Meine Suche

TaufeKonfirmationTrauung
Kassel / ekkw.de, Fragen: Christian Küster
Veröffentlicht 20 Aug 2025

Herr Dr. Meißner, die EKKW ist in internationalen Netzwerken evangelischer Kirchen und Missionsgesellschaften aktiv – etwa in der EMS, dem ELM Hermannsburg und der VEM. Wird sie das auch künftig sein?

Dr. Diethelm Meißner: Nein. Es ist eine Grundentscheidung im Rahmen der Synodalvorlagen vom Frühjahr, uns in den Arbeitsfeldern bei zurückgehenden Mitteln stärker zu konzentrieren. Und das haben wir strategisch für die verschiedenen «Ebenen» der Ökumene durchdacht: Auf der europäischen Ebene bilden wir mit 95 anderen evangelischen Kirchen die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE). Diese Gemeinschaft repräsentiert 50 Millionen Evangelische. Sie ist uns wichtig, dort engagieren wir uns personell und finanziell.

Genauso soll es auch auf der internationalen «Ebene» geschehen. Wir konzentrieren uns personell und finanziell auf das Engagement in der internationalen Kirchengemeinschaft der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) mit Sitz in Wuppertal. Gegenwärtig gehören wir noch zwei weiteren Kirchengemeinschaften an: der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS) (Stuttgart) und dem Evangelisch-Lutherischen Missionswerk Niedersachsen (ELM) (Hermannsburg). – Die früheren Missionswerke oder Missionsgesellschaften haben sich – in unterschiedlichen Graden – zu internationalen Kirchengemeinschaften entwickelt – mit einem Miteinander auf Augenhöhe. Um das zu leben, braucht es Engagement. Es braucht Personen, die bereit sind, sich einzubringen. Und es braucht natürlich auch Finanzen.

Das können wir als kleiner werdende Kirche mit absehbar zurückgehenden Finanzen nicht mehr dreifach leisten. Wir treten daher nach einer Übergangszeit im Jahr 2028 aus dem ELM in Hermannsburg aus.

Über das Zentrum Oekumene in Frankfurt möchten wir mit der EKHN etwas umsetzen, was wir «komplementäre Mitgliedschaft» in VEM und EMS nennen. Das sieht so aus, dass die EKHN sich schwerpunktmäßig bei der EMS engagiert, wir hingegen uns finanziell und personell auf das absolute Minimum beschränken. Für die VEM ist es umgekehrt: Dort wollen wir uns nachdrücklich personell wie auch mit den uns möglichen Finanzmitteln einbringen.

Portraitfoto von Dr. Diethelm Meißner

Zur Person

Dr. Diethelm Meißner (63) ist als Dezernent zuständig für die Bereiche Diakonie und Ökumene der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. In seinem Dezernat wird die kirchliche Arbeit in internationalen Partnerschaftsfragen verantwortet. Im Bereich Ökumene koordiniert er mit den Mitarbeitenden die Beziehungen zu anderen Kirchen und Konfessionen, pflegt internationale Partnerschaften und begleitet die Zusammenarbeit im Zentrum Oekumene der EKKW und EKHN. Ziel ist ein lebendiger Austausch auf Augenhöhe und die Förderung gemeinsamer Projekte für Gerechtigkeit, Frieden und geistliches Leben.

Was sind die Beweggründe für diese Veränderungen – und welche konkreten Ziele verbinden Sie damit für die Arbeit der Landeskirche?

Dr. Meißner: Ich erlebe es gegenwärtig so, dass wir von den vielen Aktionen und Kampagnen von ELM, EMS und VEM nur wenig umsetzen. Wir identifizieren uns meiner Wahrnehmung nach mit keinem dieser drei Werke so richtig – und verstehen diese Aktionen und Kampagnen auch nicht wirklich als «unsere».

Durch die Konzentration hoffe ich, dass wir zu einer anderen Haltung kommen: die VEM ist dann «unsere” Kirchengemeinschaft. Aus dem Miteinander mit den anderen Geschwisterkirchen kommen wichtige Impulse für geistliches Leben wie für kirchliche Entwicklung. Und das können wir gut gebrauchen. Und wir können unsererseits Impulse in die Kirchengemeinschaft einbringen.

Ich möchte als Dezernent dafür sorgen, dass wir diese Gemeinschaft aktiv mitgestalten und angebotene Begegnungen wahrnehmen.

Was genau die Vereinte Evangelische Mission ist, wird in diesem Video erklärt.

«Mission» war lange mit dem Anspruch verbunden, andere zu bekehren. Heute setzen viele Kirchen auf Dialog und Zusammenarbeit. Wie hat sich dieses Verständnis gewandelt?

Dr. Meißner: Ich nehme das auch so wahr. Auch wenn wir oft noch von «Missionswerken» sprechen, das Selbstverständnis von EML, EMS und VEM ist ein anderes. In einer internationalen Kirchengemeinschaft begegnen Menschen sich auf Augenhöhe und verstehen Mission eher als das Handeln Gottes, an dem dieser uns an den verschiedenen Orten dieser Erde mit hineinnimmt.

Als internationale Kirchengemeinschaft ist z.B. die VEM ganz praktisch unterwegs: die Mitglieder tragen Geld zusammen für Notlagen – so haben die indonesischen Kirchen bei der Flutkatastrophe im Ahrtal Geld für den Wiederaufbau von Kirchen und Gemeindehäusern gesammelt. – Die Beziehungen zwischen deutschen und afrikanischen Kirchen waren lange Zeit vom Gefühl der «deutschen Überlegenheit» geprägt, die Kirchengemeinschaft ist ein Rahmen, um solche rassistischen und kolonialistischen Vorstellungen zu bearbeiten – und dabei auch sensibel zu werden für den Rassismus, der uns in unseren Kirchen noch nach wie vor geprägt hat. Ein anderes Beispiel ist für mich der internationale Personalaustausch: So war im letzten Jahr ein Finanzverantwortlicher aus einer tansanischen Mitgliedskirche in Namibia, um dort mit den Verantwortlichen für Finanzen an einer Neustrukturierung von Haushalt und Finanzwesen bei der lutherischen Kirche zu arbeiten.

Das alles finde ich sehr ermutigende Beispiele für eine neue Form des Miteinanders in weltweiter Geschwisterlichkeit.

Vielen Dank für das Gespräch!