Dienstag, 22. November 2011
Hofgeismar (medio). Der Leitende Jurist der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Vizepräsident Dr. Volker Knöppel, hält die Fortsetzung der Einsparbemühungen in den Haushalten der Landeskirche für unbedingt erforderlich. Seit 2006 verfolge die Finanzpolitik der Landeskirche einen Konsolidierungsplan, der bis 2011 in drei Doppelhaushalten umgesetzt worden sei. Auch der Doppelhaushalt 2012/2013 werde ein Sparhaushalt sein, sagte Knöppel in seinem Finanzbericht am Dienstag (22.11.) vor der Landessynode in Hofgeismar. «Ziel dieser und vorausgegangener Konsolidierungsbestrebungen war und ist, das Ausgabeverhalten an die Steuerentwicklung anzupassen», so der Vizepräsident.
Gesamtkirchensteueraufkommen sinkt bei momentaner Erholung
Das Kirchensteueraufkommen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beziffere sich laut Knöppel im Jahr 2010 insgesamt auf 4,25 Mrd. Euro - ein Rückgang von 2,4 Prozent gegenüber dem Jahr 2009. Die Landeskirche liege mit einem pro Kopf Kirchensteueraufkommen von 140,17 Euro pro Jahr im Rahmen der 22 EKD-Kirchen auf dem 14. Platz. Insgesamt seien die landeskirchlichen Einnahmen gegenüber 2009 um 5,4 Prozent gesunken. So seien im Jahr 2009 rund 124,9 Mio. Euro eingenommen worden, in 2010 seien es nur noch 117,6 Mio. Euro gewesen. Für das laufende Haushaltsjahr 2011 seien die Einnahmen seit August leicht angestiegen. Für die Schätzung des künftigen Steueraufkommens sei auch zu berücksichtigen, dass die Mitgliederzahl der Landeskirche im Sommer 2011 erstmals unter 900.000 gesunken sei; auch würden sich die Steuersenkungspläne der Bundesregierung sowie das EKD-interne Kirchenlohnsteuerverrechungsverfahren (Clearing) bemerkbar machen. Hier gehöre die Landeskirche immer noch zu den «Geberkirchen». Für den Kirchensteuerverwahr (Stand 2010: 95,3 Mio. Euro) werden rund 50 Prozent des landeskirchlichen Haushalts vorgehalten, für die angestrebten 75 Prozent seien für die kommenden Jahre weitere Aufstockungen notwendig. Für die Kapitalertragssteuer sieht der Bund ein automatisiertes Verfahren vor – bis dahin werde weiter über Abschläge in der EKD umgelegt.
Mit Staatsleistungen offen und transparent umgehen
In seinem Bericht merkte der Vizepräsident an, dass in den Medien wiederkehrend kritisch über Kirchenvermögen und Staatsleistungen berichtet werde. Hier könne die Kirche nur «offen und transparent mit dem Sachverhalt umzugehen, aber auch selbstbewusst», so Knöppel. In der Landeskirche würden sich für 2012 die Einnahmen aus Staatsleistungen auf 24,51 Mio. Euro, in 2013 auf 24,97 Mio. Euro belaufen. Das sei vom Volumen her gesehen der zweitgrößte Einnahmeposten. Diese Staatsleistungen beruhten auf den Kirchenverträgen mit den Ländern Thüringen und Hessen und seien in jeder Hinsicht verfassungskonform und hätten die Zustimmung der jeweiligen Landtage erhalten: «Sie sind vermögensrechtliche Ansprüche, auf deren Erfüllung wir einen Anspruch haben», so Knöppel. Im Nachhinein hätte isch als völlig richtig erweisen, dass im Jahre 2003 die gemeindlichen Baulasten abgelöst worden seien.
