Am 21. September 2025 (14. Sonntag nach Trinitatis) widmet die Diakonie Hessen den diesjährigen Diakoniesonntag dem Thema Einsamkeit. «Einsamkeit ist ein Zustand, der viele Menschen betrifft und oft im Verborgenen bleibt», schreibt Pfarrer Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen, im Vorwort einer Broschüre zum Thema. Es sei die Aufgabe von Kirche und Diakonie, Menschen in ihrer Einsamkeit zu unterstützen und Gemeinschaft zu stärken. Die Broschüre bietet Leserinnen und Lesern Impulse und Hintergrundinformationen, um sich mit einem Phänomen auseinanderzusetzen, das viele Menschen betrifft. Wir stellen die wichtigsten Perspektiven vor.

Was ist Einsamkeit?
Einsamkeit ist ein subjektives Gefühl, das entsteht, wenn die eigenen sozialen Beziehungen nicht den persönlichen Wünschen und Bedürfnissen entsprechen. Sie unterscheidet sich vom Alleinsein, das freiwillig gewählt und als wohltuend erlebt werden kann. Einsamkeit hingegen ist oft ungewollt und mit einem Rückgang sozialer Kontakte verbunden. «Einsamkeit ist zunächst weder positiv noch negativ. Jeder Mensch erlebt Einsamkeit. [...] Unabhängig vom Auslösemoment ist Einsamkeit verbunden mit zurückgehenden Kontakten und kann über längere Zeit krank machen», heißt es in der Broschüre.
Die negativen Auswirkungen reichen von psychischen Belastungen über gesundheitliche Risiken bis hin zu gesellschaftlicher Entfremdung. Besonders seit der Corona-Pandemie wird Einsamkeit auch als sozialgesellschaftliches Problem mit zahlreichen Rückkopplungseffekten wahrgenommen. Sie kann das Vertrauen in andere Menschen und in gesellschaftliche Institutionen erschüttern und die Beziehungsfähigkeit gefährden.
Stichwort «Diakoniesonntag»
Der Diakoniesonntag ist ein gemeinsamer Aktionstag der Diakonie Hessen und evangelischer Kirchengemeinden. Er findet jährlich am dritten Sonntag im September statt – 2025 am 21. September. Ziel ist es, auf die Arbeit der Diakonie aufmerksam zu machen und kirchliches Engagement sichtbar zu machen. Das Thema 2025 lautet «Einsamkeit». Die Broschüre kann auf den Seiten der Diakonie und bei uns auf ekkw.de heruntergeladen werden. In den vergangenen Jahren standen unter anderem «Zusammenhalt(en)», «Armut im Alter» und «Pflege» im Mittelpunkt.
Wer ist besonders betroffen?
Die Autorinnen und Autoren der Broschüre benennen verschiedene Gruppen, die besonders von Einsamkeit betroffen sind. Kinder und Jugendliche gehören dazu. Schulschließungen und eingeschränkte Freizeitangebote während der Corona-Pandemie haben soziale Isolation verstärkt. Studien zeigen, dass sich Jugendliche, die sich einsam fühlen, häufiger von der Politik nicht gehört fühlen und antidemokratische Haltungen entwickeln. In der Broschüre daraus daraus ein klares Fazit gezogen: «Demokratie braucht soziale Teilhabe. Nur wenn junge Menschen sich als Teil der Gesellschaft erleben und sich gehört fühlen, kann demokratisches Denken wachsen und gefestigt werden.»
Auch Armut ist ein zentraler Faktor für Einsamkeit. Wer sich gesellschaftliche Teilhabe – etwa durch Freizeitaktivitäten – nicht leisten kann, zieht sich zurück. Scham verstärkt diesen Rückzug. Es wird eindrücklich beschrieben, wie finanzielle Not und das Gefühl, anderen zur Last zu fallen, Menschen in die Isolation treiben. «Armut und Gefühle von Scham zusammen führen in die (soziale und/oder emotionale) Einsamkeit», heißt es. Die Diakonie setzt sich seither für die Linderung von Armut ein und fordert ein armutssensibles Handeln. Begegnungsangebote sollten kostenfrei, konsumfrei und inklusiv gestaltet sein, um niemanden zu beschämen oder auszuschließen.
Im Alter kann Einsamkeit durch den Verlust von Partnerinnen oder Partnern, den Eintritt in den Ruhestand oder gesundheitliche Einschränkungen entstehen. In der Broschüre wird auf Studien verwiesen, die zeigen, dass Einsamkeit im Alter das Risiko für Depressionen, Herzkrankheiten und Demenz erhöht. Auch pflegende Angehörige sind gefährdet, da sie oft ihre eigenen sozialen Kontakte vernachlässigen. Diakonische Einrichtungen bieten hier Unterstützung durch Besuchsdienste, Mehrgenerationenhäuser und Selbsthilfegruppen.

