In den Novembertagen 1938 brannten unzählige Synagogen, jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden verwüstet und jüdische Bürger misshandelt und getötet. Drei Jahre vor Beginn der systematischen Massendeportationen und nach zahlreichen rechtlichen Diskriminierungen erhielt die Verfolgung der Juden mit den Ausschreitungen einen neuen Charakter.
Gedenken in Kurhessen-Waldeck
Zur Erinnerung an diese dunkelste Zeit deutscher Geschichte gibt es in den Regionen der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck Gedenkfeiern, Gottesdienste und Vorträge. Wir stellen ausgewählte Veranstaltungen vor:
7. November
Kassel: Am Freitag, 7. November 2025, um 15 Uhr erinnern die Stadt Kassel und die Jüdische Gemeinde Kassel mit einer Kranzniederlegung am Mahnmal für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus an die Ereignisse vor 87 Jahren. Bereits am 7. November 1938, zwei Tage vor den reichsweiten Pogromen, kam es in Kassel zu ersten Ausschreitungen: Steine flogen gegen die Synagoge. Gedenkort ist der alte jüdische Friedhof im Fasanenweg.
8. November
Borken: Am Jüdischen Friedhof startet um 18 Uhr ein Schweigemarsch zum Standort der ehemaligen Synagoge in der Hintergasse. Der Weg führt weiter zu Orten des Terrors in der Kirchstraße und der Bahnhofsstraße. Ab 19 Uhr erinnern Stadtverordnetenvorsteher Michael Weber und Bürgermeister Marcèl Pritsch in der «Sichtbar» im Glashaus an die Verbrechen. Auch Schülerinnen und Schüler beteiligen sich am Gedenken.
Homberg Efze: Der ökumenische Arbeitskreis Homberg und die Stadt Homberg laden zu einer Gedenkfeier ab 17 Uhr in das Kulturzentrum «Krone» ein.
Roth: Der Arbeitskreis Landsynagoge Roth lädt am Samstag, 8. November 2025, um 18 Uhr zu einer Gedenkstunde in die Landsynagoge Roth ein. Die Feier wird in Kooperation mit dem Pfarramt Unteres Lahntal I gestaltet. Vikarin Susanna Maibaum hat die Veranstaltung gemeinsam mit Konfirmandinnen und Konfirmanden der Gesamtschule Niederwalgern vorbereitet. Landrat Jens Womelsdorf und Bürgermeister Markus Herrmann sprechen Grußworte, Thorsten Schmermund von der Jüdischen Gemeinde Marburg hält das Totengedenken.
Zierenberg: Die Gedenkveranstaltung beginnt um 18 Uhr an der Gedenktafel der ehemaligen Synagoge in der Mittelstraße 41. Für die Dauer der Veranstaltung wird die Mittelstraße zwischen 17.30 und 19 Uhr ab der Schulgasse gesperrt. Anschließend setzt sich das Programm um 19.30 Uhr im Zierenberger Rathaus unter dem Titel «Kirche und Kultur» fort. Dort liest Bestsellerautor Tim Pröse aus seinem Buch «Wir Kinder des 20. Juli – Töchter und Söhne des Widerstands gegen Hitler erzählen ihre Geschichte».
9. November
Bad Hersfeld: Das Pogrom-Gedenken findet um 15 Uhr am Schillerplatz statt. Außerdem heißt es vom 1. bis 20. November wieder «Bad Hersfeld liest ein Buch». Diesmal geht es in den Lesungen um «Das Tagebuch der Anne Frank». (Programm aufrufen)
Fulda: Die Stadt Fulda erinnert gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde an die Zerstörung der Synagoge während der Novemberpogrome 1938. Jugendliche der Projektgruppe «Jüdisches Fulda» erzählen die Geschichte einer jüdischen Familie zur Zeit des Nationalsozialismus und danach. Im Anschluss wird die digitale Rekonstruktion der Fuldaer Synagoge vorgestellt. Die Gedenkfeier beginnt um 18 Uhr im Museumshof, die Präsentation folgt um 19.30 Uhr im Kanzlerpalais, Unterm Hl. Kreuz 1.
Marburg: Zu einer Besinnungsstunde ab 18 Uhr laden die Universitätsstadt Marburg, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und die Jüdische Gemeinde Marburg in den Garten des Gedenkens ein. Die Stadt bittet, keine Blumengeschenke mitzubringen. Stattdessen können Steine nach jüdischem Brauch niedergelegt oder Kerzen aufgestellt werden.
Niederaula: «Stimmen gegen das Vergessen» – Zum Gedenken an die Reichspogromnacht lesen Pfarrer Werner Ewald, Hasibe Özaslan und Jürgen Böthig Passagen aus Anne Franks Tagebuch. Konfirmandinnen und Konfirmanden geben Einblicke in ihr Leben. Musikalische Beiträge, eine Ausstellung und ein Gottesdienst begleiten die Veranstaltung. Beginn: 17 Uhr in der Kirche Niederaula.
