Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 31 Dez 2008

Etwas Werbung zum Jahresbeginn! «Nichts ist unmöglich», verheißt eine Automarke. Klingt gut. Und als «Land der unbegrenzten Möglichkeiten» galten lange Zeit die USA. Beide Slogans verbindet ein gewaltiger Anspruch. Kann er der Wirklichkeit standhalten? Die Bibel ist, was menschliche Möglichkeiten angeht, nüchterner – genauer gesagt: realistischer. Beispielhaft formuliert das Jesus in einem Wort, das als so genannte Jahreslosung über dem neuen Jahr 2009 steht: «Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.» (Lukasevangelium Kapitel 18, Vers 27). Wir Menschen müssen also damit rechnen: Es gibt Dinge, die außerhalb unserer eigenen Möglichkeiten stehen.

Menschliches Tun stößt an Grenzen. Das lehrt uns die Erfahrung und dafür gibt es Beispiele genug. Als besonders schmerzlich werden etwa Grenzen empfunden, wenn medizinischer Fortschritt und alles ärztliche Bemühen nicht helfen können. Höchst bedrohliche Krisen sind das: Es geht bei ihnen um Leben und Tod. 

Andere Krisen sind eher tagesaktuell. Doch auch in ihnen wird deutlich: Uns Menschen stehen eben nicht alle Möglichkeiten offen. Aktienkurse und Gewinne wachsen nicht in den Himmel. Seit dem Herbst bestimmt die Finanzkrise die Schlagzeilen; ihre Folgen sind in allen Facetten noch nicht ersichtlich. Jahrelang wurde der Öffentlichkeit weisgemacht, die Finanzmärkte agierten nach klar kalkulierten, rationalen Vorgaben – ein Irrtum, wie sich nun herausgestellt hat. Auf harte Zeiten haben Bundespräsident und Bundeskanzlerin die Deutschen für das Jahr 2009 eingeschworen. Ohne schwarz malen zu wollen, ist davon auszugehen, dass die drohenden Entwicklungen vor allem jene Menschen treffen, die bereits zuvor den Anforderungen in der Ausbildung und am Arbeitsplatz nicht gewachsen waren. Wie effektiv die Möglichkeiten der Politik sind, dem allen entgegenzusteuern, bleibt abzuwarten.

Und was den Blick auf den erneuten Krieg im Nahen Osten angeht, kann der einen durchaus das Fürchten lehren! Der Hass verbaut alle Möglichkeiten eines friedlichen Ausgleichs.

Nun will Jesus will die Leistungen und Möglichkeiten des Menschen keineswegs klein reden. Und dass Gott Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die wir Menschen nicht besitzen, ist auch keine Projektion menschlicher Sehnsüchte auf ein höheres Wesen – zumindest nicht für den christlichen Glauben. Der Lebensweg, den Jesus gegangen ist, zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er an die Realität menschlicher Möglichkeiten und Unmöglichkeiten gebunden ist: Das gilt für das heimatlose Krippenkind ebenso wie für den Mann am Kreuz. Doch gerade in der äußeren Ohnmacht zeigt Gott seine Macht, seine Zuwendung und Liebe zu einer Menschheit, die immer wieder an ihre Grenzen stößt: Deshalb feiert die Christenheit Weihnachten und Ostern. 
 
Die Einsicht in die Begrenztheit eigener Möglichkeiten ist heilsam. Denn sie bewahrt vor Selbstüberforderung und Selbstüberschätzung. Deshalb glaube ich, es stünde uns allen etwas mehr nüchterne Selbsterkenntnis und Bescheidenheit an. Diese Bescheidenheit lebt daraus, den Unterschied zwischen Gott und uns zu akzeptieren. Wir sind nicht Gott! Zum Glück! Aber im Vertrauen auf seine Hilfe können wir viele Wunder erleben, die weit über unser eigenes Können hinausgehen. Und wir werden befähigt und ermutigt, Verantwortung zu übernehmen für uns selbst und das Leben in unserer Gesellschaft.

Fangen wir nur an damit. Dann stimmt es tatsächlich: «Nichts ist unmöglich.» Und es wird ein gesegnetes neues Jahr. Gott sei Dank!

Ein Beitrag von Bischof Prof. Dr. Martin Hein für die Neujahrsausgabe der «Rheinischen Post».

Weihnachtsbotschaft:

Lesen Sie hier die Weihnachtsbotschaft von Bischof Martin Hein im Wortlaut:

Weihnachtsgeschichte:

Lesen Sie hier die Weihnachtsgeschichte, wie sie uns der Evangelist Lukas überliefert hat:

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Christvesper in St. Martin:

Lesen Sie hier die Predigt von Bischof Martin Hein in der Christvesper in St. Martin in Kassel am 24.12.2008:

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