Montag, 21. November 2005

Montag: Bischof Hein unterstreicht fundamentale Bedeutung der Taufe

Hofgeismar (medio). Mit dem Bericht von Bischof Dr. Martin Hein, der in diesem Jahr unter dem Titel «Gelebte Taufe» steht, haben die Mitglieder der Landessynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck am Montagmittag in Hofgeimar ihre Beratungen aufgenommen. In seinem Bericht unterstrich der Bischof vor den 90 Synodalen die fundamentale Bedeutung der Taufe für das Christsein und skizzierte auf diesem Hintergrund aktuelle Herausforderungen an das kirchliche Handeln. 

100 000 Menschen in den letzten zehn Jahren in Kurhessen-Waldeck getauft - Taufen anlässlich der Konfirmation und nach dem 14. Lebensjahr nehmen zu

Mehr als 100 000 Menschen wurden in den letzten zehn Jahren in die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck getauft. Dabei sind die Zahlen von Jahr zu Jahr schwankend: Die höchste Zahl wurde 1998 mit 11.292 Taufen erreicht, die niedrigste war 2004 mit 8.744 Taufen zu verzeichnen. Der Rückgang im letzten Jahr ist maßgeblich durch den Bevölkerungsrückgang, vor allem in den strukturschwachen Regionen der Landeskirche, zu erklären. Hinzu komme, so Hein, eine Abwanderung junger Familien in Gegenden außerhalb der Landeskirche, in denen Arbeitsplätze zu finden seien. Dadurch würden weniger Kinder getauft, was sich in der Statistik niederschlage.  
Auffällig sei, dass die Zahl der Taufen anlässlich der Konfirmation und nach dem 14. Lebensjahr kontinuierlich steigt. Waren in den Achtziger Jahren nur rund 2 Prozent der Personen, die sich taufen ließen, älter als 14 Jahre, so sind es jetzt schon mehr als 7 Prozent. Zu diesem Personenkreis zählen Spätaussiedlerfamilien, aber auch Menschen, die sich etwa anlässlich der Eheschließung in späteren Jahren taufen lassen. Es sei wichtig, angemessene liturgische Formen für die Taufe dieser Personenkreise zu entwickeln. Bislang seien die Vorlagen im Wesentlichen auf die Säuglingstaufe ausgerichtet. «Es lohnt sich, für die Taufe zu werben und Menschen auf die bislang unterbliebene Taufe anzusprechen. Das sollte unaufdringlich und kreativ geschehen», betonte Hein.

«Kein Zurück auf dem Weg der Ökumene - Zeit der ökumenischen Ehrlichkeit» -  Evangelische Absage an das Papstamt - Allgemeines Priestertum der Getauften

Mit Blick auf die Situation der Ökumene unterstrich der Bischof: «Die Taufe im Namen des dreieinigen Gottes ist das entscheidende Band zwischen den christlichen Konfessionen.» Er könne entgegen anderslautenden Behauptungen derzeit keinen  Stillstand der Ökumene feststellen, wohl aber eine gewachsene «ökumenische Ehrlichkeit», sagte Hein. Nicht zuletzt die hohe Aufmerksamkeit beim Wechsel im Papstamt und beim Besuch Benedikt XVI. in Deutschland hätte evangelische Christen ihrerseits die Bedeutung der Wurzeln ihres Bekenntnisses und der evangelischen Form, Kirche zu sein, wiederentdecken lassen. An die Stelle der früheren Gefahr, evangelisches Christsein im ökumenischen Dialog zu verbergen, sei nunmehr ein gut begründetes Selbstbewusstein getreten. «Einander sein lassen zu können wie wir sind und nach Möglichkeiten des gemeinsamen Zeugnisses in unserer Gesellschaft zu fragen, ist für mich das Gebot der Stunde. Posititionalität verhindert nicht die Ökumene, sondern ermöglicht sie erst», erklärte der Bischof.  
Hein machte deutlich, dass die von der «Bild-Zeitung» geprägte Titelzeile «Wir sind Papst»  sich mit Martin Luther evangelisch deuten lasse: «Was aus der Taufe gekrochen ist, das mag sich rühmen, dass es schon Priester, Bischof und Papst ist.» Diese Vorstellung des allgemeinen Priestertums aller Getauften habe konkrete Folge für das Verständnis der evangelischen Kirche und ihre jeweilige Sozialgestalt. Das «neidvolle Schielen auf das medienwirksame Papstamt» widerspreche deshalb schon im Ansatz der reformatorischen Erkenntnis.
Die Besinnung auf das eigene evangelische Profil dürfe allerdings nur in «Kraft, Liebe und Besonnenheit geschehen.» Bei aller Aufgeregtheit im Miteinander der christlichen Konfessionen gelte es festzuhalten: «Ein Zurück auf dem Weg der Ökumene gibt es nicht!» In diesem Zusammenhang verwies der Bischof auf zahlreiche Projekte, bei der evangelische und katholische Kirche gemeinsam in der Öffentlichkeit auftreten werden: so auf dem Hessentag 2006 in Hessisch Lichtenau und der Landesgartenschau in Bad Wildungen. Auch mit Blick auf das Elisabeth-Jahr 2007 sei in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau eine enge Abstimmung und ein gemeinsames Veranstaltungsprogramm mit dem Bistum Fulda bei konfessionell unterschiedlicher Akzentsetzung angestrebt.

