Der Gottesdienst in der bekannten Stiftskirche war alles andere als gewöhnlich: Der Kirchenraum verwandelte sich in eine mittelalterliche Kulisse – mit Kerzenritualen, Weihwasser und Weihrauch, historischen Sprachen und Darstellerinnen und Darstellern in Gewandungen. Julia Jeschke führte als Nonne «Julia Scriptoria» durch ein mehrsprachiges Programm. Teile der Liturgie wurden in Latein, Mittelhochdeutsch und archaisierendem Deutsch vorgetragen – ergänzt durch Übersetzungen ins heutige Deutsch, berichtete Pfarrerin Dr. Christina Bickel von der Kirchengemeinde.
Rituale, Rollen und eine besondere Kulisse
Gleich zu Beginn wurden fünf Kerzen auf dem Steinaltar entzündet, symbolisch für die fünf Wundmale Christi – ein Brauch, der aus alten Kirchweiheritualen stammt. Damit sei gleich zu Beginn klar geworden: Hier sollte nicht nur gebetet, sondern Geschichte lebendig gemacht werden. Museumsleiter Hauke Hohmeier schlüpfte in die Rolle eines «zeitreisenden Museumsleiters» und stellte humorvoll eine Verbindung zur Gegenwart her. Die Kirche mit ihren Wandmalereien aus dem 15. Jahrhundert bot einen eindrucksvollen Rahmen. Für Bickel entstand der Eindruck, «dass sich die Figuren an den Wänden und die im Spiel miteinander verbanden».
Der Gottesdienst richtete sich an ein breites Publikum: Neben regelmäßigen Kirchgängerinnen und Kirchgängern und Mitglieder des Mittelaltervereins waren viele Interessierte gekommen, die sonst eher selten Gottesdienste besuchen, so Pfarrerin Bickel. Martin Baumann sorgte mit Orgelspiel und Gregorianik für musikalische Atmosphäre, Glockengeläut markierte Übergänge, Henner Brosius trat als Spielmann auf.
Kunigundenkronen und Ökumene
Ein besonderes Detail: Inge Neumann verteilte als «Inga Neumundes» gebackene «Kunigundenkronen», unterstützt von Dekanin Anja Fülling als Korbflechterin und Lektorin Claudia Meth als Töpferin. Auch ökumenisch bekam der Gottesdienst eine besondere sinnliche Note: Weihrauch und Weihwasser hatte man sich kurzerhand von der katholischen Kirche geliehen – ein schönes Zeichen der Zusammenarbeit über Konfessionsgrenzen hinweg.
Der Gottesdienst erzählte nicht nur von Kaiserin Kunigunde, sondern rückte auch fiktive Figuren wie die Töpferin Magdalena oder Clara Binsenstiel in den Fokus, erläuterte Bickel. Damit wurde bewusst der Blick geweitet – weg von den großen Namen hin zu den Menschen im Umfeld: «Geschichte entsteht nicht nur durch Herrschende, sondern durch viele», betonte sie.
Begeisterte Rückmeldungen und Pläne für die Zukunft
Die Resonanz sei durchweg positiv gewesen. Viele seien sonst selten in der Kirche, dieser Gottesdienst aber habe sie begeistert. Silke Does, Mitglied der Gemeinde, sagte: «Der Mittelalter-Gottesdienst war einfach klasse! Die Darstellenden waren super und alles wirkte sehr authentisch.» Bickel hob hervor, dass die sinnliche Gestaltung wichtig gewesen sei, da viele Menschen im Mittelalter weder lesen noch schreiben konnten. Licht, Klang, Duft und rituelle Handlung hätten daher zentrale Bedeutung gehabt. Ab 2026 soll der Gottesdienst jährlich zum Kunigundentag am 13. Juli stattfinden. «Ein mittelalterlicher Gottesdienst mit großer Modernität!», resümierte Bickel.
Zum Abschluss gab die Musikschule mit Stücken wie «Carmina Burana», «Tanz der Vampire» und «Viking» ein Konzert. Eingebettet war der Gottesdienst in ein Mittelalterfest rund um die Stiftskirche.
Jubiläum und Führungen

Zur Erinnerung an die Weihe der Kaufunger Stiftskirche am 13. Juli 1025 gibt es jeweils am 13. eines Monats Veranstaltungen, aber auch an weiteren Daten. Höhepunkt ist das Festwochenende vom 11. bis 13. Juli. Am 11. Juli wird ab 17 Uhr mit Worten und Musik an die Stifterin Kunigunde erinnert und die Skulptur von ihr enthüllt. Der Festgottesdienst wird am Sonntag, 13. Juli, mit Dekanin Anja Fülling, Posaunenchor, Kantorei und weiteren Mitwirkenden gefeiert.
Öffentliche Führungen in der Stiftskirche
In der Stiftskirche werden bis einschließlich Oktober an jedem ersten Sonntag im Monat öffentliche Führungen angeboten. Beginn ist jeweils um 15 Uhr am Haupteingang. Der Eintritt kostet fünf Euro, Kinder und Jugendliche nehmen kostenlos teil. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die nächsten Termine sind der 3. August, 7. September und 5. Oktober. Von Freitag bis Sonntag ist die Kirche meist öffentlich zugänglich.