Plötzlich ein trommelndes Geräusch, das bald verschwindet. Aber der Geruch der Wildschweine bleibt noch lange in der Nase. Im Dunkel der Nacht sind solche Wahrnehmungen viel stärker, Hör- und Geruchssinn sind geschärft, die Eindrücke tiefer. So erzählt es Matthias Hucke, der als Wanderführer im Schwalm-Eder-Kreis mit Gruppen schon gut 20 Mal die Nacht durchwandert hat.
Von Sonnenuntergang bis -aufgang gehen die Touren, die nie unter 20 Kilometer lang sind. Die Momente am Start und am Ziel seien auch die schönsten, sagt Hucke. Wenn die Tour geschafft, die Sonne wieder da ist und gemeinsam gefrühstückt wird, dann sei das eine Freude für alle.
Auch Pfarrer Fredy Henning hat schon manche Nacht durchschritten; allerdings mit einem anderen Hintergrund. Gemeinsam mit katholischen Christen lädt er Männer zum ökumenischen Nachtpilgerweg ein. Gewandert wird vom Abend des Gründonnerstags bis in den Karfreitag hinein. Neben dem Wandern ist die Spiritualität wichtig. An vier Wegstellen gibt es geistliche Impulse, die jeder mit in die Nacht nimmt. Ein Wanderer geht der Gruppe mit einem geschmückten Kreuz voran.

Geschmücktes Kreuz voran: Die Pilger auf dem Weg durch die Nacht
Auf einem Wegabschnitt wird geschwiegen, 20 Minuten lang. «Das ist», sagt der pensionierte Pfarrer, «sehr eindrucksvoll.» Jeder Teilnehmer bringt einen Stein mit, der Teil eines gelegten Kreuzes wird. Und alle sind gebeten, je einen Holzscheit dabei zu haben, der an der Feuerstelle in die Flammen gelegt wird und für willkommene Wärme sorgt.
Denn in der Karwoche ist es oft noch kalt. Ohnehin sei die Pilgertour eine physische und mentale Herausforderung. Körper und Geist sind es ja nicht gewohnt, die ganze Nacht zu laufen anstatt auszuruhen. Irgendwann komme fast jeder an seinen toten Punkt, sagt Henning: «Es ist mit Überwindung verbunden.»
Auch Wanderführer Matthias Hucke kennt solche Momente von seinen Gruppen. Bei seinen Nachtwanderungen in den kurzen Sommernächten gibt es nur eine relativ kurze Phase, in der es richtig dunkel ist. «Dann», sagt Hucke, «tritt Ruhe ein.»
Wenn aber die Dämmerung sich langsam einstellt und die ersten Vögel ihre Lieder anstimmen, wissen alle, dass es nicht mehr so ganz weit bis zum Ziel ist. Dann wachse die Euphorie und der Stolz, die lange Strecke geschafft zu haben, erzählt Hucke, der selbst schon als Kind gerne gewandert ist.
Der morgendliche Gesang der ersten Vögel ist auch für Pfarrer Henning immer ein besonderer Moment beim Männerpilgern. Es sind diese Eindrücke, die für die Anstrengung entschädigen und für die Momente, wo man sich frage: «Warum tue ich mir das eigentlich an?»
Die Pilgertour beginnt traditionell in einer katholischen Kirche und endet in einer evangelischen – oder umgekehrt. Mit einer warmen Suppe und einem Segen des katholischen Weihbischofs geht es auf die Strecke. Mit einem sättigenden Frühstück und einem geistlichen Impuls in der Kirche endet der Pilgerweg durch diese Nacht, die für Christen in Gedenken an Jesus Christus eine besondere Bedeutung hat.
Wandern und Pilgern
Der Nachtpilgerweg für Männer wird von Gründonnerstag, 17. April, 21 Uhr, bis Karfreitag, 8 Uhr ab Gelnhausen-Meerholz gelaufen. Anmeldung per Mail unter maennerpastoral@bistum-fulda.de
Infos: Fredy Henning, Tel. 06184/902529
Auch das Kloster Germerode bietet eine solche Pilgertour an:
kloster-germerode.de/programm-2025/
Näheres zu Wanderungen mit Matthias Hucke u.a. auf www.rotkaeppchenland.de unter dem Menüpunkt „Wandern“

«Durch die Nacht» als E-Paper
Wie erleben Menschen die Nacht? Eine Kioskbetreiberin in Hanau, ein Wohnungsloser, eine Apothekerin – das neue blick in die kirche-Magazin widmet sich dem Thema Nacht aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Auch die letzte Nacht Jesu im Garten Gethsemane wird theologisch beleuchtet.
Das Magazin, erschienen am 5. April als Beilage zur Tageszeitung und als E-Paper, begleitet Leserinnen und Leser durch nächtliche Pilgerwanderungen, die Osternacht, medizinische Aspekte des gesunden Schlafs und Probleme wie Lichtverschmutzung. Eine Nachtforscherin erklärt im Interview, warum Menschen früher in Etappen schliefen, was nächtliche Gottesbegegnung besonders macht – und woher die Redewendung «jemandem heimleuchten» stammt.
Das blick in die kirche-Magazin erscheint vierteljährlich in einer Auflage von 225.000 Exemplaren als Beilage der regionalen Tageszeitungen in Kurhessen-Waldeck. Es bietet Interviews, Reportagen, geistliche Impulse sowie Lebenshilfe und Ratgeberthemen – ergänzt durch ein beliebtes Preisrätsel.