Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 28 Dez 2017

Kassel/Frankfurt a.M. (medio). Zu einer Diskussion über den Zusammenhalt in der Gesellschaft luden am Dienstagabend (16.1.) die evangelischen und katholischen Kirchen in Hessen gemeinsam mit dem DGB Hessen-Thüringen in die Evangelische Akademie nach Frankfurt am Main ein. Bei der öffentlichen Veranstaltung sprachen Volker Jung, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau, Georg Bätzing, Bischof des Bistums Limburg und Michael Rudolph, Vorsitzender des DGB Hessen-Thüringen. Eine Analyse der gesellschaftlichen Situation gab der Baseler Wirtschaftswissenschaftler und Soziologe Oliver Nachtwey.

Kirchenpräsident Volker Jung rief vor den über 300 Gästen dazu auf, in der Gesellschaft mehr Einfühlungsvermögen zu zeigen und die jeweils andere Seite ernster zu nehmen, teilte die Pressestelle der EKHN mit. Dies könne auch dazu beitragen, vermeintlich einfachen Lösungen von Populisten entgegenzuwirken. Er warb zugleich für «ehrliche Antworten». In einer Welt, in der das Zusammenleben komplexer würde, würden auch die Antworten komplizierter. Jung kündigte eine gemeinsame Initiative mit den Gewerkschaften gegen die Altersarmut an. Erste Gespräche für ein Bündnis würden geführt und Partner gesucht.  

Nach Ansicht des Limburger Bischofs Georg Bätzing sind die großen Institutionen wie die Kirchen wichtige Mitspielerinnen, wenn es um den Zusammenhalt der Gesellschaft geht. Dazu gehöre es mitunter auch, in Predigten Missstände in eben jener Gesellschaft anzuprangern. Für den Bischof müsse die Kanzelrede politisch sein. Gleichzeitig gab Bätzing zu, dass die Kirchen in der modernen Gesellschaft aber auch an Bindungskraft verlören. Ja mehr noch, sie selbst trügen die «Pluralität und Polarität» des modernen Lebens in sich.

Michael Rudolph, Vorsitzender des DGB Hessen-Thüringen, sieht die Aufgabe von Gewerkschaften und Kirchen für den Zusammenhalt der Gesellschaft darin, den Wert der Arbeit nicht nur über Leistung, sondern vor allem über die Würde zu definieren. Zudem plädierte er plädierte dafür, als Kirche oder Gewerkschaft mehr Ehrlichkeit an den Tag zu legen. Institutionen könnten nicht für jeden einzelnen individuelle Lösungen anbieten, aber Räume eröffnen, danach gemeinsam zu suchen.

In einem Impulsreferat hatte zuvor der Baseler Soziologe Oliver Nachtwey Deutschland eine «zerfallende Gesellschaft» attestiert. Vor allem die Einkommensspreizung fördere diese Tendenz. Zudem nähme das Verständnis für das soziale Miteinander ab und der Grad an Individualisierung zu. Von den Kirchen erwartet Nachtwey u.a., dass sie bei den Menschen wieder mehr Verständnis dafür wecken, sich untereinander vergeben zu können.

Alle zwei Jahre treffen sich die Leitungen der evangelischen Kirchen und katholischen Bistümer in Hessen sowie des DGB in Hessen-Thüringen, um über die gesellschaftliche Lage zu beraten. Erstmals taten sie das 2018 in einem öffentlichen Format.  (22.01.2018)