten. Dann plagt mich mein Gewissen. Und dann ist es für mich sehr tröstlich, dass ich weiß, dass Gott all das, was mich plagt, hört, dass er meine Bitte um Vergebung annimmt und mich dadurch entlastet. Das löst mein Gewissen und seine kritische Stimme nicht auf, aber es lässt mich weiterleben und auch nach Wegen suchen, so gut wie möglich meinem Gewissen gemäß zu handeln.

Pfarrer Vogt: Wie würden Sie heute, 500 Jahre nach dem Wormser Reichstag, einem Menschen die Bedeutung des Gewissens erklären?

Bischöfin Beate Hofmann: Das Gewissen ist die innere Stimme, die dir hilft herauszufinden, was jetzt richtig und was falsch ist. Das Gewissen ist der Ort, an dem sich entscheidet, welchen Normen sich ein Mensch verpflichtet weiß, es ist wie ein Kompass, der hilft, verantwortungsvoll zu handeln. Von Immanuel Kant stammt das schöne Bild: Das Gewissen ist der innere Gerichtshof der Vernunft. Das Gewissen ist nicht ein Sortiment von fertigen Sätzen über Gut und Böse, sondern ein innerer Prozess, der sich, bei Christ*innen jedenfalls, am Evangelium und damit am Nächsten orientiert.

Pfarrer Vogt: Und wie kann die Kirche aktiv dazu beitragen, dass Menschen nach bestem Wissen und Gewissen handeln?

Bischöfin Beate Hofmann: Sie kann zur Reflexion des eigenen Handelns ermuntern, dadurch Räume schaffen, in denen Menschen auf ihr Gewissen achten und es schärfen durch den Diskurs über ethische Dilemma-Situationen, über das, was wir als Gut und Böse wahrnehmen und was uns dabei leitet.

Pfarrer Vogt: Gibt es also so etwas wie ein «christliches Gewissen»?

Bischöfin Beate Hofmann: Es gibt ein an der christlichen Botschaft ausgerichtetes und davon geprägtes Gewissen. Nun berufen sich ja auch Radikale und Extremisten gerne auf ihr Gewissen.

Pfarrer Vogt: Was sagen Sie einem Menschen, der behauptet, er sei aus Gewissensgründen gegen Asylsuchende?

Bischöfin Beate Hofmann: Ich wüsste gern, woran dieser Mensch sein Gewissen prüft und was daraus für ihn folgt, wie er das in Beziehung zu Recht und Gesetz setzt und wie er diese Haltung – falls er sich als Christ sieht – mit dem biblischen Gebot der Nächstenliebe zusammenbringt.

Pfarrer Vogt: Verraten Sie mir noch, was mir den Mut schenkt, wie Luther zu meinem Gewissen zu stehen?

Bischöfin Beate Hofmann: Das zu tun, was man für richtig hält, schenkt Kraft, weil man mit sich im Reinen ist. Das hilft, auszuhalten, dass Gewissensentscheidungen auch einsam machen und in Konflikte führen können, weil man sich gegen die Meinung von Freunden, Vorgesetzten oder gegen den gesellschaftlichen Mainstream stellt. Es kann aber auch neue Freundschaften stiften – das erleben viele Menschen, die sich in ethischen Dilemma-Fragen oder für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung engagieren.

Pfarrer Vogt: Vielen Dank!


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Sonderseite «Der Luther-Moment» der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau mit vielen Materialien und Hintergründen zum Jubiläum:

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Themenheft der Evangelischen Kirche in Deutschland zum 500. Jubiläum «Gewissen befreien. Haltung zeigen. Gott vertrauen.»: