Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 03 Mär 2016

Kassel (epd/Prüfer). «Die Taufe hat sich aus einem Glaubenskurs heraus ergeben», sagt Pfarrer Martin Becker von der Kasseler Christuskirche. Er hat Ende Januar zwölf Flüchtlinge aus dem Iran in seiner Kirche getauft. Die meisten der in einem Gottesdienst Getauften hätten schon in ihrer Heimat zum christlichen Glauben gefunden und seien aus diesem Grund auch geflohen, erzählt er. Der Abfall vom Islam wird im Iran wie in den meisten islamischen Ländern nicht toleriert und im schlimmsten Fall sogar mit dem Tod bestraft.

Eine Gruppe von Iranern sei seit November regelmäßig in den Gottesdienst gekommen. «Wir sind nicht in die Flüchtlingsunterkünfte gegangen und haben nicht missioniert», betont Becker. Nun, da die Getauften auch weiterhin kommen, überlegt er, eine Übersetzungsanlage in der Kirche zu installieren, um den Gottesdienst simultan in Farsi zu übertragen.

Zwar von keinen Taufen, aber einem großen Interesse von Iranern am christlichen Glauben weiß auch Gisela Strohriegel, Dekanin des Kirchenkreises Rotenburg, zu berichten. Eine Gruppe aus der benachbarten Erstaufnahmeeinrichtung habe hier regelmäßig den Gottesdienst besucht. «Die hatten großes Interesse an der christlichen Religion», sagt sie. Sie hätten ihr erzählt, schon im Iran in Kontakt mit Christen gekommen zu sein. Da die Iraner aber dann aus der Flüchtlingsunterkunft, die eine Erstaufnahmeeinrichtung ist, in andere Unterkünfte verlegt wurden, sei der Kontakt abgebrochen.

Wie gefährlich eine Bekehrung in islamischen Ländern zum christlichen Glauben tatsächlich sein kann, hat der Ziegenhainer Dekan Christian Wachter aus erster Hand erfahren. Ein afghanischer Flüchtling, mit dem er im Gespräch war, gab an, vermutlich als Kind getauft worden zu sein. Genau habe er es aber nicht gewusst, sagt Wachter. «Sein Vater war zum christlichen Glauben konvertiert und er vermutet, dass er damals auch von ihm getauft wurde», erklärt er. Der Vater sei dann aber wegen des Abfalls vom Islam von seinem eigenen Halbbruder umgebracht worden.

Gernot Gerlach, Dekan des Kirchenkreises Wolfhagen, weiß ebenfalls von sechs Taufen von Flüchtlingen zu berichten. Die Täuflinge seien aus Afghanistan und Iran gekommen. Gegenwärtig laufe noch bis Ostern ein mehrsprachiger Glaubenskurs für Flüchtlinge, an denen sich 32 Personen aus den nahe gelegenen Flüchtlingsunterkünften beteiligten. Einigen diene der Kurs zur Vorbereitung auf die Taufe, anderen erst einmal zur Information über den christlichen Glauben, sagt Gerlach.

Einen weiteren Glaubenskurs, in dessen Folge sich fünf Flüchtlinge taufen ließen, hat es auch in Vellmar bei Kassel gegeben, berichtet Dekanin Carmen Jelinek aus dem Kirchenkreis Kaufungen. «Wir müssen uns dieser Entwicklung vermehrt stellen», sagt sie. Auf der Dekanekonferenz sei das Thema auch schon angesprochen worden. Zumal es weitere Anfragen nach Glaubenskursen gebe.

Taufen von Flüchtlingen werden auch aus den Kirchenkreisen Eschwege und Hanau gemeldet. In Neustadt im Landkreis Marburg-Biedenkopf seien in jüngster Zeit vier oder fünf Flüchtlinge getauft worden, so ein Sprecher des Kirchenkreisamtes Kirchhain-Marburg. Auch hier handele es sich um Iraner.

Ruth Gütter, Ökumenedezernentin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, hebt hervor, dass die Kirche natürlich auch zum Glauben einlade. Aggressive Mission lehne sie aber ab, Menschen anderen Glaubens müsse mit Respekt begegnet werden. «Es darf auch nicht zu schnell getauft werden», warnt sie. Neben Glaubenskursen sollten die Taufbewerber zudem darauf hingewiesen werden, dass ihnen bei einer möglichen Abschiebung in ihr Heimatland große Probleme drohten.

Die EKD habe bereits 2013 eine Handreichung verfasst, die wichtige Ratschläge zum Umgang mit Taufbegehren von Asylbewerbern gebe, so Gütter weiter. Es gelte zu verhindern, dass sich Flüchtlinge nur deshalb taufen ließen, weil sie hofften, beim Asylantrag so bessere Karten zu haben. Andererseits dürfe man auf ein Taufbegehren aber auch nicht mit zu großer Zurückhaltung reagieren. «Wir sind im diakonischen Engagement sehr gut, aber im spirituellen Bereich manchmal zu vorsichtig», sagt sie.

Pfarrer Martin Becker ist sich sicher, dass bei den Taufen der Iraner kein politisches Kalkül im Spiel war. In dem Glaubenskurs hätten die Iraner viele interessierte Fragen gestellt, einige hätten sich auch noch nicht taufen lassen. Den Getauften habe er neben der Bescheinigung über die Taufe auch ein Zertifikat über den Glaubenskurs gegeben. «Inzwischen gibt es Anfragen nach einem weiteren Kurs», freut er sich. (03.03.16)