Diakoniesonntag 2025 – Arbeitshilfe zum Thema Einsamkeit
Die Arbeitshilfe zum Diakoniesonntag 2025 widmet sich dem Thema Einsamkeit. Sie bietet theologische Impulse, praktische Anregungen und Hintergrundwissen für Gottesdienste und Gemeindearbeit. Ziel des Aktionstages ist es, Einsamkeit sichtbar zu machen, Betroffene zu stärken und kirchliches Engagement für soziale Teilhabe zu fördern. Herausgeber ist die Diakonie Hessen – Diakonisches Werk in Hessen und Nassau und Kurhessen-Waldeck e.V.
Praktische Ansätze und Projekte
Neben der Analyse werden in der Broschüre auch praktische Ansätze zur Bekämpfung von Einsamkeit geboten. Die Aktion «Briefe gegen Einsamkeit» von young caritas lädt Jugendliche ein, Karten oder Briefe an unbekannte Menschen in Einrichtungen zu schreiben. Diese können im Konfirmand:innen-Unterricht vorbereitet und im Gottesdienst vorgestellt werden. Auch das Beispiel eines «Plaudertelefons», bei dem Ehrenamtliche regelmäßig mit einsamen Menschen telefonieren, zeigt, wie freiwilliges Engagement Nähe und Wertschätzung schaffen kann – für beide Seiten.
Ein weiterer Ansatz sind sogenannte «Caring Communities» – lokale Sorge-Gemeinschaften, die durch Nachbarschaftshilfe, gemeinsame Aktivitäten und freiwilliges Engagement ein Umfeld schaffen, in dem sich Menschen gesehen und gehört fühlen. Beispiele aus Baden-Württemberg und Dänemark zeigen, wie solche Initiativen erfolgreich umgesetzt werden können. In Berlin-Reinickendorf wurde 2024 sogar eine Einsamkeitsbeauftragte eingesetzt, die lokale Strategien entwickelt und Maßnahmen evaluiert.
Sorgenetze – Sorgestrukturen im Sozialraum neu denken

Das Projekt «Sorgenetze» der Diakonie Hessen und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck entwickelt neue Versorgungsmodelle für eine älter werdende Gesellschaft in zwei ländlichen Regionen Nordhessens. Ziel ist es, altersgerechte Quartiere zu gestalten und soziale sowie solidarische Netzwerke aufzubauen, die eine Kultur des Füreinanders fördern. Dabei geht es auch darum, Einsamkeit im Alter vorzubeugen und die Eigenverantwortung sowie das bürgerschaftliche Engagement zu stärken.
Kirche als Ort der Begegnung
In der Broschüre werden Kirchengemeinden dazu eingeladen, das Thema Einsamkeit nicht nur im Gottesdienst, sondern auch im Alltag aufzugreifen. Dazu gibt es liturgische Bausteine, Predigtimpulse und Liedvorschläge, die das Thema spirituell und seelsorgerlich vertiefen. Dabei wird deutlich: Kirche und Diakonie können Brücken bauen – zwischen Menschen, Generationen und sozialen Milieus. «Es ist die gemeinsame Verantwortung von Kirche und Diakonie, Brücken zu bauen und Räume zu schaffen, in denen Begegnung und Austausch möglich sind – besonders in einer Gesellschaft, die von Vereinzelung und Radikalisierung bedroht ist», heißt es im Vorwort.
Der Diakoniesonntag 2025 ist damit mehr als ein liturgischer Anlass. Er ist ein Aufruf zum Mitfühlen und Mitgestalten – für eine Kirche, die Menschen in ihrer Einsamkeit sieht und ihnen Gemeinschaft anbietet. Denn Einsamkeit lässt sich nicht einfach wegorganisieren. Aber sie kann durch Aufmerksamkeit, Engagement und Begegnung gelindert werden.