In Hanau richten die evangelische und die katholische Kirche einmal pro Quartal eine Trauerfeier auf dem Hauptfriedhof aus. Am Kindergrabmal haben Eltern und Angehörige die Möglichkeit, Abschied zu nehmen. Die Fäden in der Organisation laufen bei der Klinikseelsorge zusammen, unter anderem ist Pfarrerin Simone Heider-Geiß dafür verantwortlich. In der Zeremonie werden die sterblichen Überreste in zwei kleinen Särgen zu der Grabstätte gebracht, deren Optik an Bausteine erinnert.
Gerade Fehlgeburten, sagt die Pfarrerin, seien gesellschaftlich noch ein Tabu, es werde kaum darüber gesprochen. Dabei sind sie nicht selten. Allein im Klinikum Hanau gebe es 30 bis 70 betroffene Familien pro Quartal. Auch nach Abtreibungen bestehe die Möglichkeit, so Abschied zu nehmen, berichtet die Pfarrerin.
Sie setzt sich auch dafür ein, dass im Klinikalltag die Sensibilität für betroffene Familien wächst. So gebe es im Klinikum inzwischen eine spezialisierte Palliativschwester. Und es gibt Vereine wie «Unsere Sternenkinder Rhein-Main», die beispielsweise Rückbildungskurse für betroffene Mütter anbieten, sodass diese den Kurs nicht mit anderen Frauen belegen müssen, die glücklich von ihren Kindern erzählen.
Simone Heider-Geiß erinnert sich an den Anruf einer Mutter, die vor Jahren ihr Kind verloren hatte und in der Trauer den Hinweis auf die Bestattung nicht wahrnahm. Bekannte erzählten ihr später, das tote Kind sei wohl entsorgt worden. Doch die Pfarrerin konnte ihr sagen, wann die Bestattung war. «Sie haben», sagte die Mutter, «mir mein Kind zurückgegeben.»
Der Umgang mit Verstorbenen hänge direkt mit der Menschenwürde zusammen, begründet Pfarrerin Heider-Geiß das Engagement der Kirchen. Und das gilt genauso für eine andere Gruppe Menschen, die selten im Fokus der Öffentlichkeit steht.
Ein Mann, der erst zwei Wochen nach dem Tod in seiner Wohnung gefunden wurde, keine bekannten Angehörigen oder Freunde: Mit solch einem Fall hatte Heider-Geiß bereits als Vikarin – also noch in der Ausbildung – zu tun. Zur Beisetzung kamen außer ihr nur der Bestatter und Friedhofspersonal. Inzwischen gibt es in Hanau monatlich eine Trauerfeier gemeinsam mit der katholischen Kirche, in der Urnen von Menschen beigesetzt werden, die kein Geld hatten und oft einsam und allein waren. Vorab bemühen sich die Seelsorger und Seelsorgerinnen, etwas über die Verstorbenen herauszufinden: Gibt es Freunde, Verwandte oder Bekannte, die zur Trauerfeier kommen möchten? Oder Pflegepersonal?
Bei mittellosen Menschen müssen die Kommunen die Beerdigung bezahlen, oft wird da nach der kostengünstigsten Lösung gesucht. Doch den Kirchen ist es wichtig, dass das nicht «sang- und klanglos» geschieht, im wahrsten Sinne des Wortes. Heider-Geiß bereitet für die Trauerfeier Musik vor, die gesungen oder abgespielt wird. Für die Verstorbenen wird eine Namensplakette an einer Stele angebracht. Die Würde des Menschen, das ist der Kirche wichtig, gilt jedem und jeder – und sie endet nicht mit dem Tod.
«An der Liebe Gottes halten wir, gerade angesichts des Todes, fest», sagt Simone Heider-Geiß, «und an der Hoffnung auf die Auferstehung der Toten.»
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