„Es ist traurig zu sehen, dass die DAFEG-Gemeinde kleiner wird“, sagte die Bischöfin. Es sei nicht einfach, Mitarbeitende zu finden, die bereit seien, Gebärdensprache zu erlernen. Auch in den Gemeinden und Treffpunkten der Gehörlosen sinke teilweise die Zahl der Aktiven. „Was Sie in der Gehörlosenarbeit erleben, erfahren wir in fast allen kirchlichen Arbeitsfeldern: Wir sind eine Kirche, die kleiner wird. In ungefähr fünfzehn Jahren werden wir voraussichtlich nur noch halb so viel Geld, halb so viele Mitarbeitende und halb so viele Räume haben“, führte die Bischöfin vor Augen.
Predigten und Lesungen in Gebärdensprache verändern Gemeinden
Um unter diesen Umständen Freude, Schaffenskraft und Gemeinschaft zu erhalten, helfe es, „bei Jesus in die Lehre zu gehen: Jesus kannte die Situation, mal vor 5.000 Zuhörenden zu predigen und beim nächsten Besuch vor ein paar Dutzend“, so die Bischöfin, die an das Gleichnis vom Sämann (Mt 13, 1-8) erinnerte und deutlich machte: „Wachstum im Glauben wird es immer geben – auch in einer Kirche, die schrumpft“. Es stimme sie zudem hoffnungsvoll, dass nun gehörlose Lektorinnen und Lektoren über die Grenzen der Landeskirchen hinweg ausgebildet werden. Es verändere Gemeinden, wenn die Menschen Lesungen und Predigten in Gebärdensprache halten, die sich am liebsten in dieser Sprache ausdrücken. „Eine Gemeinschaft von Gehörlosen wird wachsen, wenn möglichst viele Aufgaben von Gehörlosen selbst gestaltet werden“, sagte die Bischöfin.
Aber auch auf die negativen Erfahrungen, die gehörlose Menschen machten, ging Bischöfin Hofmann ein: „Immer wieder erleben Gehörlose: Sie werden abgelehnt und benachteiligt. Sie werden übersehen. Andere sprechen nicht mit ihnen, sondern über sie.“ Nur an wenigen Orten könnten sie sich ganz selbstverständlich in Gebärdensprache verständigen. Die Gehörlosengemeinden zählten zu diesen seltenen Orten, so die Bischöfin: „Darum ist es wichtig und notwendig, diese Orte zu erhalten und sie achtsam zu gestalten.“
"Wo Glauben gedeiht, wachsen Menschen"
Predigt von Bischöfin Dr. Beate Hofmann am 14.10.2024 beim Eröffnungsgottesdienst bei dem EKD-Dachverband der Gehörlosenseelsorge in Hofgeismar im Wortlaut. (Predigttext Mt 13, 1-8)
Gehörlose Menschen sind vielfältig bedroht
Es erschrecke sie besonders, wie viele gehörlose Menschen von physischer und sexualisierter Gewalt betroffen sind, etwa in Internaten und Pflegefamilien. Gehörlose Menschen seien in unserer Gesellschaft vielfältig bedroht, sagte die Bischöfin. „Wir müssen uns der schmerzhaften Tatsache stellen: Solche Bedrohungen gehen auch von kirchlichen Mitarbeitenden aus. Das muss aufhören. Es ist gut, wenn darüber gesprochen wird – behutsam und in einer klaren Haltung zugunsten der Betroffenen“, warb sie.
So stehen auch im Verlauf der Tagung die Themen Missbrauch und Behinderung sowie Empowerment und Resilienz im Mittelpunkt. Der Verband mit Sitz in Kassel bietet regelmäßig Fachtagungen an, um Ehren- und Hauptamtliche, taube und hörende Menschen zu schulen, erläutert Pfarrerin Antje Trost Pfarrerin, Theologische Referentin der DEFAG. Vernetzung, fachlicher Austausch und die Auseinandersetzung mit Allyship – in Solidarität mit einer marginalisierten Gruppe zu handeln – seien notwendig für die eigene Arbeit vor Ort, sagt Trost. Nur gemeinsam seien so Projekte, wie beispielsweise die Losungen für Gehörlose oder die Fortbildung im Bereich religiöser Gebärdensprache möglich.
Hintergrund und Kontakt
Die DAFEG hat ihre Geschäftsstelle in Kassel. Kontakt: Tel.: (0561) 739 40, E-Mail: info@dafeg.de. Weitere Informationen gibt es im Internet: www.gafeg.de
In der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck gibt es acht Gehörlosengemeinden: in Kassel, Eschwege, Korbach, Marburg, Homberg, Bad Hersfeld, Fulda und Hanau.
Jede Gemeinde wird von einem Gemeindevorstand geleitet, zu dem auch die zuständige Gehörlosenpfarrerin / der zuständige Gehörlosenpfarrer gehört. Mehr dazu unter www.gehoerlos.org