Christiane Tietz (57) übernahm am Sonntag das Amt der Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Die in Frankfurt gebürtige Theologin wurde in einem Festgottesdienst in der Lutherkirche Wiesbaden eingeführt. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs, leitete die Einführung im Beisein von mehr als 700 Gästen. Tietz tritt ihr Amt am 1. Februar an.
Die EKD-Ratsvorsitzende lobte Tietz als eine kluge und scharfsinnige Theologin, die es liebe zu predigen und die eine theologisch tiefgründige Denkerin sei. Sie werde die anstehenden Veränderungen mit Mut voranbringen, sagte Fehrs: «Christiane Tietz strahlt dabei als 'hoffnungsvolle Realistin' so viel Herzlichkeit und Zuversicht aus, dass es den Menschen - auch inmitten allen Irrsins dieser Tage, all der Ohnmacht, die uns ergreift - Kraft geben wird und Orientierung.» Tietz ist bis zu ihrem Amtsantritt Professorin für Systematische Theologie in Zürich gewesen.
Im Gottesdienst entpflichtete Kirsten Fehrs den in den Ruhestand eingetretenen früheren Kirchenpräsidenten Volker Jung (65) von seinem Amt, das er 16 Jahre lang ausgeübt hatte. Fehrs dankte Jung für seine «tief gegründete Menschenfreundlichkeit» und seinen Einsatz für das Kirchenasyl und die «kompromisslose Aufarbeitung von sexueller Gewalt». Jung sei «einer, der friedlich streiten kann und stets in der Lage ist, die Hand zu reichen». Der zu Tränen gerührte Volker Jung wünschte seiner Nachfolgerin viel Freude in ihrem Amt.

Kirchenpräsidentin Christiane Tietz (r.) mit Bischöfin Beate Hofmann in der Lutherkirche Wiesbaden. Bischöfin Hofmann sprach für die EKKW ein Grußwort.
Grußwort zum Amtswechsel
Grußwort von Bischöfin Dr. Beate Hofmann zum Abschied von Kirchenpräsident Volker Jung und zum Anfang von Kirchenpräsidentin Christiane Tietz am 26.1.2025 in der Lutherkirche in Wiesbaden als PDF-Dokument

Volker Jung schaut auf 16jährige Amtszeit
Volker Jung war nicht nur mehr als anderthalb Jahrzehnte EKHN-Kirchenpräsident. Er war außerdem viele Jahre Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Aufsichtsratsvorsitzender im Gemeinschaftswerk Evangelische Publizistik und Vorsitzender der Union Evangelischer Kirchen in der EKD. Bevor er im Januar 2009 das Amt des Kirchenpräsidenten übernahm, war er Dekan und Gemeindepfarrer. Er verabschiedet sich in den Ruhestand.
Christiane Tietz tritt Dienst am 1. Februar an
Auf Jung folgt jetzt Christiane Tietz, die Ende September im ersten Wahlgang auf einer Sondersitzung der Synode der EKHN zur neuen Kirchenpräsidentin gewählt wurde. Sie ist in Frankfurt am Main geboren und aufgewachsen. Tietz lehrte unter anderem in Mainz und zuletzt in Zürich Systematische Theologie. Die Pfarrerin im Ehrenamt tritt ihren neuen Dienst am 1. Februar 2025 an.

Christiane Tietz warb in der Predigt dafür, sich nicht vor Gesprächen über Religion und Politik zu scheuen. Sprachlosigkeit sei gefährlich für die Politik und schade der Religion, sagte sie. Der Apostel Paulus hingegen habe offen über seinen Glauben gesprochen, denn er habe entdeckt: «Gott ist mir freundlich zugewandt, er hat mich ins Herz geschlossen. Egal was passiert, Gott ist mir nah.» Diese gute Nachricht habe Paulus' Sicht über andere Menschen verändert: «Gott ist ja allen Menschen freundlich zugewandt.» Auch sie wolle davon erzählen, wie die gute Nachricht sie trage, sagte Tietz.
Der Glaube helfe auch, in Gesprächen über Politik weiterzukommen, fuhr die Kirchenpräsidentin fort. Wenn es gelinge, dem Gegenüber freundlich zugewandt zu bleiben, höre dieser wieder zu. «Vielleicht erzähle ich dann dem Onkel, was seine politische Sicht bei mir an Ängsten auslöst. Und vielleicht erzählt der Onkel mir dann von seinen Ängsten.» Auch für Gespräche über politisch umstrittene Themen solle die Kirche ein Ort sein: «Wir wollen dazu beitragen, dass wir in der Gesellschaft uns zugewandt bleiben in der Haltung: Ich nehme dich als Mensch wahr, mit deinen Hoffnungen, Ängsten und Sorgen.»
Viele Gäste nahmen teil
Für die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck sprach Bischöfin Beate Hofmann ein Grußwort. Auch der katholische Limburger Bischof Georg Bätzing und der Hessische Ministerpräsident Boris Rhein hatten Grußworte beigetragen. Weitere leitende Geistliche aus evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümern nahmen an der Feier teil. Darunter waren die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst, der rheinische Präses Thorsten Latzel, die Präses der EKD-Synode Anna-Nicole Heinrich oder auch der frühere EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm. Ebenso waren Gäste aus Partnerkirchen in Italien, Indien, Tansania und den USA geladen.