Wippershain: Literaturgottesdienst «Gott will uns glücklich sehen» zum Tagebuch von Anne Frank, 11 Uhr in Kirche/Gemeindehaus Wippershain. Mitwirkende: Pfarrerin Silke Kohlwes und Pfarrerin Imke Leipold. Musik: Nicole Briese (Gesang) und Carolin Sieling (Piano).
Wolfhagen: Die Stadt Wolfhagen lädt am 9. November um 17 Uhr in den Kulturladen zur Gedenkveranstaltung für die jüdischen Menschen ein, die während der NS-Herrschaft verfolgt, verschleppt und ermordet wurden. Geplant sind eine musikalische Lesung mit Stücken von Yana Krasutskaya sowie Beiträge von Schülerinnen und Schülern der Walter-Lübcke-Schule zur Geschichte der Wolfhager Synagogengemeinde. Autor Ernst Klein liest aus seinem Buch «Eine Hummel auf dem Mond», das Biografien nordhessischer Jüdinnen und Juden enthält. Ab 18 Uhr folgt ein Schweigemarsch zur ehemaligen Synagoge in der Mittelstraße, wo das neue Denkmal enthüllt wird.
10. November
Neukirchen: Am Gedenkstein vor der ehemaligen Synagoge in der Untergasse findet ab 9.30 Uhr eine Gedenkveranstaltung statt. Neben der örtlichen Politik beteiligen sich die Steinwaldschule Neukirchen, die Melanchtonschule Steinatal sowie die evangelische und katholische Kirchengemeinde.
Hanau: Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hanau erinnert gemeinsam mit der Stadt Hanau an die Opfer der Novemberpogrome 1938. Das ökumenische Gedenken beginnt um 16.30 Uhr am Mahnmal für die zerstörte Synagoge in der Nordstraße.
11. November
Fulda: Am Dienstag, 11. November, findet um 19 Uhr in der Hochschul-, Landes- und Stadtbibliothek am Heinrich-von-Bibra-Platz 12 ein Vortrag von Dr. Michael Imhof zu jüdischem Leben in Fulda zur Zeit des Nationalsozialismus statt. Der Vortrag gehört zur Ausstellung «200 Jahre Emanzipation der Juden in Fulda und Region», die bis zum 30. November in der Bibliothek präsentiert wird.
14. November
Schwalmstadt-Treysa: Im Werkraum in der Steingasse 7 findet von 17 bis 20 Uhr ein Abend unter dem Motto «Gedanken zum Gedenken» zur Reichspogromnacht statt. Mit Musik und Lesungen wird von Frauen erzählt, die in Zeiten der Reichskristallnacht Menschlichkeit und Widerstand lebten.
17. November
Fulda: Vortrag «Legaler Raub durch ‚Entjudung‘ und Enteignung» von Dr. Anja Listmann Heiler. Beginn: 19 Uhr im Haus Oranien in Fulda.
Goebbels gab Zeichen für Gewaltaktionen
Als Vorwand für die Übergriffe diente den Nationalsozialisten das Attentat des aus Hannover stammenden 17-jährigen Juden Herschel Feibel Grynszpan auf den deutschen Diplomaten Ernst vom Rath am 7. November 1938 in Paris. Propagandaminister Joseph Goebbels nutzte die Gelegenheit, um bei einem Treffen von Parteiführern in München das Signal für die Gewaltaktionen in ganz Deutschland und Österreich zu geben.
In der Öffentlichkeit versuchte die NS-Führung, die Welle der Gewalt als «spontanen Ausbruch des Volkszorns» erscheinen zu lassen. Die Ausschreitungen begannen bereits am 7. November in Nordhessen und dauerten bis zum 13. November.
An den Gewalttaten beteiligten sich vor allem SA- und SS-Männer und Parteimitglieder, vielerorts aber auch Deutsche, die nicht den NS-Organisationen angehörten. Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass während und infolge der Gewalt mehr als 1.300 Menschen getötet und mindestens 1.400 Synagogen stark beschädigt oder zerstört wurden.
Enteignungen, Deportationen und Todeslager
Das öffentliche Leben der Juden in Deutschland kam nach den Pogromen völlig zum Erliegen. Nach den gewaltsamen Übergriffen begann auch die flächendeckende staatliche Enteignung jüdischen Besitzes. Drei Jahre später, im Jahr 1941, setzten die Deportationen deutscher Juden in die Todeslager ein.
judentum-digital.de

Die Jüdische Gemeinde Hanau betreibt das Online-Angebot «Judentum digital», in dem für Interessierte eine digitale Gemeinde- und Synagogenführung bereitsteht, bei der die jüdische Religion sowie alltägliche Traditionen und Bräuche vor Ort beschrieben werden. Außerdem werden weitere religiöse, aktuelle und gesellschaftspolitische Aspekte des Judentums erklärt.