Taufe und Kirchenmitgliedschaft: «Sie können nicht Christ ohne Kirche sein!» - Kircheneintrittsstellen in der Landeskirche bewähren sich - weitere erwünscht

Hein unterstich die enge Zusammengehörigkeit von Taufe und Kirchenmitgliedschaft. Jeder Kirchenaustritt müsse ernstgenommen werden und sei eine kritische Anfrage an die Kirche. Zwar entscheide Gott und nicht der Kirchenaustritt über die Frage des ewigen Heils, doch gebe es zwischen der Taufe und der Kirchenzugehörigkeit einen unaufgebbaren Zusammenhang. «Auf den oft gehörten Satz ‚Ich kann Christ sein ohne die Kirche‘ wage ich deshalb zu antworten: ‚Nein, das können Sie nicht!‘ ohne den Eindruck zu erwecken, eine Aussage über Gottes Gericht und Gnade zu treffen,» erläuterte der Bischof. Wer aus der evangelischen Kirche austrete und damit die Gemeinschaft evangelischer Christen verlasse, bekunde damit, kein evangelischer Christ mehr sein zu wollen und in dieser Entscheidung auch respektiert zu werden,  Eine «virtuelle Zugehörigkeit zum Leib Christi» gebe es nicht.
Positiv wertete der Bischof neue Bemühungen um Menschen, die der Kirche den Rücken gekehrt haben. Als gelungenes Beispiel hierfür nannte der Bischof die Aktion «Anderen begegnen – Mitglieder gewinnen», die vor allem Kirchenvorständen Impulse geben, wie Menschen für die Kirche (wieder) zu gewinnen seien.
Auch hätten sich die Kircheneintrittsstellen in der Landeskirche bewährt. Hein regte an, dass weitere Gemeinden an herausgehobenen Orten diesem Beispiel folgen sollten. «Es gibt viele gute Gründe, der evangelischen Kirche anzugehören und in ihr mitzumachen. Es liegt auch an uns, das einladend zu vermitteln», betonte Hein.    

Taufverantwortung: Begleitung durchs Leben - für Kinder und Erwachsene

Hein betonte, dass es gelte, die Taufe ein Leben lang verantwortlich zu begleiten:  Dies beginne beim Patenamt, das in seiner Bedeutung neu ins Bewusstsein zu rufen und zu fördern sei. Ebenso wichtig seienTaufseminare und Erwachsenenkatechumenat für Eltern und Paten, um die Weitergabe des Glaubenswissens zu ermöglichen. Taufgottesdienste sollten die Wünsche der Familie wie das Anliegen der Gemeinden zusammenführen. Auch sollten jährlich stattfindende Taufgedächtnisgottesdienste das Band zwischen Kirchengemeinden und Familien stärken. Eine besondere Rolle komme auch den evangelischen Kindertagesstätten bei: Sie sollten ihre Taufverantwortung darin wahrnehmen, in der frühsten biographischen Phase Kindern den Glauben zu vermitteln. Es sei deshalb wichtig, den Kontakt zwischen den Kindergärten und den Kirchengemeinden zu verstärken. Schließlich sei der Konfirmandenunterricht als einer genuin hessischen Errungenschaft eine gute Gelegenheit, zum Glauben einzuladen. Er solle nicht den Religionsunterricht in der Schule verdoppeln, sondern ein eigenes Gepräge haben.
Abschließend dankte Hein allen, die sich haupt- oder nebenberuflich oder ehrenamtlich für die Landeskirche einsetzen. Der «große Schatz» engagierter Menschen zeige, dass das allgemeine Priestertum aller Gläubigen keine Fiktion, sondern Realität sei. Es sei «gelebte Taufe», betonte der Bischof. (21.11.2005)

2005-11-23 1271

Bischofsbericht «Gelebte Taufe»
Bischof Hein unterstreicht fundamentale Bedeutung der Taufe

 

Hofgeismar (medio). Mit dem Bericht von Bischof Dr. Martin Hein, der in diesem Jahr unter dem Titel «Gelebte Taufe» steht, haben die Mitglieder der Landessynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck am Montagmittag in Hofgeimar ihre Beratungen aufgenommen. In seinem Bericht unterstrich der Bischof vor den 90 Synodalen die fundamentale Bedeutung der Taufe für das Christsein und skizzierte auf diesem Hintergrund aktuelle Herausforderungen an das kirchliche Handeln. 

