Ort von Verabschiedung und Einführung war die Christuskirche in Kassel. (Foto: medio.tv/Schauderna)
Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 26 Jan 2022

Kassel (medio). Als er vor einigen Jahren am Welttag des Buches aus seinem Lieblingsbuch vorlesen sollte, da brachte Bernd Böttner die Bibel mit. Wenn der Prälat der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) am Ende dieses Monats in den Ruhestand tritt, dann blickt er auf unzählige Passagen aus dem «Buch der Bücher» zurück, die für ihn prägend waren. Nach rund 40 Jahren im Dienst der EKKW ist es auch diese: «Der Herr ist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen?» (Psalm 27,1). Am Montag, 31. Januar 2022, wurde Böttner, der 2018 das Amt des Prälaten übernommen hatte, in den Ruhestand verabschiedet. In dem Gottesdienst, der per Livestream auf www.ekkw.de aus der Christuskirche in Kassel-Wilhelmshöhe mitgefeiert werden konnte, wurde zugleich sein Nachfolger Burkhard zur Nieden in das Amt eingeführt. Außerdem wurde in dem Gottesdienst auch Oberlandeskirchenrat Dr. Rainer Obrock in den Ruhestand verabschiedet.

Gemeindepfarrer, Dekan, Propst Prälat und in vielen kirchlichen Gremien engagiert

Bernd Böttner stammt aus Grebendorf im Werra-Meißner-Kreis. Es sei das Engagement eines neuen, jungen Pfarrers gewesen, das ihn begeistert und geprägt habe, berichtet der 65-Jährige rückblickend. Am Ende der 10. Klasse habe er sein Vorbild wissen lassen: «Ich möchte Pfarrer werden so wie Du.» Nach dem Abitur im Jahr 1974 studierte Böttner folglich Evangelische Theologie, zunächst in Göttingen, dann in Heidelberg. Die «Erziehung zum Frieden», das Thema seiner Examensarbeit, sollte ihn weiter begleiten: Über viele Jahre hat er Kriegsdienstverweigerer beraten. «Fromm sein und politisch sein, das gehört zusammen», resümiert Böttner. Nach seinem Vikariat in Kassel war er 15 Jahre als Gemeindepfarrer in Jesberg im Schwalm-Eder-Kreis im Einsatz – dort auch als Kreisjugendpfarrer. Es folgten 13 Jahre als Dekan in Korbach im damaligen Kirchenkreis des Eisenbergs. Das Propstamt im Sprengel Hanau führte Bernd Böttner 2010 in den Süden der Landeskirche, bevor er 2018 als Prälat die Verantwortung für den gesamten pfarramtlichen Dienst der Landeskirche und die Vertretung des Bischofs, später der Bischöfin übernahm.

Als Manager habe er sich in seinen Leitungsämtern nie verstanden. «Ich habe versucht, Seelsorger zu bleiben und mit seelsorgerischem Ansatz zu leiten.» Darüber hinaus hat sich Böttner in vielen kirchlichen Gremien engagiert, unter anderem als Mitglied der Landessynode und im Rat der Landeskirche. Auf ungezählte Gremiensitzungen, Gespräche, Hochzeiten und Taufen blickt er nach rund 40 Jahren im Dienst der EKKW zurück. Auch auf zahlreiche Beerdigungen. Die habe er gerne übernommen, auch – oder gerade weil – er mit vielen Erwartungen konfrontiert und als Seelsorger, Redner, Gestalter und Berater gefordert gewesen sei, sagt Böttner. «Dabei gab es immer die Chance, ganz unterschiedlichen Menschen etwas mitzugeben.» Dass solche und andere Kontaktflächen in den letzten beiden Jahren seiner Amtszeit pandemiebedingt weggefallen sind, schmerzt den scheidenden Prälaten. Einen Plan für den Ruhestand habe er nicht. In jedem Falle aber mehr Zeit für die Familie, zu der inzwischen fünf Enkelkinder gehören. Was er «seiner» Kirche wünscht? «Möglichst viele Menschen, die was bewegen wollen.»

