«Offene Türen am Heiligabend», ist die Veranstaltung betitelt und zieht ganz unterschiedliche Menschen an. Viele sind obdachlos, suchtkrank oder einsam, es kommen aber auch eher bürgerliche Familien – jüngst war eine ganze Gruppe Studierender aus Brasilien dabei, die neu in Kassel waren und noch kaum Kontakte hatten.
Es gibt viel zu tun
Jens Domes, der Diakon und Kulturbeauftragter an der Karlskirche ist, organisiert den Abend mit bis zu 15 Ehrenamtlichen. Zu tun gibt es viel. Im Vorfeld werden Spenden bei Geschäften und Restaurants organisiert. So steht dann ab 18.30 Uhr ein großes Büffet im Kirchenraum bereit. Der Andrang sei immer groß, im vergangenen Jahr kamen gut 150 Personen.
Im Inneren der altehrwürdigen Kirche sind Stuhlkreise aufgebaut, dort wird gegessen. Doch das ist nicht alles an diesem besonderen Abend. Es gibt immer eine Bescherung aus großen Jutesäcken. Auch diese Geschenke kommen aus Spenden. Oft, sagt Domes, seien es Gegenstände des täglichen Bedarfs: Handtücher, Zahnbürsten, Seife oder mal ein Kartenspiel. Nach dem Auspacken beginnt das große Tauschen.
Doch der Heilige Abend in der Karlskirche ist mehr als ein kostenloses Essen. Zum Programm gehört die Weihnachtsgeschichte und – ganz wichtig – der gemeinsame Abschluss. Am Ende des Abends stehen alle mit Kerzen in der Hand in einem großen Kreis und singen «Stille Nacht, heilige Nacht». Dann würden auch oft Tränen fließen. Es sei für die Gäste an diesem Abend gar keine Frage, dass das Lied und die Weihnachtsgeschichte dazugehörten, sagt Domes: «Das Ritual stellt uns alle in einen größeren Zusammenhang.» Auch für Menschen, die mit Kirche in ihrem Leben wenig oder nichts mehr zu tun hätten, sei es völlig in Ordnung, dass Gott an diesem Abend vorkomme. Das gehe gut, sagt Domes, weil die Kirche hier zugleich authentisch Nächstenliebe zeige.

Jens Domes
Jens Domes
Jens Domes, geboren 1967 in Gießen ist Diakon und Kulturbeauftragter der Karlskirche.
Er hat nach seiner Ausbildung zum Drucker, dem Zivildienst auf der Insel Borkum und der religionspädagogischen Ausbildung eine theaterpädagogische Qualifikation erworben, Kulturmanagement studiert und ist heute freischaffender Künstler und Musiker.
Der Heiligabend in der Karlskirche ist keine heile Welt. Natürlich brächten die Menschen, von denen manche im Leben «aus der Kurve geflogen» seien, ihre Probleme mit an diesem Abend, sagt Domes. Manchmal gebe es auch Unstimmigkeiten.
Aber die Feier hier ist für alle, ob Helfende oder Gäste, ganz besonders. Ein Ort der Gemeinschaft an diesem Abend, an dem die Innenstadt still und verwaist ist. Und er passt auch in die lange Tradition der Weihnacht. An der Krippe versammelten sich auch Menschen aller Schichten: arme Hirten und reiche Sterndeuter.
Weihnachten für alle
In vielen Kirchengemeinden in Kurhessen-Waldeck gibt es spezielle Angebote an Weihnachten. In Bad Hersfeld beispielsweise bieten Kirchengemeinde, Tafel und die Stadt ein Weihnachtsessen in Gemeinschaft von 11 bis 15 Uhr in der Stadthalle an. Ebenfalls in Bad Hersfeld kann man Heiligabend 17 bis 21 Uhr im Martin-Luther-Haus gemeinsam verbringen. Ein Weihnachtsgottesdienst für Trauernde wird am Heiligabend ab 11 Uhr auf dem Friedhof Frauenberg in Fulda gefeiert.
Weitere Angebote Ihrer Kirchengemeinden finden Sie im Internet sowie in der Tagespresse.

«Advent: Auf dem Weg» als E-Paper
Im Zeichen des Sterns steht die Adventsausgabe des «blick in die kirche magazins». Die Redaktion hat sich zeigen lassen, wie und wo die weltberühmten Herrnhuter Sterne entstehen. Sie geht der Frage nach, wie man nach den Sternen navigieren kann und unter welchen Bedingungen Maria und Josef gereist sein könnten.
Im Advent ist man nach christlichem Verständnis auf dem Weg zur Krippe. Grund genug, Menschen vorzustellen, die in ihrem Leben noch einmal ganz neue Wege eingeschlagen haben. Und wir stellen Wegbegleiter und -begleiterinnen vor, etwa in der Gehörlosenseelsorge und am Heiligen Abend in der Kasseler Karlskirche, wo ein Fest für alle gefeiert wird, die kommen möchten. Im Interview erzählt Dr. Dagmar Pruin, Präsidentin des Hilfswerks «Brot für die Welt», wie sie sich die Hoffnung auf eine bessere Welt bewahrt und was ihr persönlicher Weihnachtwunsch ist.
Das «blick in die kirche-magazin» bietet einem großen Lesepublikum viermal im Jahr ein buntes Angebot an Themen rund um Kirche und Diakonie, aber auch darüber hinaus. Jedes Heft hat ein Titelthema, das in unterschiedlichen Formen entfaltet wird. In Interviews, Reportagen, Berichten und geistlichen Texten informiert und unterhält die Redaktion die Leserinnen und Leser. Ergänzt wird das Angebot mit Ratgeber- und Lebenshilfethemen sowie dem beliebten Preisrätsel. In einer Auflage von 245.000 Exemplaren liegt das Magazin den Tageszeitungen in Kurhessen-Waldeck bei und kann online unter blickindiekirche.de als E-Paper gelesen werden.