Beteiligung an der Finanzierung der EKD über Umlageverfahren
An der Finanzierung der EKD beteilige sich die Landeskirche über einen Schlüssel im Umlageverfahren. Dieser belaufe sich für das Jahr 2012 auf 2,52 Prozent (1,98 Mio. Euro für die allgemeine Umlage, 0,15 Mio. Euuro für das Diakonische Werk und 0,16 Mio. Euro für die Ostpfarrerversorgung). 1,42 Mio. Euro kämen dem Kirchlichen Entwicklungsdienst zu Gute, und schließlich flössen 5,29 Mio. Euro in die Finanzausgleichszahlungen an die EKD-Kirchen im Osten. Im Nachtragshaushalt 2011 fänden sich zudem 218.000 Euro für den Runden Tisch Heimerziehung.
Neue Einnahmequellen: Freiwilliges Kirchgeld, Fundraising und Stiftungen
Des Weiteren stellte der Vizepräsident aktuelle Projekte und Aufgabenfelder in der Landeskirche vor: In zwei Kirchenkreisen – Wolfhagen und Melsungen – habe die Einführung des freiwilligen Kirchgeldes zu «einer verlässlichen neuen Einnahmequelle» geführt. Dabei habe sich vor allem die dazu benutzte Software bewährt. Das gelte auch für das im Kirchenkreis Wolfhagen eingesetzte automatisierte Verfahren für das Kollektenwesen, das ab 1. Januar 2014 flächendeckend eingeführt werden soll. Auf dem Gebiet des Fundraising, des Spendenwesens, sei durch Pfarrer Joachim Pothmann als zuständigem Referenten des Landeskirchenamtes, eine zweijährige Ausbildung initiiert worden, «in der Pfarrer und Pfarrerinnen sowie Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter aus den Kirchenkreisämtern gemeinsam lernen», so der Vizepräsident. Dabei ginge es darum, Spender zu gewinnen und zu betreuen. Zunehmend an Bedeutung würden auch Stiftungen gewinnen, die das gesamte Spektrum des kirchlichen Lebens abdeckten. Im Bereich der Landeskirche gäbe es 62 kirchlich und diakonisch ausgerichtete Stiftungen, mit insgesamt rund 70 Mio. Euro Gesamtvermögen. Im Durchschnitt seien das 1,2 Mio. Euro pro Stiftung. «Die kirchliche und gesellschaftliche Anerkennung des kirchlichen Stiftungswesens ist hoch, die Beratung ist gut, die Begleitung ist professionell», sagte Knöppel. Schließlich wies der Vizepräsident darauf hin, dass der kommende Haushaltsplan der letzte im kameralistischen System sei. Ab 2012 werde, in der Buchführung wie in den Kommunen, mit der sogenannten Doppik gearbeitet.
Finanzentscheidungen orientieren sich an Leitfaden für ethisch nachhaltige Geldanlagen
Abschließend ging Dr. Knöppel auf Fragen des Leitfadens der EKD für ethisch nachhaltige Geldanlagen ein. Darin werde festgehalten, dass sich kirchliche Ordnungen an Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Sicherheit orientieren sollten, aber zugleich nicht im Widerspruch zum kirchlichen Auftrag stehen dürften. Dafür nenne das Papier Kriterien, an denen sich die Finanzentscheidungen der Landeskirche stets orientierten. Dabei sei die Evangelische Kreditgenossenschaft eG (EKK) ein guter und verlässlicher Partner.
Rechnungsprüfungsamt prüft und berät
Knöppel berichtete weiter, dass das Rechnungsprüfungsamt im vergangenen Jahr wieder Kassenprüfungen in den Kirchenkreis- und Stadtkirchenämtern, in kirchlichen Stiftungen, Einrichtungen und Körperschaften, sowie die Kassenprüfung des Landeskirchenamtes durchführte. Dabei übernehme das Rechnungsprüfungsamt nicht nur reine Prüfaufgaben, sondern berate und begleite den Prozess der Umstellung auf die Doppik. (22.11.2011)
Finanzbericht vor der Landessynode
Vizepräsident Knöppel: Konsolidierungsmaßnahmen werden fortgesetzt
Hofgeismar (medio). Der Leitende Jurist der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Vizepräsident Dr. Volker Knöppel, hält die Fortsetzung der Einsparbemühungen in den Haushalten der Landeskirche für unbedingt erforderlich. Seit 2006 verfolge die Finanzpolitik der Landeskirche einen Konsolidierungsplan, der bis 2011 in drei Doppelhaushalten umgesetzt worden sei. Auch der Doppelhaushalt 2012/2013 werde ein Sparhaushalt sein, sagte Knöppel in seinem Finanzbericht am Dienstag (22.11.) vor der Landessynode in Hofgeismar. «Ziel dieser und vorausgegangener Konsolidierungsbestrebungen war und ist, das Ausgabeverhalten an die Steuerentwicklung anzupassen», so der Vizepräsident.
