Die neunte Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) tagte vom 27. August bis 2. September 2024 in Sibiu (Rumänien). Dr. Diethelm Meißner, Dezernent für Diakonie und Ökumene, nahm als Delegierter der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) an der Versammlung teil und antwortet auf drei Fragen zum Thema.
Welche Themen waren bei der GEKE-Vollversammlung bestimmend?
Dezernent Dr. Diethelm Meißner: Die Gemeinschaft Europäischer Kirchen in Europa ist ein Ergebnis eines Verständigungsprozesses zwischen den unterschiedlichen Kirchen im evangelischen Raum: Sie haben im Jahr 1973 zum Ausdruck gebracht, dass die jahrhundertelangen Auseinandersetzungen über Fragen der Taufe und des Abendmahls nicht mehr als trennend angesehen werden und eine möglichst große Gemeinsamkeit im Zeugnis und Dienst an der Welt gesucht wird. «Versöhnte Verschiedenheit» war der Begriff für diese Entwicklung.
Bei dieser Vollversammlung wurde deutlich, dass die Kirchengemeinschaft durch Fragen der Ethik auf eine harte Probe gestellt wird. Welche Einstellungen haben wir als evangelische Kirchen zu Fragen von Gender und Sexualität? Welche Bedeutung hat für uns als Kirchen die Demokratie? Wie schauen wir auf Fragen von Krieg und Frieden – in der Ukraine, aber auch in Nahost? Es ist der Vollversammlung gelungen, gute Wege zu finden, um auch mit unterschiedlichen Einstellungen zu diesen Fragen die Einheit aufrechtzuerhalten.
Was bewirkt die EKKW in dieser europäischen evangelischen Kirchengemeinschaft?
Dr. Meißner: Die EKKW ist eine von 97 Mitgliedskirchen. Der Einfluss einzelner Mitgliedskirchen ist eher gering. Die GEKE arbeitet statt dessen mit Regionalgruppen. Gemeinsam mit 14 norddeutschen und nordeuropäischen Kirchen von Irland über Dänemark bis Belgien und Luxemburg arbeiten wir in der «Nordwest-Gruppe» zusammen. Dort werden einzelne Arbeitsprozesse stellvertretend vorangebracht, es entstehen Papiere und Vorlagen, die dann in der Vollversammlung diskutiert und verabschiedet werden.
Was hat Sie während der Versammlung persönlich ganz besonders beeindruckt?
Dr. Meißner: Am Freitag (30. August) fand ein Podium unter dem Motto «Zeit der Hoffnung. Kirchen als Akteure bei der Überwindung von Krieg und Konflikten» statt. Unter den Teilnehmenden auf dem Podium befanden sich auch Olexander Gross von der Deutschen Evangelischen Kirche in der Ukraine neben Anton Tikhomirov von der Lutherischen Kirche Russlands. Das war ein «Gänsehaut-Moment». In der Gemeinschaft der Evangelischen Kirchen in Europa ist möglich, was politisch noch hart erkämpft werden muss. Dieser Moment hat mir das Potenzial deutlich gemacht, das in dieser Kirchengemeinschaft steckt. Ich finde, das ist ein sehr hoffnungsvolles Zeichen!
GEKE - Gemeinschaft von rund 100 Kirchen
Der Kirchengemeinschaft gehören fast 100 lutherische, methodistische, reformierte und unierte Kirchen aus mehr als 30 Ländern in Europa und Lateinamerika an. Damit vertritt der Dachverband nach eigenen Angaben rund 40 Millionen Protestanten. Die Vollversammlung tritt in der Regel alle sechs Jahre zusammen, zuletzt 2018 in Basel.
Auf der Vollversammlung in Sibiu wurden zudem vier neue Mitgliedskirchen willkommen geheißen: die Evangelisch-Lutherische Kirche in Georgien, die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in der Ukraine, die lutherische Kirche von Island sowie die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in Lettland.