Aktuell: Brief der Bischöfin zum Reformationstag

Zum Refomationstag hat Bischöfin Beate Hofmann die Mitarbeitenden der Landeskirche in einem Brief dazu eingeladen, darüber nachzudenken, wie und wohin sich die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck bewegt. Anlass ist der Reformprozess der Landeskirche.

Der Brief der Bischöfin im Wortlaut:

2021-11-30 34092

«Kirche beWegt»
Brief der Bischöfin zum Reformationstag

Brief der Bischöfin zum Reformationstag

Zum Refomationstag hat Bischöfin Beate Hofmann die Mitarbeitenden der Landeskirche in einem Brief dazu eingeladen, darüber nachzudenken, wie und wohin sich die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck bewegt. Anlass ist der Reformprozess der Landeskirche.

Der Brief der Bischöfin im Wortlaut:

Liebe Schwestern und Brüder, 
 
zum diesjährigen Reformationstag grüße ich Sie sehr herzlich. «Kirche beWegt», haben wir den Reformprozess unserer Landeskirche überschrieben. Der Reformationstag lädt dazu ein, darüber nachzudenken, wie und wohin sich unsere Kirche bewegt.
 
Kirche wird bewegt
… vom heiligen Geist, durch dessen Wirken die Kirche gegründet ist und sich immer wieder erneuert hat. Mir ist es wichtig und tröstlich, dass nicht wir in den anstehenden Entscheidungen die Kirche retten oder erhalten. Gott selbst wirkt in ihr und mit ihr durch sein Wort. Als Menschen, die sich in den Dienst der Kirche gestellt haben und sie gemeinsam leiten und gestalten, ist es unsere Aufgabe, für dieses Wirken Gottes unter uns die Augen und die Ohren offen zu halten und ihm Raum zu geben.
 
Kirche bewegt sich
… hoffentlich ständig, denn das «semper reformanda» ist der evangelischen Kirche quasi als Erbgut der Reformation in die DNA eingeschrieben. Aus diesem Erbe verstehen wir Kirche als einen Prozess, hin zu den Menschen, hinein in die sich verändernden gesellschaftlichen Verhältnisse inmitten der vielfältigen Transformationsprozesse, in denen sich unsere Welt befindet.
Manchmal ist es mühsam, dass es nicht einfach mal gut ist mit Reformen und Veränderungen, dass immer wieder neu gesucht und gefragt werden muss, wie sich Kirche hier und heute gestalten und formieren kann, damit sie Menschen mit ihrer guten Botschaft erreicht, bewegt und begleiten kann. Doch Gott sagt: «Siehe, ich mache alles neu.» (Apk 21,5) Gott kommt uns aus der Zukunft entgegen. Das ermutigt mich, auch Neues und Ungewisses auszuprobieren und darin Scheitern zu riskieren. Und so singen wir unverdrossen:


«Vertraut den neuen Wegen,
auf die uns Gott gesandt!
Er selbst kommt uns entgegen.
Die Zukunft ist sein Land». (EG 395,3)


Kirche bewegt sich? Wirklich?
 
Kirche bewegt sich nicht, wenn
… wir uns nur mit uns selbst beschäftigen und ständig um uns und unsere Strukturen kreisen. Darum halte ich es für wichtig, dass wir uns als Kirche immer wieder auf unseren Auftrag besinnen: die Kommunikation des Evangeliums. Strukturen sind sekundär, sie folgen den Kommunikationsformen. Gerade jetzt, in der sich ausschleichenden Coronapandemie, geht es darum, aus den Diskursen um Hygieneregeln und «G´s» wieder ins Gehen zu kommen, ins Hingehen und Hinschauen auf die, die von der Pandemie besonders gebeutelt sind.
 
Kirche bewegt sich, wenn
… sich möglichst unterschiedliche Menschen beteiligen und ihre Ideen, Perspektiven und Erfahrungen einbringen. 
Das erleben wir im Moment bei den Veranstaltungen im Verständigungsprozess zum Auftrag der Kirche. Da hören wir voneinander, entdecken miteinander unsere Unterschiedlichkeit  und lassen uns durch die eine oder andere Idee inspirieren und bewegen. Die Vielfalt der Meinungen ist manchmal auch anstrengend. Aber sie ist für mich ein Kennzeichen von evangelischer Kirche in ihrer Pluralität. Sie hilft uns, lebendig und wachsam für die vielfältigen Kommunikationsgelegenheiten und sich wandelnden Bedürfnisse in unserer Gesellschaft zu bleiben. Es ist immer wieder ziemlich herausfordernd, Unterschiedlichkeit und Vielfalt nicht als Störung oder als überflüssige Rivalität zu bewerten, sondern als Impuls, ein umfassenderes Bild von Kirche zu entwickeln. In Gottes Haus sind viele Wohnungen, aber sie haben ein gemeinsames Fundament, das Wort Gottes. 
 
Kirche bewegt uns, Sie und mich, wenn
… unsere ganz persönlichen Erfahrungen ins Spiel kommen. Es verbindet uns miteinander, dass Sie und ich solche Relevanzerfahrungen mit Kirche und ihrer Botschaft gemacht haben – sonst wären Sie nicht im Dienst dieser Kirche und würden diesen Brief nicht erhalten. 
Der Reformationstag lädt ein, immer wieder darüber nachzudenken und miteinander ins Gespräch zu kommen, was diese Erfahrungen ausmacht, woher die Motivation zum Dienst kommt und wie sie lebendig bleibt und Nahrung erhält. Vielleicht ist das ein gutes Thema für die Gespräche nach einem Kooperationsraumgottesdienst am Reformationstag? 
Ich erlebe Kirche als für mich persönlich relevant, wo ich mit anderen zusammen biblische Texte erkunde, besondere geistliche Orte entdecke und Menschen begegne, die ich in ihrem Glauben überzeugend erlebe. Und es berührt mich, dass ich in unserer Landeskirche, aber auch in der weltweiten Ökumene immer wieder solchen Menschen und Orten begegne, die mich spüren lassen, welche Relevanz unsere Botschaft hat, sei es bei der Bahnhofsmission, am Himmelsfels, im Jugendzentrum in Hanau oder bei der Ordinationsvorbereitung im Kloster Lippoldsberg, um ein paar Beispiele aus den letzten Wochen zu nennen. 
 
Kirche bewegt,
das ist für mich Auftrag und Verheißung zugleich, es ist Horizont unserer Arbeit und unserer Hoffnung.
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen einen gesegneten Reformationstag mit vielen bewegenden Erfahrungen!
 
Ihre
Beate Hofmann
Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck