Ostern
Ostern 2021
Es sollte ihm keine Arbeit mehr machen.
Also entfernte er die Grasnarbe.
Und dann befüllte er den Boden mit feinem Schotter und stampfte ihn fest.
Darüber legte nun ein dichtes Flies.
Dieses verhindert das Aufwachsen unerwünschten Grüns.
Zuletzt bedeckte er die Folie ganz mit kantigen Schottersteinen. Für den Herbst kaufte er sich ein kräftiges Laubgebläse aus dem Baumarkt. Damit wird kräftig zwischen die Fugen gepustet. Alles muss raus. Im Frühjahr zur Vorsicht eine Portion Unkrauttod. Es darf auch ein wenig mehr sein. Fertig war der pflegeleichte Vorgarten.
Kein Rasenmähen, kein Wildwuchs mehr, kein Unkraut, kein krabbelndes Getier. Alles hatte seine Ordnung.
Er war mit seiner Arbeit zufrieden.
Die Soldaten haben ganze Arbeit geleistet.
Nachdem das Todesurteil gesprochen war,
haben sie ihn gefoltert und grob misshandelt.
Den Rücken haben sie mit einer Peitsche blutig geschlagen.
Bespuckt und beleidigt haben sie ihn.
Aus spitzen Dornen haben sie eine Krone geflochten und fest auf seinen Kopf gedrückt bis es blutete.
Die Dornen drangen in die Haut und in das Fleisch.
Die Krone hielt.
Eine eigenartige Angst blieb, dass Gott eingreifen könnte, obwohl sie doch eigentlich nichts mit diesem Gott zu schaffen hatten.
Es hieß, dieser Mensch sei Gottes Sohn.
Zwischenzeitlich kamen ihnen Zweifel:
Wenn das stimmt?
Würde Gott eingreifen?
Doch mit jedem Peitschenhieb, mit dem sie offensichtlich ungestraft auf den Rücken dieses Mannes einschlugen,
beruhigten sich ihre Herzen und das schlechte Gewissen. Sie kreuzigten ihn.
Sie beobachteten ihn.
Sie prüften, dass er tot sei.
Sicherheitshalber brachen Sie ihm das Genick.
Sie waren mit ihrer Arbeit zufrieden.
Genesis 1, 12: Und die Erde lies aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringt, ein jedes nach seiner Art, und Bäume, die da Früchte tragen, in denen ihr Same ist, ein jeder nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.
Viele ganz unscheinbare Helfer hat Gott:
Die absterbenden Blätter im Herbst.
Sie fallen und fliegen und faulen, befüllen Fugen und Ritzen. Sie bilden Humus.
Und dann erst der Wind. Er trägt die Samen weit hinaus. Eichhörnchen vergraben Eicheln und vergessen sie, Vögel essen Früchte und scheiden den Samen aus. Sie bringen Samen und Früchte ein jedes nach seiner Art.
Es ist eine unbändige Kraft in den Samen.
Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig.
Die Freunde des Toten gaben keine Ruhe.
Sie ließen sich den Leichnam geben, ihn zu bestatten. Man verwehrte es ihnen nicht.
Zur Sicherheit wurden zwei Soldaten abgestellt. Sie sollten das Grab bewachen.
Ob es nun ein langer Arbeitstag war,
oder ob sie ein Glas zu viel getrunken hatten?
Müdigkeit überkam sie. Sie schliefen ein.
Und als am Sonntagmorgen die Sonne aufging, hell und warm, wurden sie von den ersten Sonnenstrahlen wachgekitzelt.
Sie standen auf und sahen zu ihrem Entsetzen das Grab, das sie bewachen sollten, wie es offen stand. Der schwere Stein war weggewälzt. Der Leichnam war fort.
Und sie hörten Frauen, die riefen: Er lebt.
Die Steinwüste gab keine Ruhe.
Er wusste nicht, ob er sich wundern oder ärgern sollte. Moos bildete sich auf den Steinen. Dann wuchsen kleine eigentlich ganz unscheinbare Kräuter auf wie die ersten Barthaare am Kinn eines pubertierenden Jünglings. Später erblühte Löwenzahn.
An den Rändern schlugen Gänseblümchen auf, und Ahorn zwischen den Fugen.
Im nächsten Jahr ein Kirschbaumsprössling.
Er hatte wirklich alles für den Tod getan.
Und doch, im Frühjahr erinnerte ihn das Leben in grünen Stängeln und Blätter, in weißen und gelben Blüten daran, wer hier das letzte Wort hat.
Mit den Jahren wurde er älter, schwächer und barmherziger. Er gab den Widerstand auf.
Weitere Kräuter gesellten sich nun hinzu.
Sein Kirschbaumsprössling ging ihm inzwischen bis zur Hüfte. Und in diesem Jahr trug er erste weiße Blüten.
Dann, kurz vor Ostern kaufte er sich eine Handvoll Samen und streute sie zwischen die Steine. Es war neugierig geworden, was der Sommer bringen würde. Eine diebische Freude breitete sich in seinem Herzen aus.
Während ich schwächer werde, ist da eine unbändige Kraft, die nicht tot zu kriegen ist.
Er hatte den Kampf gegen das Leben verloren und war glücklich dabei.
Der Prophet Jesaja schreibt
(vgl. Jesaja 52,13-15; 53, 1-12)
Seht den Knecht Gottes.
Er wuchs auf wie ein Spross,
wie eine Wurzel, die kein Erdreich hat.
Von eher schlichter Gestalt war er, und wie ein König sah er nicht aus.
Man hat ihn verachtet und verspottet.
Er war ein Mann voller Schmerzen und Wunden, dass man nicht hinschauen mochte.
Aber er trug ein Leiden, das wir kennen,
er nahm auf sich Schmerzen,
die unseren Schmerzen gleichen.
Wir hielten ihn für einen Looser,
verachtet, geschlagen und gemartert.
Doch es ist unsere Verachtung es ist unser Verlorensein, es ist unser Irrweg.
Unsere Missetat hat ihn zu Tode gebracht.
Und uns hat er das Leben geschenkt.
In seinem Leiden sprosst unser Frieden.
Als die Zeit für ihn gekommen schien,
setzte er ein Testament auf.
Wenn ich einmal sterbe,
dann pflanzt mich auf dem Friedhof ein.
Füllt meine Hosentaschen mit Äpfeln und Birnen oder Kirschen, was immer ihr findet.
Legt, wenn ihr wollt, einen Stein auf mein Grab – aber wundert euch nicht, wenn er eines Tages zerbricht, und der Friede Gottes,
der Hass und Tod überwindet, bewahre Eure Herzen und Sinnen in Jesus Christus.
Amen.
Lied:
Alle Knospen springen auf, fangen an zu blühen
Alle le Nächte werden hell, fangen an zu glühen. Knospen blühen, Nächte glühen.
Alle Menschen auf der Welt fangen an zu teilen. Alle Wunden auf der Welt fangen an zu heilen. Menschen teilen, Wunden heilen,
Knospen blühen, Nächte glühen.
Alle Augen springen auf. fangen an zu sehen.
Alle Lahmen stehen auf, fangen an zu gehen.
Augen sehen; Lahme gehen, Menschen teilen, Wunden heilen, Knospen blühen, Nächte glühen.
Alle Stummen hier und da fangen an zu grüßen. Alle Mauern tot und hart werden weich und fließen. Stumme grüßen, Mauern fließen. Augen sehen, Lahme gehen,
Menschen teilen, Wunden heilen,
Knospen blühen, Nächte glühen.
Alle Knospen springen auf fangen an zu blühen.
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