Darüber hinaus ist auch die grundsätzliche Beteiligung an der kirchlich-diakonischen Arbeit zum Thema sexualisierte Gewalt und die eigenständige Vertretung der Interessen und Belange von Betroffenen von besonderer Bedeutung. Auf Bundesebene besteht bereits ein Beteiligungsforum unter dessen Dach sich auch eine Betroffenenvertretung im Raum der Evangelischen Kirche in Deutschland konstituiert hat. Für die beiden Landeskirchen in Hessen und den Landesverband der Diakonie befindet sich die Betroffenenvertretung aktuell in Gründung.

Sexualisierte Gewalt
Selbsthilfe und Selbstvertretung
Für manche Betroffene ist gerade der Kontakt zu Menschen, die gleichermaßen von sexualisierter Gewalt betroffen sind, besonders wichtig und hilfreich. Der Austausch über ähnliche Erfahrungen und die Unterstützung, durch Menschen, denen man Manches gar nicht erst erklären muss, tut gut. Oft sind es gerade Tipps für den Alltag, die sehr wertvoll sind. Und es tut gut, mit seinen Erfahrungen nicht mehr isoliert zu sein. Dasselbe kann auch für Angehörige von Betroffenen in speziellen Angehörigengruppen gelten. Selbsthilfeangebote gibt es sowohl in Gruppen vor Ort als auch im Internet.
Selbsthilfegruppen vor Ort
In größeren Orten gibt es Selbsthilfegruppen, die sich regelmäßig treffen, für Menschen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben. Jede Selbsthilfegruppe hat ihre eigenen Regeln. Absolute Vertraulichkeit gehört immer dazu. Manche Gruppen werden durch eine Fachkraft oder Betroffene moderiert, andere verzichten darauf. Nicht in allen Gruppen wird über das Tatgeschehen selbst gesprochen. Der Umgang mit den Folgen für das Leben danach, ist meist ein wichtiges Thema für den gemeinsamen Austausch. Fachliche Beratung oder auch Therapie ist dagegen nicht die Aufgabe von Selbsthilfegruppen.
Nicht jede Selbsthilfegruppe passt für jede:n. Deshalb lohnt es sich ggf. vorher mit einer Ansprechperson zu telefonieren. Aber es ist auch möglich, nach einem oder mehreren Schnupperstunden, wieder auszusteigen, wenn die Rahmenbedingungen, das Format oder die beteiligten Personen nicht zu den eigenen Bedürfnissen passen.
In der Regel können Beratungsstellen auch Andressen von Selbsthilfegruppen vermitteln. Über das Internetportal NAKOS lassen sich zudem regionale Ansprechstellen finden, die bei der Suche nach einer geeigneten Selbsthilfegruppe unterstützen: www.nakos.de/adressen/rot/
Das Betroffenennetzwerk BeNe
Manchen Menschen fällt es leichter, erst einmal nur mitzulesen, was andere Betroffene im Internet schreiben. Oft dauert es lange, bevor sie dann auch selbst etwas schreiben und sich aktiv mit anderen Betroffenen austauschen. Um auch dafür sichere und geschützte Möglichkeiten bereitzustellen, wurde das Betroffenennetzwerk BeNe geschaffen. Dieses Netzwerk richtet sich an Betroffene sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie (BeNe), ist aber genauso offen für Betroffene aus allen anderen Kontexten. Das Netzwerk BeNe bietet verschiedene Möglichkeiten der Vernetzung und ist barrierearm.
Ein Moderationsteam sorgt dafür, dass Diskussionen in einem Rahmen bleiben, mit dem sich möglichst alle wohlfühlen. Um Sicherheit zu gewährleisten, können im öffentlichen Forum Beiträge nur in der Zeit verfasst werden, in der das Moderationsteam anwesend ist. Informationen und bestehende Beiträge dagegen sind rund um die Uhr für Leser:innen zugänglich. Neben den öffentlichen Foren können private Foren erstellt werden, die einen persönlicher Austausch unter Betroffenen rund um die Uhr ermöglichen.
Auf BeNe können Betroffene darüber hinaus über eine Pinnwand Hinweise auf Veranstaltungen oder auch kreative Beiträge teilen. Außerdem gibt es umfassende Informationen über Anerkennungsverfahren und Fachstellen der evangelischen Kirche und Diakonie, aber auch zu unabhängigen Unterstützungsangeboten. Finanziert wird das Projekt durch die Evangelische Kirche in Deutschland. Internet: www.betroffenen-netzwerk.de
Beteiligungsforum und Betroffenenvertretung in der EKD
Das Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt ist ein bisher einzigartiges Modell der Betroffenenpartizipation. Dort werden alle Fragen, die sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie betreffen, von Betroffenenvertreter:innen und kirchlichen Vertreter:innen gemeinsam bearbeitet. Es ist der zentrale Ort der Diskussion und Lösungsfindung. Jede kirchenpolitische Entscheidung zum Umgang mit sexualisierter Gewalt geschieht unter Mitwirkung des Beteiligungsforums und damit unter direkter Mitwirkung Betroffener.
Die Betroffenenvertretung im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt in der EKD setzt sich dafür ein, dass die Belange der Betroffenen in der Evangelischen Kirche und Diakonie auf höchster kirchlicher Ebene wahrgenommen und bearbeitet werden. Oberstes Ziel ist, sexualisierte Gewalt sicht- und aussprechbar zu machen und die Situation von Betroffenen und allen Schutzbefohlenen im Raum der Kirche und der Diakonie spürbar zu verbessern. Die Kontaktaufnahme mit der Betroffenenvertretung kann über diese E-Mail-Adresse erfolgen: Betroffenenvertretung@befo.ekd.de
Betroffenenvertretung für die EKKW
Die gemeinsame Betroffenenvertretung der Diakonie Hessen, der Evangelischen Kirche in Hessen-Nassau und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck befindet sich zurzeit noch in der Gründungsphase. Im September 2024 haben erstmals ein digitales und ein analoges Forum für Betroffene für den Verbund Hessen stattgefunden. Diese Foren dienten zunächst dem Austausch über den aktuellen Stand sowie notwendige Schritte und Maßnahmen im Umgang mit sexualisierter Gewalt in den evangelischen Kirchen und der Diakonie in Hessen. Es haben sich auch Interessierte für die Arbeit in einer Betroffenenvertretung gemeldet, die nun deren Gründung vorbereiten. Sobald nähere Informationen vorliegen, werden diese hier veröffentlicht.