Bischöfin Hofmann über Bernd Böttner: «Macher, mit hoher Tatkraft und starkem Durchsetzungsvermögen»

Dabei hat er selbst vieles in Bewegung gebracht: Als «Macher, mit hoher Tatkraft und starkem Durchsetzungsvermögen, mit viel Energie und manchmal großer Ungeduld» beschreibt Bischöfin Dr. Beate Hofmann Bernd Böttner. Dass so viele der 183 Reformbeschlüsse von 2015 schon umgesetzt sind, verdanke die Landeskirche in großen Teilen ihm. Vor allem aber sei er ein «leidenschaftlicher Pfarrer» gewesen, geprägt von einem starken Gottvertrauen und der Hoffnung, «dass es gut gehen wird».

Bernd Böttner (r.) und sein Nachfolger im Amt des Prälaten, Burkhard zur Nieden. (Fotos: medio.tv/Schauderna)

Bernd Böttner (r.) und sein Nachfolger im Amt des Prälaten, Burkhard zur Nieden. (Fotos: medio.tv/Schauderna)

«Ich habe keine Angst vor Langeweile»

blick-Interview mit Prälat i. R. Bernd Böttner, der eine Bilanz seiner Amts- und der Corona-Zeit zieht

Ein wesentlicher Teil Ihrer Amtszeit als Prälat war durch die Pandemie überschattet. So weit man es bisher überschauen kann, hat die Landeskirche die Krise gut gemeistert, oder?  

Bernd Bötter: Das kommt drauf an, aus welchem Blickwinkel man das betrachtet. Ich glaube, wir haben seitens der Landeskirche die Kirchenvorstände und die Kirchengemeinden und die unterschiedlichen Mitarbeitergruppen gut begleitet. Zum Beispiel mit den vielen Mails, die wir geschrieben haben, damit die Kirchenvorstände gut begründete Entscheidungen treffen konnten, wenn es um Gottesdienste und Veranstaltungen oder den Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ging. Auch im Blick auf Infektionen haben wir es gut hinbekommen. Es hat keine Ausbrüche gegeben, die bei kirchlichen Veranstaltungen stattgefunden haben. Hundertprozentig kann man das nicht sagen, aber im Großen und Ganzen hat es sehr gut geklappt. Die Hygienekonzepte haben sich als tragfähig erwiesen.

In der ersten Phase mussten Präsenz-Gottesdienste ausfallen. Da war Einfallsreichtum gefragt. 

Böttner: An vielen Stellen ist bei Veranstaltungen und Gottesdiensten sehr kreativ reagiert worden. Es hat sehr schnell digitale Formate gegeben. Es gibt inzwischen Zoom-Gottesdienste. Es war auf einmal möglich, digitales Abendmahl zu feiern, was vorher völlig undenkbar war. 
Im Laufe des Sommers 2021 zeigte sich, dass wiederum andere Formate angesagt waren, vor allem Gottesdienste draußen. Da hat es tolle Ideen gegeben. Es gab einen guten Umgang mit den Beerdigungen unter Corona. Wenn ich überlege, wo überall inzwischen Taufen gefeiert werden und in welchen Formen, gibt es auch in diesem Bereich eine große Kreativität.

Wie sieht es mit den Finanzen und Mitgliedszahlen aus? 

Böttner: Bisher sind die finanziellen Auswirkungen relativ gering, da hat Kurhessen-Waldeck sich als sehr stabil he-rausgestellt. Die Zahl der Kirchenmitglieder ist in den zwei Corona-Jahren stärker rückläufig gewesen als vorher. Im Rahmen der kontroversen Debatten um Corona ist auch der eine oder andere aus der Kirche ausgetreten, das bedauere ich sehr. Und Taufen sind nicht in dem Maße gefeiert worden wie sonst. Insgesamt ist Corona eine massive Einschränkung von kirchlichen Großveranstaltungen. Es gibt massive Einschnitte, die uns als evangelische Kirche dauerhaft beschäftigen werden.  

Auch schreckliche Ereignisse wie Hanau, Volkmarsen und der Mord an Regierungspräsident Lübcke fielen in Ihre Amtszeit. Hat die Kirche da angemessen reagiert?

Böttner: In Hanau und Volkmarsen waren wir sofort mit der Notfallseelsorge vor Ort. Da bin ich auch stolz, dass Pfarrerinnen und Pfarrer die Menschen vor Ort gut begleitet haben. Bei den Gedenkveranstaltungen und -gottesdiensten hat die Kirche mitgewirkt. 