Gesamtkirchensteueraufkommen sinkt bei momentaner Erholung
Das Kirchensteueraufkommen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beziffere sich laut Knöppel im Jahr 2010 insgesamt auf 4,25 Mrd. Euro - ein Rückgang von 2,4 Prozent gegenüber dem Jahr 2009. Die Landeskirche liege mit einem pro Kopf Kirchensteueraufkommen von 140,17 Euro pro Jahr im Rahmen der 22 EKD-Kirchen auf dem 14. Platz. Insgesamt seien die landeskirchlichen Einnahmen gegenüber 2009 um 5,4 Prozent gesunken. So seien im Jahr 2009 rund 124,9 Mio. Euro eingenommen worden, in 2010 seien es nur noch 117,6 Mio. Euro gewesen. Für das laufende Haushaltsjahr 2011 seien die Einnahmen seit August leicht angestiegen. Für die Schätzung des künftigen Steueraufkommens sei auch zu berücksichtigen, dass die Mitgliederzahl der Landeskirche im Sommer 2011 erstmals unter 900.000 gesunken sei; auch würden sich die Steuersenkungspläne der Bundesregierung sowie das EKD-interne Kirchenlohnsteuerverrechungsverfahren (Clearing) bemerkbar machen. Hier gehöre die Landeskirche immer noch zu den «Geberkirchen». Für den Kirchensteuerverwahr (Stand 2010: 95,3 Mio. Euro) werden rund 50 Prozent des landeskirchlichen Haushalts vorgehalten, für die angestrebten 75 Prozent seien für die kommenden Jahre weitere Aufstockungen notwendig. Für die Kapitalertragssteuer sieht der Bund ein automatisiertes Verfahren vor – bis dahin werde weiter über Abschläge in der EKD umgelegt.
Mit Staatsleistungen offen und transparent umgehen
In seinem Bericht merkte der Vizepräsident an, dass in den Medien wiederkehrend kritisch über Kirchenvermögen und Staatsleistungen berichtet werde. Hier könne die Kirche nur «offen und transparent mit dem Sachverhalt umzugehen, aber auch selbstbewusst», so Knöppel. In der Landeskirche würden sich für 2012 die Einnahmen aus Staatsleistungen auf 24,51 Mio. Euro, in 2013 auf 24,97 Mio. Euro belaufen. Das sei vom Volumen her gesehen der zweitgrößte Einnahmeposten. Diese Staatsleistungen beruhten auf den Kirchenverträgen mit den Ländern Thüringen und Hessen und seien in jeder Hinsicht verfassungskonform und hätten die Zustimmung der jeweiligen Landtage erhalten: «Sie sind vermögensrechtliche Ansprüche, auf deren Erfüllung wir einen Anspruch haben», so Knöppel. Im Nachhinein hätte isch als völlig richtig erweisen, dass im Jahre 2003 die gemeindlichen Baulasten abgelöst worden seien.
Beteiligung an der Finanzierung der EKD über Umlageverfahren
An der Finanzierung der EKD beteilige sich die Landeskirche über einen Schlüssel im Umlageverfahren. Dieser belaufe sich für das Jahr 2012 auf 2,52 Prozent (1,98 Mio. Euro für die allgemeine Umlage, 0,15 Mio. Euuro für das Diakonische Werk und 0,16 Mio. Euro für die Ostpfarrerversorgung). 1,42 Mio. Euro kämen dem Kirchlichen Entwicklungsdienst zu Gute, und schließlich flössen 5,29 Mio. Euro in die Finanzausgleichszahlungen an die EKD-Kirchen im Osten. Im Nachtragshaushalt 2011 fänden sich zudem 218.000 Euro für den Runden Tisch Heimerziehung.
