An erster Stelle steht im Neuen Testament das Prinzip der Berufung. Die Jünger wurden von Jesus berufen, er hat sie persönlich ausgewählt und sie entschieden sich mit ihm zu kommen.
Die ersten Ämter der Urgemeinde wurden durch «Losentscheid» besetzt, erfahren wir aus der Apostelgeschichte. Beispielhaft lässt sich das an der «Nachwahl des zwölften Apostels« (Apg 1,15-26) aufzeigen. Das Gremium «der Zwölf« war dabei auf die zwölf Stämme Israels und die Berufungen der Jüngerschaft gerichtet.
Erst mit dem Ausscheiden des Judas ergab sich das Problem, diese wichtige 12. Position neu besetzen zu müssen. Obwohl dieser Abschnitt in der Apostelgeschichte stets mit «Nachwahl« überschrieben wird, handelte es sich dabei eigentlich nicht um einen Prozess des Wählens. Wie aus dem Text zu erfahren ist, wurde zwischen den beiden Kandidaten (Josef Barsabbas, mit dem römischen Zusatznamen Justus, und Matthias) per Los entschieden und nicht durch Abstimmung.
Immerhin war eine Gruppe von insgesamt 120 «Brüdern» aus diesem Anlass versammelt (Apg 1,15), so dass alleine die Bestimmung zweier Kandidaten eine Herausforderung dargestellt haben muss. Wie das geschehen ist, beschreibt die Apostelgeschichte leider nicht im Detail,allerdings heißt es: «sie stellten zwei auf» (Apg 1,23).
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese Aufstellung in der Tat durch Mehrheitsfindung unter den verbliebenen Elf stattgefunden haben muss, so dass eine Mischung aus Wahl und Losentscheid zur Bestimmung des zwölften Apostels führte.
Eindeutiger zeigt sich die Wahl von sieben «Armenpflegern» (Apg 6,17), die sich um die Versorgung der Witwen kümmern sollten. In diesem Falle riefen «die Zwölf» alle Jünger zusammen, um aus ihren Reihen sieben Männer «wählen zu lassen», die für diesen speziellen diakonischen Dienst verantwortlich gemacht und dafür «eingesegnet» wurden.
Interessant an dieser ersten echten Wahl sind die Begleitumstände, denn ein «Murren» unter den Jüngern ging der Entscheidung voran, da die «griechischen» Jünger sich von den judenchristlichen «hebräischen» benachteiligt fühlten und behaupteten, dass ihre Witwen stets übersehen würden.
Diese Wahl ist folglich von einer Fraktionierung geprägt, sie ist sogar unmittelbarer Ausdruck von differenten Gruppen mit deren unterschiedlichen Interessen. Die Wahl erweist sich als die geeignete Methode, auseinander gehende Interessen einem Mehrheitsvotum zu unterwerfen, um letztlich Einmütigkeit zu erhalten.
«Zwietracht» und Fraktionierung bilden die Grundlage für die Apostelversammlung in Jerusalem (Apg 15), bei der die «Partei der Pharisäer, die gläubig geworden waren», gegen heidenchristliche Ambitionen und die Aktivitäten des Paulus opponiert.
Die Beschlüsse, die daraufhin getroffen werden, beruhen möglicherweise auf einem Abstimmungsverfahren, von dem es wörtlich heißt: «einmütig versammelt, beschlossen» sie (Apg 15,25), wobei das Komma durchaus von Bedeutung ist, denn die Einmütigkeit bezieht sich offensichtlich nur auf die Versammlung, nicht jedoch auf den Beschluss.
Insgesamt steht hier die Frage der Konfliktbereinigung im Vordergrund, die wahrscheinlich durch Abstimmungsverfahren begleitet war, nicht jedoch ein Wahlverfahren, bei dem es um die Nominierung von Ämtern geht. Diese Form des Abstimmens in Meinungsverschiedenheiten ist von dem auf Personen bezogenen Vorgang des Wählens zu unterscheiden.
Aus der Betrachtung von unterschiedlichen Wahlsituationen im Neuen Testament sind folgende Überlegungen abzuleiten:
- In der Urgemeinde wird das Wählen durch Losentscheide begleitet und damit «dem Vertrauen auf göttliche Fügung» Ausdruck verliehen, das zumindest gleichberechtigt an die Seite der «menschlichen Meinungsbildung» tritt.
- Als Ausdruck der «Mehrheitsbildung» ist die Wahl im Kontext des Neuen Testaments durch «Fraktionierung» geprägt und stellt diese Form der Interessenkollision auch deutlich heraus.
- Wahlen finden in einmütiger Versammlung statt, aber sie führen nicht zwangsläufig auch zu einstimmigen Ergebnissen.
- Wie die Nachwahl des Apostels Matthias zeigt, setzt das Verfahren des Wählens in der Tat die Möglichkeit der Auswahl voraus. Wahl ist insofern auch im Bereich der Kirche niemals nur Akklamation.
In Kurhessen-Waldeck gehören mindestens vier, höchstens 15 gewählte Mitglieder und Pfarrer/innen dem Kirchenvorstand an.
Wahlberechtigt ist jedes Gemeindemitglied, das am Wahltag das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat. Wählbar ist jedes Gemeindeglied, das zur Zeit der Wahl 18 Jahre alt ist.
aus: Grundordnung EKKW Art. 14-18 und Kirchengesetz über die Wahl und Berufung zum Kirchenvorstand
Wahl und Berufung
Biblisch-Theologisches zu Losentscheid, Berufung, Zwietracht, Fraktionierung und Wahl
An erster Stelle steht im Neuen Testament das Prinzip der Berufung. Die Jünger wurden von Jesus berufen, er hat sie persönlich ausgewählt und sie entschieden sich mit ihm zu kommen.
