Vizepräsident Dr. Knöppel während seines Berichts in der Evangelischen Tagungsstätte Hofgeismar. (Foto: medio.tv/Schauderna)

Vizepräsident Dr. Knöppel während seines Berichts in der Evangelischen Tagungsstätte Hofgeismar. (Foto: medio.tv/Schauderna)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 23 Nov 2021

Hofgeismar (medio). Im Vergleich mit anderen Landeskirchen und Bistümern ist die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) relativ glimpflich durch das erste Jahr der Corona-Pandemie gekommen. Zu diesem Schluss kommt Dr. Volker Knöppel, Vizepräsident der EKKW. Aufgrund zahlreicher Renteneintritte in den kommenden Jahren werde die Landeskirche aber an Kirchensteuern einbüßen, heißt es in einer Mitteilung der Pressestelle. Am Dienstag (23.11.) legte Knöppel während der digitalen Tagung der Landessynode seinen Finanzbericht vor.

Im «Corona-Jahr» 2020 waren die Kirchensteuereinnahmen der EKKW erstmals leicht gesunken. Das Gesamtaufkommen lag bei rund 194 Mio. Euro, berichtete Knöppel. Im Vergleich zum Jahr 2019 verzeichnete die Landeskirche 2020 eine Minderung der Kirchensteuereinnahmen von «nur» 564.000 Euro; das entspreche einem Minus von 0,29 Prozent. Im laufenden Jahr gebe es nun wieder eine Steigerung: Trotz der weiterhin schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien die Kirchensteuereinnahmen um 5,98 Prozent gestiegen (Stand Oktober 2021).

(Foto: medio.tv/Schauderna)

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Die EKKW stehe mit ihrem Zwischenergebnis der Kirchensteuereinnahmen nach zehn Monaten im Vergleich zur eigenen Prognose sowie im Vergleich zu anderen Landeskirchen deutlich besser da als erwartet, resümierte der Vizepräsident, schränkte aber mit Verweis auf das Kirchenlohnsteuer-Verrechnungsfahren und die damit verbundene Abgabe an die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ein: «Im Ergebnis können wir uns an den derzeitigen Kirchensteuermehreinnahmen des Jahres 2021 in Höhe von rund 9 Millionen Euro nur bedingt freuen, denn über das Clearing-Verfahren haben wir davon bereits wieder rund 7,6 Mio. Euro durch die Nachzahlung für 2017 und die erhöhte Vorauszahlung für 2021 verloren.»

Analyse von Mitgliedschaft und Steueraufkommen

In seinem Finanzbericht ging Knöppel auch auf die Mitgliederentwicklung und ihre Folgen für das Kirchensteueraufkommen ein. Die sogenannte Freiburg-Studie hatte 2019 prognostiziert, dass die beiden großen Kirchen bis 2060 die Hälfte ihrer Mitglieder verlieren werden. Demnach hätte die EKKW einen jährlichen Mitgliederverlust von rund 1,3 Prozent zu beklagen. Die tatsächlichen Mitgliederverluste der Jahre 2019 (2,08 Prozent) und 2020 (2,15 Prozent) sowie der prognostizierte Wert für 2021 (2,28 Prozent) lägen im Vergleich aber deutlich höher als der in der Studie angenommene Wert, berichtete Knöppel. Zum 31. Oktober 2021 zählte die EKKW 752.558 Gemeindeglieder; sie habe im laufenden Jahr bis einschließlich Oktober rund 14.600 Gemeindeglieder verloren (Verlust von 1,9 Prozent).
 
Die Freiburg-Studie habe den Blick geöffnet, Einnahmen und Mitgliederentwicklung der eigenen Kirche genauer zu betrachten, so Knöppel. Die ersten Ergebnisse der Analyse zeigten, dass Menschen vor allem bei Lebensübergängen der Kirche den Rücken kehren. So gebe es einen Peak bei den 20- bis 35-Jährigen. «Mitglieder dieser Altersgruppe, vor allem männliche, treten aus unserer Landeskirche überproportional aus; gemessen an einem Berufs- und Erwerbsleben zwischen 18 und 67 Jahren stellen sie mit 45,5 Prozent die größte Gruppe der Austretenden dar», erläuterte der Vizepräsident. Grund dafür seien die ersten Zahlungen von Kirchensteuern. Diese Austritte hätten zudem einen generationsübergreifenden Effekt, wenn Kinder dieser Generation nicht mehr getauft würden. Ein zweiter Peak lasse sich um das 55. Lebensjahr feststellen, wenn Männer und Frauen (bei ihnen spiele auch der Wiedereintritt in das Berufsleben nach der Kindererziehung eine Rolle) aus ökonomischen Gründen aus der Kirche austreten.

Pfarrer Jan Friedrich Eisenberg als 2. Beisitzer des Synodalvorstandes sorgte am Morgen des zweiten Synodentages für die Moderation der Beratungen. (Foto: medio.tv/Schauderna)

Pfarrer Jan Friedrich Eisenberg als 2. Beisitzer des Synodalvorstandes sorgte am Morgen des zweiten Synodentages für die Moderation der Beratungen. (Foto: medio.tv/Schauderna)

«Unsere Kirche wird von vielen getragen»

Die Analyse habe in ökonomischer Hinsicht vor allen Dingen eins verdeutlicht: «Unsere Kirche wird von vielen getragen», sagte Knöppel. So habe der durchschnittliche jährliche Kirchensteuerbetrag 2017 bei 530 Euro gelegen. Rund 99 Prozent der Kirchensteuerzahlenden der EKKW zahlten einen Beitrag, der sich im Rahmen von 0 bis 5.000 Euro bewegte; nur ein Prozent leistete eine darüber hinaus gehende Kirchensteuer. Ihnen allen gelte sein Dank, untermauerte Knöppel: «Ihre Beiträge sind der Grund, dass Kinder in Kindergärten betreut werden können, Krippenspiele in der Adventszeit erlebbar werden und Flüchtlinge oder Bedürftige Unterstützung und Beratung erfahren.»
 
Der Einblick in die eigene Mitglieder- und Kirchensteuerstruktur habe auch deutlich gemacht: «Der Einbruch der Kirchensteuer findet bereits statt», resümierte der Vizepräsident. Durch die kommenden zahlreichen Renteneintritte, die ihren Höhepunkt um das Jahr 2030 haben werden, werde die EKKW nicht nur real, sondern auch nominal an Kirchensteuern einbüßen, sagte Knöppel und appellierte: «Das kurze Zwischenhoch im Kirchensteueraufkommen 2021 sollten wir nutzen, um Reserven für die unmittelbar vor uns liegenden schmerzhaften Einsparprozesse vorzuhalten und notwendige Übergänge mit finanziellen Mitteln zu begleiten.» (23.11.2021)

Download:

Bericht von Vizepräsident Dr. Knöppel über die Finanzen der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck vor der Landessynode am 23.11.2021:

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