Neue Einnahmequellen: Freiwilliges Kirchgeld, Fundraising und Stiftungen
Des Weiteren stellte der Vizepräsident aktuelle Projekte und Aufgabenfelder in der Landeskirche vor: In zwei Kirchenkreisen – Wolfhagen und Melsungen – habe die Einführung des freiwilligen Kirchgeldes zu «einer verlässlichen neuen Einnahmequelle» geführt. Dabei habe sich vor allem die dazu benutzte Software bewährt. Das gelte auch für das im Kirchenkreis Wolfhagen eingesetzte automatisierte Verfahren für das Kollektenwesen, das ab 1. Januar 2014 flächendeckend eingeführt werden soll. Auf dem Gebiet des Fundraising, des Spendenwesens, sei durch Pfarrer Joachim Pothmann als zuständigem Referenten des Landeskirchenamtes, eine zweijährige Ausbildung initiiert worden, «in der Pfarrer und Pfarrerinnen sowie Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter aus den Kirchenkreisämtern gemeinsam lernen», so der Vizepräsident. Dabei ginge es darum, Spender zu gewinnen und zu betreuen. Zunehmend an Bedeutung würden auch Stiftungen gewinnen, die das gesamte Spektrum des kirchlichen Lebens abdeckten. Im Bereich der Landeskirche gäbe es 62 kirchlich und diakonisch ausgerichtete Stiftungen, mit insgesamt rund 70 Mio. Euro Gesamtvermögen. Im Durchschnitt seien das 1,2 Mio. Euro pro Stiftung. «Die kirchliche und gesellschaftliche Anerkennung des kirchlichen Stiftungswesens ist hoch, die Beratung ist gut, die Begleitung ist professionell», sagte Knöppel. Schließlich wies der Vizepräsident darauf hin, dass der kommende Haushaltsplan der letzte im kameralistischen System sei. Ab 2012 werde, in der Buchführung wie in den Kommunen, mit der sogenannten Doppik gearbeitet.
Finanzentscheidungen orientieren sich an Leitfaden für ethisch nachhaltige Geldanlagen
Abschließend ging Dr. Knöppel auf Fragen des Leitfadens der EKD für ethisch nachhaltige Geldanlagen ein. Darin werde festgehalten, dass sich kirchliche Ordnungen an Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Sicherheit orientieren sollten, aber zugleich nicht im Widerspruch zum kirchlichen Auftrag stehen dürften. Dafür nenne das Papier Kriterien, an denen sich die Finanzentscheidungen der Landeskirche stets orientierten. Dabei sei die Evangelische Kreditgenossenschaft eG (EKK) ein guter und verlässlicher Partner.
Rechnungsprüfungsamt prüft und berät
Knöppel berichtete weiter, dass das Rechnungsprüfungsamt im vergangenen Jahr wieder Kassenprüfungen in den Kirchenkreis- und Stadtkirchenämtern, in kirchlichen Stiftungen, Einrichtungen und Körperschaften, sowie die Kassenprüfung des Landeskirchenamtes durchführte. Dabei übernehme das Rechnungsprüfungsamt nicht nur reine Prüfaufgaben, sondern berate und begleite den Prozess der Umstellung auf die Doppik. (22.11.2011)
file_download Im Wortlaut:
Lesen Sie hier den Bericht von Vizepräsident Volker Knöppel im Wortlaut:
arrow_forward Nachgefragt:
Vizepräsident Knöppel im medio-Interview über die Finanzsituation der Landeskirche, die Auswirkungen der Finanzkrise und neue Ideen für zusätzliche Finanzquellen der Kirche.
(alle Fotos: medio.tv/Schauderna)