In dem Konzentrationslager, das später ein ein «Arbeitserziehungslager» der Gestapo war, wurden Menschen zwangssterilisiert, Zwangsarbeiter starben an den Folgen der grausamen Haft, etliche nahmen sich das Leben. Ende März 1945, als die alliierten Truppen anrückten, ließ die Gestapo 28 Häftlinge am Fuldaberg erschießen.
Die Verbrechen geschahen mitten im Ort am und um das ehemalige Kloster in Nordhessen. Darum, dass die Erinnerung nicht verblasst, kümmert sich das Gedenkstättenteam rund um die Historikerin Dr. Ann Katrin Düben. Die Arbeit ruht auf zwei Säulen, erläutert sie: Gedenken und Vermittlung.
Den Menschen, die bestialisch ums Leben kamen, etwas Würde zurückzugeben, das sei das Ziel des Totengedenkens. Als Beispiel nennt Düben Willy Hermann Tietz, der aus einer jüdischen Familie stammte und bald ins Visier der Nazis geriet. In Breitenau musste er in der Landwirtschaft arbeiten. Unter Misshandlung und unmenschlichen Haftbedingungen starb er 1944. Sein Sohn Horst überlebte das KZ Buchenwald. In Breitenau gibt es nun ein Ehrengrab, das erhalten bleibt, und für die Familie Tietz einen Trauerort.
Wegen ein paar Kartoffeln ins Lager
Wenn Jugendliche und Erwachsene die Zellen sehen, in denen Gefangene Botschaften eingeritzt haben, oder erfahren, dass der Verdacht, Kartoffeln geklaut zu haben, Haftgrund für das Lager sein konnte, bekommen sie eine Vorstellung vom Leben in einer Diktatur und möglichst davon, wie grundlegend Menschenrechte sind. «Wenn wir Fragen aus der Geschichte aufwerfen, hoffen wir, dass Bezüge zu heute gesehen werden», sagt Ann Katrin Düben. Die Gedenkstätte setzt dabei auf unterschiedliche Zugänge und Medien. Führungen und halbtägige Bildungsveranstaltungen gehören dazu, bei denen Schüler und Schülerinnen oder Erwachsene die Biografien früherer Häftlinge erkunden, Texte schreiben und sich gegenseitig vortragen.
Gedenkveranstaltungen, Lesungen und Vorträge sind ebenso Teil des Angebots wie multimediale Inhalte, etwa ein Podcast, ein Instagram-Account und die Homepage, auf der es viele Informationen zum Lager und zu den Menschen gibt, die dort hingebracht wurden.
Das Team der Gedenkstätte Breitenau: von links Anna Domdey, Annika Stahlenbrecher und Dr. Ann Katrin Düben
Interesse an Geschichte wächst
Dem 40. Jahr ihres Bestehens hat die Gedenkstätte Breitenau die Überschrift «Erinnern für eine demokratische Gesellschaft» gegeben. Sie macht deutlich, dass Gedenken und Wissen über die Vergangenheit mit der Gegenwart in Verbindung gesetzt werden sollten.
Dass das Konzept ankommt, belegen die Besuchszahlen. Von 2022 auf 2023 gab es eine Steigerung um 28 Prozent, aber auch im Vergleich zur Zeit vor Corona gebe es Zuwächse, sagt Düben. Trotzdem ist nicht alles rosig. Es komme hin und wieder vor, dass Jugendliche die Geschichte in der Gedenkstätte leugneten und aggressiv argumentierten. Das passiere nicht oft und falls doch, werde konsequent reagiert.
In der Gedenkarbeit sei viel erreicht worden, findet die Historikerin, gleichzeitig gelte in dieser Zeit, in der Rechtspopulisten Zulauf haben: «Unsere Arbeit ist heute so wichtig wie nie zuvor.» Deswegen sei auch eine stabile Finanzierung der Gedenkstätten notwendig. Aus der Geschichte lernen – so lässt sich das Konzept zusammenfassen. Oder in den schlichten Worten: Nie wieder!
gedenkstaette-breitenau.de
Die Gedenkstätte Breitenau feierte im September 2024 ihr 40-jähriges Bestehen. Ihre Gründung in den 1980er Jahren steht für einen tiefgreifenden erinnerungskulturellen Wandel in der Bundesrepublik. Nachdem die nationalsozialistischen Verbrechen jahrzehntelang beschwiegen worden waren, begeben sich seit Ende der 1970er Jahre immer mehr Menschen auf historische Spurensuche. Sie fragen nach der NS-Geschichte in ihrer Nachbarschaft, entdecken Tatorte und „vergessene“ Verfolgtengruppen wieder: „Grabe, wo du stehst“ (Sven Lindqvist) wird für die Geschichtsbewegten zum Leitspruch.
Gedenkstätte Breitenau, Brückenstraße 12, 34302 Guxhagen, Tel. 05665/3533
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