Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 09 Dez 2017

Kassel (epd/medio). Werbung für eine Religion, die auf Moral setzt, ist nach Auffassung des Berliner Soziologen Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joas zum Scheitern verurteilt. In der Religion müsse es darum gehen Begeisterung zu vermitteln, nicht aber Einschränkungen, sagte Joas am Freitagabend (9.12.) beim Adventsempfang der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck in Kassel. Joas sprach zum Thema «Kirche als Moralagentur? - Grundsätzliches und Aktuelles». Zu dem Thema hatte Joas im vergangenen Jahr auch ein Buch herausgebracht.

Zwischen Moral und Religion gelte es grundsätzlich zu unterscheiden, betonte Joas. Während Moral restriktiv sei und auf Verbote ziele, sei Religion demgegenüber begeisternd und anregend. «Sie müssen Begeisterung vermitteln und nicht die Einschränkung», sagte Joas vor zahlreichen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zwar folgten auch aus der Religion Einschränkungen, doch seien diese sinnerfüllt und von Begeisterung getragen.

Joas kritisierte in diesem Zusammenhang auch kirchliche Stellungnahmen zur Flüchtlingspolitik aus der jüngsten Vergangenheit. Es sei fragwürdig, wenn etwa Irmgard Schwaetzer, Präses der EKD-Synode, eine Entpolitisierung der Flüchtlingsproblematik betrieben habe oder der Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm eine sozialwissenschaftliche Untersuchung anregte, warum es in Kirchengemeinden auch Widerstände gegen die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel gebe. Es komme vielmehr darauf an, eine Balance zwischen universalistischen Verpflichtungen und den Interessen der eigenen Landsleute zu finden.

 

Zuvor hatte Bischof Prof. Dr. Martin Hein darauf hingewiesen, dass die Kirche als Moralagentur wahrgenommen werde und diese Erwartung auch befriedige. Statt einer Antwort auf die Frage, was der Mensch hoffen dürfe, würden Antworten auf die Frage, was der Mensch tun solle erwartet, sagte er.

Im Anschluss an den Vortrag von Hans Joas hatten die Gäste aus Kirche, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im großen Saal im Haus der Kirche in Bad-Wilhelmshöhe reichlich Gelegenheit, alte Bekannte zu treffen, neue Kontakte zu knüpfen und sich in der vorweihnachtlichen Hektik eine kurze Auszeit zu nehmen. Für die musikalische Umrahmung sorgte ein Bläserquartett mit Lara Masche und Ulrich Rebmann (Trompete) sowie Julius Joachim und Marshall Lamohr (Posaune). (09.12.2017)

Impressionen vom Adventsempfang

(alle Fotos: medio.tv/Schauderna)