Zeugnis sinnloser Kriegszerstörung: die zerbrochene Osanna-Glocke, die am 22. Oktober 1943 während der Bombennacht auf Kassel von einem der einstürzenden Türme der Martinskirche herunterfiel. Auf der beschädigten Glocke ist die Darstellung von Jesus am Kreuz erkennbar. Aus dem Kreuz wachsen Ähren und Weinreben als Symbole für das Leben und die Überwindung des Todes. Es gibt nur wenige Anlässe, zu denen die 1961 ersetzte Osanna einzeln geläutet wird: an Karfreitag zur Todesstunde Jesu, am 22. Oktober zum Gedenken an die Bombennacht 1943, am 7. November, um an die judenfeindlichen Pogrome 1938 in Kassel zu erinnern sowie am 2. Juni, dem Todestag des ermordeten Politikers Walter Lübcke. Zu diesem Anlass soll die Osanna-Glocke besonders zu Rechtsstaat, Freiheit, Demokratie und innerem Frieden rufen. (Foto: medio.tv/Schauderna)

Zeugnis sinnloser Kriegszerstörung: die zerbrochene Osanna-Glocke, die am 22. Oktober 1943 während der Bombennacht auf Kassel von einem der einstürzenden Türme der Martinskirche herunterfiel. Auf der beschädigten Glocke ist die Darstellung von Jesus am Kreuz erkennbar. Aus dem Kreuz wachsen Ähren und Weinreben als Symbole für das Leben und die Überwindung des Todes. Es gibt nur wenige Anlässe, zu denen die 1961 ersetzte Osanna einzeln geläutet wird: an Karfreitag zur Todesstunde Jesu, am 22. Oktober zum Gedenken an die Bombennacht 1943, am 7. November, um an die judenfeindlichen Pogrome 1938 in Kassel zu erinnern sowie am 2. Juni, dem Todestag des ermordeten Politikers Walter Lübcke. Zu diesem Anlass soll die Osanna-Glocke besonders zu Rechtsstaat, Freiheit, Demokratie und innerem Frieden rufen. (Foto: medio.tv/Schauderna)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 14 Apr 2022

Kassel (medio). Der Karfreitag steht in diesem Jahr unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs: «Er konfrontiert uns mit dem Leid von unschuldigen Menschen, damals in Golgatha, heute in Butscha, Mariupol und anderswo», sagt die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Dr. Beate Hofmann, anlässlich des Feiertags.

Mit den Bildern des Krieges verknüpften sich viele Fragen, so die Bischöfin mit Verweis auf das Kreuzigungsgeschehen: «Lassen wir uns berühren vom Leid? Weinen wir mit den Frauen, die einen geliebten Menschen verlieren? Distanzieren wir uns wie die Soldaten, um den Schmerz nicht wahrzunehmen? Spotten wir über Gott wie die Meinungsführer jener Zeit, in deren Bild nicht passt, dass Gott das Leid nicht verhindert, sondern mitleidet und so Leid überwindet? Lassen wir uns erschüttern in unserer Weltsicht wie der Hauptmann unter dem Kreuz?»

An diesem Karfreitag sei das Geschehen um die Kreuzigung Christi so nah wie selten, sagt Bischöfin Hofmann. Es fordere uns heraus, uns zu positionieren, lade aber auch ein zum Perspektivwechsel: Karfreitag dokumentiere nicht nur, wohin Gewalt und Machtgier in unserer Welt führen. «Mit dem Tod Jesu verliert der Tod seine absolute Macht. Denn am Ende ist das Grab leer, die Spötter verstummen, die Soldaten erschrecken, und die Tränen derer, die um Jesus weinen, werden getrocknet», lenkt sie den Blick auf die Auferstehung.

Jesu Kreuzigung, Tod und Grablegung (Markus 15, 20-47)

«Und als sie ihn verspottet hatten, zogen sie ihm den Purpurmantel aus und zogen ihm seine Kleider an. Und sie führten ihn hinaus, dass sie ihn kreuzigten. Und zwangen einen, der vorüberging, Simon von Kyrene, der vom Feld kam, den Vater des Alexander und des Rufus, dass er ihm das Kreuz trage. Und sie brachten ihn zu der Stätte Golgatha, das heißt übersetzt: Schädelstätte. Und sie gaben ihm Myrrhe im Wein zu trinken; aber er nahm's nicht. Und sie kreuzigten ihn. Und sie teilten seine Kleider und warfen das Los darum, wer was bekommen sollte. Und es war die dritte Stunde, als sie ihn kreuzigten. Und es stand geschrieben, welche Schuld man ihm gab, nämlich: Der König der Juden.

Und sie kreuzigten mit ihm zwei Räuber, einen zu seiner Rechten und einen zu seiner Linken.

Und die vorübergingen, lästerten ihn und schüttelten ihre Köpfe und sprachen: Ha, der du den Tempel abbrichst und baust ihn auf in drei Tagen, hilf dir nun selber und steig herab vom Kreuz! Desgleichen verspotteten ihn auch die Hohenpriester untereinander samt den Schriftgelehrten und sprachen: Er hat andern geholfen und kann sich selber nicht helfen. Der Christus, der König von Israel, er steige nun vom Kreuz, damit wir sehen und glauben. Und die mit ihm gekreuzigt waren, schmähten ihn auch.

Und zur sechsten Stunde kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde. Und zu der neunten Stunde rief Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Und einige, die dabeistanden, als sie das hörten, sprachen sie: Siehe, er ruft den Elia. Da lief einer und füllte einen Schwamm mit Essig, steckte ihn auf ein Rohr, gab ihm zu trinken und sprach: Halt, lasst uns sehen, ob Elia komme und ihn herabnehme! Aber Jesus schrie laut und verschied. Und der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke von oben an bis unten aus. Der Hauptmann aber, der dabeistand, ihm gegenüber, und sah, dass er so verschied, sprach: Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen!

Und es waren auch Frauen da, die von ferne zuschauten, unter ihnen Maria Magdalena und Maria, die Mutter Jakobus des Kleinen und des Joses, und Salome, die ihm nachgefolgt waren, als er in Galiläa war, und ihm gedient hatten, und viele andere Frauen, die mit ihm hinauf nach Jerusalem gegangen waren.

Und als es schon Abend wurde und weil Rüsttag war, das ist der Tag vor dem Sabbat, kam Josef von Arimathäa, ein angesehener Ratsherr, der auch auf das Reich Gottes wartete; der wagte es und ging hinein zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu. Pilatus aber wunderte sich, dass er schon tot war, und rief den Hauptmann und fragte ihn, ob er schon länger gestorben wäre. Und als er's erkundet hatte von dem Hauptmann, überließ er Josef den Leichnam. Und der kaufte ein Leinentuch und nahm ihn ab vom Kreuz und wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das war in einen Felsen gehauen, und wälzte einen Stein vor des Grabes Tür.

Aber Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Joses, sahen, wo er hingelegt war.»

(Quelle: Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart)

Zum Hintergrund

Karfreitag ist der Tag der Kreuzigung Jesu Christi auf dem Hügel Golgatha vor den Toren Jerusalems. Das Wort leitet sich vom althochdeutschen Wort «kara» (Klage, Trauer) ab. Dieser Tag markiert den Höhepunkt der Passionszeit, in der Christinnen und Christen der Passion Christi, also seines Leidens und Sterbens gedenken. (14.04.2022)

Predigt zum Karfreitag:

An Karfreitag predigte Bischöfin Dr. Beate Hofmann in der Martinskirche Kassel. Lesen Sie hier ihre Predigt im Wortlaut:

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