Bei all den erwähnten traurigen Ereignissen, was waren denn während Ihrer Amtszeit die positiven Höhepunkte? 

Böttner: In den letzten vier Jahren ist einiges auf den Weg gebracht worden. Das neue Konzept für die Kirchenmusik beispielsweise wird jetzt umgesetzt, mit 40 abgesicherten vollen Stellen im Haushalt der Landeskirche und einem inhaltlich neuen Konzept. 

Wir haben das Thema der multiprofessionellen Zusammenarbeit weiter vorangetrieben – bis hin zu dem Beschluss der Synode, im Stellenplan der Landeskirche neun Stellen für Diakoninnen und Diakone einzurichten. Wir haben die Kooperationsräume weiterentwickelt, die Krankenhausseelsorge ökumenisch aufgestellt und die Ausbildung Ehrenamtlicher für die Notfallseelsorge auf den Weg gebracht. Es gibt eine neue Dienstzeitregelung für Pfarrerinnen und Pfarrer. Die Initiative «Spielraum Gottesdienst» – von der Corona-Not verstärkt – läuft, und die neue Taufagende ist beschlossen und im Druck.  

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Sie werden demnächst sehr viel freie Zeit haben. Was machen Sie damit? 

Böttner: Erst mal freue ich mich darauf, so viel freie Zeit zu haben und meine Zeit selbstbestimmter verbringen zu können. Ich habe noch nicht die großen Pläne für den Ruhestand. Die werde ich jetzt entwickeln. Ich habe keine Angst vor Langeweile. 

Bernd Böttner (66) wurde in Grebendorf bei Eschwege geboren. Nach dem Theologiestudium in Göttingen und Heidelberg und dem Vikariat in Kassel war er Pfarrer in Jesberg, Dekan im Kirchenkreis Eisenberg und Propst im Sprengel Hanau, bevor er 2018 Prälat wude. Seit Februar ist er im Ruhestand. Böttner ist verheiratet und Vater von vier, inzwischen erwachsenen Kindern.

(aus «blick in die kirche für Mitarbeitende 2/2022»; Fragen: Lothar Simmank/Olaf Dellit)

Nachfolger Burkhard zur Nieden ins Amt des Prälaten eingeführt

Der Verabschiedungsgottesdienst war zugleich ein Einführungsgottesdienst: Böttners Nachfolger ist, wie berichtet, Burkhard zur Nieden, der ebenfalls im Werra-Meißner-Kreis aufgewuchs. Zur Nieden war zuletzt Dekan des Kirchenkreises Marburg. Er wolle den Übergang in einen «neuen Zustand von Kirche» begleiten, den Pfarrerinnen und Pfarrern «weite Räume öffnen und den Rücken frei halten», hatte der 58-Jährige nach seiner Berufung durch den Rat der Landeskirche im vergangenen September angekündigt. Er werde ein gut bestelltes Feld, aber auch große Aufgaben vorfinden, stellt Bischöfin Hofmann in Aussicht. Dazu bringe zur Nieden viel mit: «reichhaltige Gemeinde- und Leitungserfahrung, große Leidenschaft für Theologie und Gottesdienst gepaart mit einem guten analytischen Blick und scharfem Intellekt». (31.01.2022)

Nachgefragt: Neuer Prälat Burkhard zur Nieden im Interview

Junge Menschen für den Pfarrberuf gewinnen - das ist eines der Ziele, die sich der neue Prälat Burkhard zur Nieden gesetzt hat. Siegfried Krückeberg, Leiter der Radioredaktion des Medienhauses der EKKW, hat ihn kurz vor dem Amtsantritt gefragt, wie er das machen will und ein ausführliches Interview zu weiteren Themen geführt. Zur Nieden berichtet unter anderem davon, warum er Pfarrer geworden ist und wie er die Zukunft der Kirche sieht.

Hier können Sie das Interview mit Prälat Burkhard zur Nieden anhören.

Im Wortlaut:

Lesen Sie hier die Predigt von Prälat Burkhard zur Nieden im Festgottesdienst am 31.1.2022 in der Kasseler Christuskirche im Wortlaut:

PDF-Dokument

Nachfolger im Prälatenamt:

Weitere Informationen zu Burkhard zur Nieden finden Sie in unserem Artikel zu seiner Berufung als Prälat aus dem vergangenen Jahr:

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