100 000 Menschen in den letzten zehn Jahren in Kurhessen-Waldeck getauft - Taufen anlässlich der Konfirmation und nach dem 14. Lebensjahr nehmen zu

Mehr als 100 000 Menschen wurden in den letzten zehn Jahren in die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck getauft. Dabei sind die Zahlen von Jahr zu Jahr schwankend: Die höchste Zahl wurde 1998 mit 11.292 Taufen erreicht, die niedrigste war 2004 mit 8.744 Taufen zu verzeichnen. Der Rückgang im letzten Jahr ist maßgeblich durch den Bevölkerungsrückgang, vor allem in den strukturschwachen Regionen der Landeskirche, zu erklären. Hinzu komme, so Hein, eine Abwanderung junger Familien in Gegenden außerhalb der Landeskirche, in denen Arbeitsplätze zu finden seien. Dadurch würden weniger Kinder getauft, was sich in der Statistik niederschlage.  
Auffällig sei, dass die Zahl der Taufen anlässlich der Konfirmation und nach dem 14. Lebensjahr kontinuierlich steigt. Waren in den Achtziger Jahren nur rund 2 Prozent der Personen, die sich taufen ließen, älter als 14 Jahre, so sind es jetzt schon mehr als 7 Prozent. Zu diesem Personenkreis zählen Spätaussiedlerfamilien, aber auch Menschen, die sich etwa anlässlich der Eheschließung in späteren Jahren taufen lassen. Es sei wichtig, angemessene liturgische Formen für die Taufe dieser Personenkreise zu entwickeln. Bislang seien die Vorlagen im Wesentlichen auf die Säuglingstaufe ausgerichtet. «Es lohnt sich, für die Taufe zu werben und Menschen auf die bislang unterbliebene Taufe anzusprechen. Das sollte unaufdringlich und kreativ geschehen», betonte Hein.

«Kein Zurück auf dem Weg der Ökumene - Zeit der ökumenischen Ehrlichkeit» -  Evangelische Absage an das Papstamt - Allgemeines Priestertum der Getauften

Mit Blick auf die Situation der Ökumene unterstrich der Bischof: «Die Taufe im Namen des dreieinigen Gottes ist das entscheidende Band zwischen den christlichen Konfessionen.» Er könne entgegen anderslautenden Behauptungen derzeit keinen  Stillstand der Ökumene feststellen, wohl aber eine gewachsene «ökumenische Ehrlichkeit», sagte Hein. Nicht zuletzt die hohe Aufmerksamkeit beim Wechsel im Papstamt und beim Besuch Benedikt XVI. in Deutschland hätte evangelische Christen ihrerseits die Bedeutung der Wurzeln ihres Bekenntnisses und der evangelischen Form, Kirche zu sein, wiederentdecken lassen. An die Stelle der früheren Gefahr, evangelisches Christsein im ökumenischen Dialog zu verbergen, sei nunmehr ein gut begründetes Selbstbewusstein getreten. «Einander sein lassen zu können wie wir sind und nach Möglichkeiten des gemeinsamen Zeugnisses in unserer Gesellschaft zu fragen, ist für mich das Gebot der Stunde. Posititionalität verhindert nicht die Ökumene, sondern ermöglicht sie erst», erklärte der Bischof.  
Hein machte deutlich, dass die von der «Bild-Zeitung» geprägte Titelzeile «Wir sind Papst»  sich mit Martin Luther evangelisch deuten lasse: «Was aus der Taufe gekrochen ist, das mag sich rühmen, dass es schon Priester, Bischof und Papst ist.» Diese Vorstellung des allgemeinen Priestertums aller Getauften habe konkrete Folge für das Verständnis der evangelischen Kirche und ihre jeweilige Sozialgestalt. Das «neidvolle Schielen auf das medienwirksame Papstamt» widerspreche deshalb schon im Ansatz der reformatorischen Erkenntnis.
Die Besinnung auf das eigene evangelische Profil dürfe allerdings nur in «Kraft, Liebe und Besonnenheit geschehen.» Bei aller Aufgeregtheit im Miteinander der christlichen Konfessionen gelte es festzuhalten: «Ein Zurück auf dem Weg der Ökumene gibt es nicht!» In diesem Zusammenhang verwies der Bischof auf zahlreiche Projekte, bei der evangelische und katholische Kirche gemeinsam in der Öffentlichkeit auftreten werden: so auf dem Hessentag 2006 in Hessisch Lichtenau und der Landesgartenschau in Bad Wildungen. Auch mit Blick auf das Elisabeth-Jahr 2007 sei in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau eine enge Abstimmung und ein gemeinsames Veranstaltungsprogramm mit dem Bistum Fulda bei konfessionell unterschiedlicher Akzentsetzung angestrebt.

