Marburg (medio). Wie steht es um den Religionsunterricht und wie ist es überhaupt um das Verhältnis von Kirche und Schule bestellt? Diesen Fragestellungen widmete sich der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, auf seiner Visitation vom 20. bis zum 22. April 2015. Mit weiteren Vertretern der Landeskirche besuchte er Schulen, Einrichtungen und Konferenzen in Oberissigheim, Hanau, Steinatal, Kirchhain und Marburg und traf dort auf Verantwortliche aus Schule, Schulbehörde, Wirtschaft und Politik, teilte die Pressestelle der Landeskirche in einer Mitteilung mit. Im abschließenden Pressegespräch zog der Bischof eine durchweg positive Bilanz der Visitation. Die Gespräche hätten gezeigt, dass der Arbeit der Kirche an den Schulen eine hohe Wertschätzung entgegengebracht werde, heißt es in der Mitteilung.
Religionsunterricht und Schulseelsorge gewinnen an Bedeutung
Der schulische Religionsunterricht gewinne in Zeiten einer zunehmenden Säkularisierung an Bedeutung. Er ermögliche allen Kindern religiöse Grunderfahrungen, fördere das gegenseitige Kennenlernen der Religionen und trage so zu einem verständnisvollen Miteinander und gutem Schulklima bei. Immer wichtiger werde für die Schulen auch das Angebot der Schulseelsorge, in der 33 Schulpfarrerinnen und Schulpfarrer neben ihrem Religionsunterricht tätig seien. Sowohl in persönlichen Krisen als auch bei öffentlichen Katastrophen sei ihr Dienst gefragt.
Evangelische Schulen bieten ganzheitlichen Ansatz
Einen ganzheitlicheren Ansatz religiöser Erziehung böten die drei Schulen in landeskirchlicher Trägerschaft. Hein hob hervor, dass diese über den Religionsunterricht und das Angebot der Schulseelsorge hinaus ein deutliches evangelisches Profil entwickelten, das sich in der Gestaltung des schulischen Alltags ebenso zeige wie im Umgang mit Fragen der Bildungsgerechtigkeit und Inklusion, teilte die Pressestelle mit. Beim Besuch der Katharina-von-Bora-Schule in Oberissigheim fand ein Treffen mit dem hessischen Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz statt, der sich bei dieser Gelegenheit einen Eindruck von der Grundschule in evangelischer Trägerschaft verschaffte. Der Kultusminister bekräftigte, dass private Träger zum Schulsystem hinzugehörten und für dieses eine Bereicherung seien.
Religionspädagogisches Institut bietet praktische Unterstützung
Der Bildungsdezernent der Landeskirche, Dr. Eberhard Stock, wies darauf hin, dass die Kirche durch das gemeinsame Religionspädagogische Institut (RPI) beider evangelischer Landeskirchen in Hessen Religionslehrern fachliche Begleitung und praktische Unterstützung anbiete. Das RPI mit Hauptsitz in Marburg und weiteren regionalen Standorten bestehe rechtlich seit dem 1. Januar und werde offiziell unter Beteiligung der beiden Leitenden Geistlichen am 12. September eröffnet.
Eindrücke von der Visitation:
(alle Fotos medio.tv/ Balzer)
Religionsunterricht leistet «religiöse Alphabetisierung»
Bei Gesprächen mit Vertretern aus Kirche, Handwerk, Wirtschaft, Handel und Politik sei man sich einig gewesen, das im schulischen Alltag nicht mehr die Frage der Nationalität, sondern die Religiosität im Vordergrund stehe. Auf diese Funktion des Religionsunterrichtes als Ort einer «religiösen Alphabetisierung» wies der Referent für Schule und Unterricht, Dr. Michael Dorhs, hin. Die kirchlichen Vertreter hätten deutlich gemacht, dass die Fähigkeit, sich reflexiv über die eigene Religion zu äußern, eine Kulturleistung sei und deshalb eingeübt werden müsse. So könne der Religionsunterricht gerade die Pluralitätsfähigkeit steigern und damit einen wesentlichen gesellschaftlichen Beitrag leisten. (24.04.2015)