Vizepräsidentin Dr. Katharina Apel berichtet über die Finanzlage der Landeskirche

Vizepräsidentin Dr. Katharina Apel berichtet über die Finanzlage der Landeskirche

Hofgeismar / Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 26 Nov 2024

Die finanzielle Lage der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) sei von einem viel schnelleren Mitglieder- und Kirchensteuerkraftverlust geprägt als noch vor einem Jahr erwartet, erläuterte Dr. Apel dem bis Mittwoch (27. November) in Hofgeismar tagenden so genannten Kirchenparlament. Für 2024 sei mit einem Rückgang der Kirchensteuererträge von rund drei Prozent gegenüber dem Vorjahr zu rechnen.

Ihrem Bericht stellte die Vizepräsidentin einen Dank an die Gemeindeglieder voran: «Aufgrund des Beitrages jedes einzelnen Gemeindegliedes wird es erst möglich, den Auftrag unserer Kirche in der Gesellschaft mit vielfältigen Angeboten zu erfüllen und weiterhin eine offene Kirche für alle zu sein und noch viel wichtiger: zu bleiben», betonte sie.

Die Entwicklung des Kirchensteueraufkommens von 2021 bis 2023 zeige indes, dass 2022 ein Scheitelpunkt erreicht wurde: Ab 2023 konnten die Auswirkungen des Mitgliederrückgangs nicht mehr kompensiert werden. Das Gesamtaufkommen in den drei Hauptkirchensteuerarten betrug annähernd 208,7 Mio. Euro – rund 3,73 Mio. Euro weniger als 2022. Das entspricht einem Minus von 1,76 Prozent.

Hinzu kommen Belastungen durch das Clearing-Verfahren. Dieses Kirchenlohnsteuer-Verrechnungsverfahren soll sicherstellen, dass jede evangelische Landeskirche am Ende die Kirchensteuern erhält, die ihre Kirchenmitglieder tatsächlich gezahlt haben. 2023 musste die EKKW rund 3,56 Mio. Euro zusätzlich zur bereits geleisteten Vorauszahlung von 5,4 Mio. Euro nachzahlen. Zudem wurden weitere Clearing-Vorauszahlungen von 14,2 Mio. fällig. Für das laufende Jahr wurden sie auf rund 17,2 Mio. festgesetzt – ein historischer Höchststand, wie Vizepräsidentin Apel berichtete.

Portraitfoto von Dr. Katharina Apel
«Diese Zahlen zeigen deutlich, dass wir in unseren Konsolidierungsbemühungen nicht nachlassen dürfen. Wir müssen jetzt weitere Maßnahmen zur Gegensteuerung auf den Weg bringen, um die strukturellen Defizite auszugleichen.»
Vizepräsidentin Dr. Katharina Apel

Sie beschrieb ferner die finanzielle Entwicklung des laufenden Jahres, in dem das Kirchensteueraufkommen noch deutlicher einbrach: In den ersten neun Monaten hat die EKKW in den Hauptkirchensteuerarten Erträge von rund 145,3 Mio. Euro erzielt. Das sind fünf Mio. Euro weniger als im Vergleichszeitraum 2023 (Minus 3,34 Prozent). Noch vor einem Jahr, mit Aufstellung des Doppelhaushalts 2024/2025, sei man von einem Minus von rund einem Prozent gegenüber 2023 ausgegangen, schilderte die Vizepräsidentin. Sie rechnet nun mit einem Gesamtkirchensteueraufkommen von rund 204,4 Mio. Euro für 2024. Abzüglich der Aufwendungen im Clearing-Verfahren und der Zuweisungen an landeskirchliche Gemeinschaften sind es 180,4 Mio. Euro – neun Millionen weniger als im Vorjahr angenommen. 

Gemeindegliederentwicklung und mittelfristige Finanzplanung

Auch auf die Gemeindegliederentwicklung ging Apel ein: So habe die EKKW im Jahr 2023 rund 20.000 Mitglieder verloren (Minus 2,73 Prozent); bis einschließlich Oktober dieses Jahres waren es weitere rund 18.000. Damit gehören der EKKW (Stand Oktober 2024) rund 692.300 Gemeindeglieder an. «In unserer Prognose gehen wir für das Gesamtjahr 2024 erstmalig von einem Mitgliederrückgang von über drei Prozent aus», so Apel.

Angesichts dieser Verschärfungen sei es geboten, die mittelfristige Finanzplanung zu aktualisieren. Die von der Synode im November 2023 beschlossene Planung sah für 2026 ein Defizit von rund. 8,2 Mio. Euro, für 2027 von 16,1 Mio. Euro vor. Kalkuliere man nun mit Einbußen von jährlich drei Prozent, würden die Defizite für 2026 und 2027 weiter ansteigen: auf 14,9 Mio. Euro 2026 und auf 24,4 Mio. Euro 2027. Im Jahr 2030 läge das Haushaltsdefizit – jährliche Personalkostensteigerungen von zwei Prozent inbegriffen – bei 53,6 Mio. Euro, 2035 gar bei 101 Mio. Euro, führte Apel vor Augen.

«Diese Zahlen zeigen deutlich, dass wir in unseren Konsolidierungsbemühungen nicht nachlassen dürfen. Wir müssen jetzt weitere Maßnahmen zur Gegensteuerung auf den Weg bringen, um die strukturellen Defizite auszugleichen», appellierte die Vizepräsidentin auch mit Verweis auf schwindende Rücklagen: Die verfügbare Kirchensteuerschwankungsreserve von 8,4 Mio. Euro würde ohne weitere Einsparmaßnahmen nicht mehr ausreichen, um einen ausgeglichenen Doppelhaushalt 2026/2027 aufstellen zu können.

Zugleich verwies Apel auf bereits erfolgreiche, wenngleich «schweren Herzens» umgesetzte Kompensierungsmaßnahmen wie die Absenkung des Bemessungssatzes bei der Bundesbesoldung auf 97 Prozent sowie die Kürzung der Zuweisung an die Diakonie Hessen. Weitere Einschnitte stünden an: bei der Finanzierung der Kindertagesstätten, in der Verwaltung und im Bereich der kirchlichen Gebäude. «Wir sind unterwegs mit einer – auch wenn sie schmerzt – langfristigen finanzstrategischen Perspektive von «50 Prozent in 10 Jahren» für unsere heutigen Handlungsfelder», sagte Apel.  Es brauche mutige große und kleine Schritte, um «Spielräume zum Gestalten der Zukunft unserer Kirche» zu bewahren.

Portraitfoto von Pfarrer Frieder Brack
«Wir gehen auf das 50-Prozent-Szenario schneller zu als erwartet.»
Pfarrer Frieder Brack

Auch Pfarrer Frieder Brack, Vorsitzender des Finanzausschusses der EKKW, mahnte, keine Zeit zu verlieren und das Tempo zu verschärfen. «Wir gehen auf das 50-Prozent-Szenario schneller zu als erwartet», sagte er. So würden Bereiche aufgegeben werden müssen, um andere zu stärken. Bei den Einsparmaßnahmen gingen die Kirchengemeinden gezwungenermaßen voran, etwa beim Gebäudestrategieprozess, hob Brack hervor. «Sie brauchen ein Signal, dass die Landeskirche insgesamt ihren Beitrag leistet.»

Finanzbericht als PDF-Dokument

Finanzbericht von Vizepräsidentin Dr. Apel zur 6. Tagung der 14. Landessynode am 26. November 2024 in Hofgeismar.