Die ersten Ämter der Urgemeinde wurden durch «Losentscheid» besetzt, erfahren wir aus der Apostelgeschichte. Beispielhaft lässt sich das an der «Nachwahl des zwölften Apostels« (Apg 1,15-26) aufzeigen. Das Gremium «der Zwölf« war dabei auf die zwölf Stämme Israels und die Berufungen der Jüngerschaft gerichtet.
Erst mit dem Ausscheiden des Judas ergab sich das Problem, diese wichtige 12. Position neu besetzen zu müssen. Obwohl dieser Abschnitt in der Apostelgeschichte stets mit «Nachwahl« überschrieben wird, handelte es sich dabei eigentlich nicht um einen Prozess des Wählens. Wie aus dem Text zu erfahren ist, wurde zwischen den beiden Kandidaten (Josef Barsabbas, mit dem römischen Zusatznamen Justus, und Matthias) per Los entschieden und nicht durch Abstimmung.
Immerhin war eine Gruppe von insgesamt 120 «Brüdern» aus diesem Anlass versammelt (Apg 1,15), so dass alleine die Bestimmung zweier Kandidaten eine Herausforderung dargestellt haben muss. Wie das geschehen ist, beschreibt die Apostelgeschichte leider nicht im Detail,allerdings heißt es: «sie stellten zwei auf» (Apg 1,23).
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese Aufstellung in der Tat durch Mehrheitsfindung unter den verbliebenen Elf stattgefunden haben muss, so dass eine Mischung aus Wahl und Losentscheid zur Bestimmung des zwölften Apostels führte.
Eindeutiger zeigt sich die Wahl von sieben «Armenpflegern» (Apg 6,17), die sich um die Versorgung der Witwen kümmern sollten. In diesem Falle riefen «die Zwölf» alle Jünger zusammen, um aus ihren Reihen sieben Männer «wählen zu lassen», die für diesen speziellen diakonischen Dienst verantwortlich gemacht und dafür «eingesegnet» wurden.
Interessant an dieser ersten echten Wahl sind die Begleitumstände, denn ein «Murren» unter den Jüngern ging der Entscheidung voran, da die «griechischen» Jünger sich von den judenchristlichen «hebräischen» benachteiligt fühlten und behaupteten, dass ihre Witwen stets übersehen würden.
Diese Wahl ist folglich von einer Fraktionierung geprägt, sie ist sogar unmittelbarer Ausdruck von differenten Gruppen mit deren unterschiedlichen Interessen. Die Wahl erweist sich als die geeignete Methode, auseinander gehende Interessen einem Mehrheitsvotum zu unterwerfen, um letztlich Einmütigkeit zu erhalten.
«Zwietracht» und Fraktionierung bilden die Grundlage für die Apostelversammlung in Jerusalem (Apg 15), bei der die «Partei der Pharisäer, die gläubig geworden waren», gegen heidenchristliche Ambitionen und die Aktivitäten des Paulus opponiert.
Die Beschlüsse, die daraufhin getroffen werden, beruhen möglicherweise auf einem Abstimmungsverfahren, von dem es wörtlich heißt: «einmütig versammelt, beschlossen» sie (Apg 15,25), wobei das Komma durchaus von Bedeutung ist, denn die Einmütigkeit bezieht sich offensichtlich nur auf die Versammlung, nicht jedoch auf den Beschluss.
Insgesamt steht hier die Frage der Konfliktbereinigung im Vordergrund, die wahrscheinlich durch Abstimmungsverfahren begleitet war, nicht jedoch ein Wahlverfahren, bei dem es um die Nominierung von Ämtern geht. Diese Form des Abstimmens in Meinungsverschiedenheiten ist von dem auf Personen bezogenen Vorgang des Wählens zu unterscheiden.
Aus der Betrachtung von unterschiedlichen Wahlsituationen im Neuen Testament sind folgende Überlegungen abzuleiten:
- In der Urgemeinde wird das Wählen durch Losentscheide begleitet und damit «dem Vertrauen auf göttliche Fügung» Ausdruck verliehen, das zumindest gleichberechtigt an die Seite der «menschlichen Meinungsbildung» tritt.
- Als Ausdruck der «Mehrheitsbildung» ist die Wahl im Kontext des Neuen Testaments durch «Fraktionierung» geprägt und stellt diese Form der Interessenkollision auch deutlich heraus.
- Wahlen finden in einmütiger Versammlung statt, aber sie führen nicht zwangsläufig auch zu einstimmigen Ergebnissen.
- Wie die Nachwahl des Apostels Matthias zeigt, setzt das Verfahren des Wählens in der Tat die Möglichkeit der Auswahl voraus. Wahl ist insofern auch im Bereich der Kirche niemals nur Akklamation.
In Kurhessen-Waldeck gehören mindestens vier, höchstens 15 gewählte Mitglieder und Pfarrer/innen dem Kirchenvorstand an.
Wahlberechtigt ist jedes Gemeindemitglied, das am Wahltag das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat. Wählbar ist jedes Gemeindeglied, das zur Zeit der Wahl 18 Jahre alt ist.
aus: Grundordnung EKKW Art. 14-18 und Kirchengesetz über die Wahl und Berufung zum Kirchenvorstand