Taufe und Kirchenmitgliedschaft: «Sie können nicht Christ ohne Kirche sein!» - Kircheneintrittsstellen in der Landeskirche bewähren sich - weitere erwünscht

Hein unterstich die enge Zusammengehörigkeit von Taufe und Kirchenmitgliedschaft. Jeder Kirchenaustritt müsse ernstgenommen werden und sei eine kritische Anfrage an die Kirche. Zwar entscheide Gott und nicht der Kirchenaustritt über die Frage des ewigen Heils, doch gebe es zwischen der Taufe und der Kirchenzugehörigkeit einen unaufgebbaren Zusammenhang. «Auf den oft gehörten Satz ‚Ich kann Christ sein ohne die Kirche‘ wage ich deshalb zu antworten: ‚Nein, das können Sie nicht!‘ ohne den Eindruck zu erwecken, eine Aussage über Gottes Gericht und Gnade zu treffen,» erläuterte der Bischof. Wer aus der evangelischen Kirche austrete und damit die Gemeinschaft evangelischer Christen verlasse, bekunde damit, kein evangelischer Christ mehr sein zu wollen und in dieser Entscheidung auch respektiert zu werden,  Eine «virtuelle Zugehörigkeit zum Leib Christi» gebe es nicht.
Positiv wertete der Bischof neue Bemühungen um Menschen, die der Kirche den Rücken gekehrt haben. Als gelungenes Beispiel hierfür nannte der Bischof die Aktion «Anderen begegnen – Mitglieder gewinnen», die vor allem Kirchenvorständen Impulse geben, wie Menschen für die Kirche (wieder) zu gewinnen seien.
Auch hätten sich die Kircheneintrittsstellen in der Landeskirche bewährt. Hein regte an, dass weitere Gemeinden an herausgehobenen Orten diesem Beispiel folgen sollten. «Es gibt viele gute Gründe, der evangelischen Kirche anzugehören und in ihr mitzumachen. Es liegt auch an uns, das einladend zu vermitteln», betonte Hein.    

Taufverantwortung: Begleitung durchs Leben - für Kinder und Erwachsene

Hein betonte, dass es gelte, die Taufe ein Leben lang verantwortlich zu begleiten:  Dies beginne beim Patenamt, das in seiner Bedeutung neu ins Bewusstsein zu rufen und zu fördern sei. Ebenso wichtig seienTaufseminare und Erwachsenenkatechumenat für Eltern und Paten, um die Weitergabe des Glaubenswissens zu ermöglichen. Taufgottesdienste sollten die Wünsche der Familie wie das Anliegen der Gemeinden zusammenführen. Auch sollten jährlich stattfindende Taufgedächtnisgottesdienste das Band zwischen Kirchengemeinden und Familien stärken. Eine besondere Rolle komme auch den evangelischen Kindertagesstätten bei: Sie sollten ihre Taufverantwortung darin wahrnehmen, in der frühsten biographischen Phase Kindern den Glauben zu vermitteln. Es sei deshalb wichtig, den Kontakt zwischen den Kindergärten und den Kirchengemeinden zu verstärken. Schließlich sei der Konfirmandenunterricht als einer genuin hessischen Errungenschaft eine gute Gelegenheit, zum Glauben einzuladen. Er solle nicht den Religionsunterricht in der Schule verdoppeln, sondern ein eigenes Gepräge haben.
Abschließend dankte Hein allen, die sich haupt- oder nebenberuflich oder ehrenamtlich für die Landeskirche einsetzen. Der «große Schatz» engagierter Menschen zeige, dass das allgemeine Priestertum aller Gläubigen keine Fiktion, sondern Realität sei. Es sei «gelebte Taufe», betonte der Bischof. (21.11.2005)


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