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Über dem Eingangstor zum KZ Auschwitz prangt der berühmte Satz «Arbeit macht frei»

Über dem Eingangstor zum KZ Auschwitz prangt der berühmte Satz «Arbeit macht frei». Er war von den Nazis als Verhöhnung der Häftlinge gedacht, die in diesem und vielen anderen Lagern unter Zwang arbeiten mussten und ausgebeutet, erniedrigt und ermordet wurden.

Kassel/Oswiecim, Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 14 Nov 2024

15 Auszubildende der Volkswagen AG aus Kassel und Wolfsburg haben gemeinsam mit 15 polnischen Schülerinnen und Schülern aus Bielsko-Biala, einem Nachbarort von Oswiecim (Auschwitz), in der Gedenkstätte gearbeitet und bei der Konservierung der Archivbestände geholfen. «Das hat ihnen emotional viel abverlangt und neue Erkenntnisse beschert», resümiert Christoph Heubner, der als Vizepräsident des Internationalen Auschwitzkomitees seit vielen Jahren unermüdlich gegen das Vergessen kämpft. Auschwitz war das größte nationalsozialistische Konzentrations- und Vernichtungslager. Im Zuge des Holocaust wurden hier systematisch Jüdinnen und Juden, aber auch andere durch das NS-Regime verfolgte Gruppen eingesperrt und ermordet. Mehr als 1,1 Millionen Menschen verloren dort ihr Leben.

VW-Auszubildende und Schüler*innen aus Polen berichten Bischöfin Hofmann zu Gedenkstätte Auschwitz

Rund 30 junge Menschen aus Deutschland und Polen – Auszubildende der Volkswagen AG aus Kassel und Wolfsburg sowie Schülerinnen und Schüler aus dem polnischen Bielsko-Biala – waren im Gespräch mit Bischöfin Dr. Beate Hofmann (4.v.l.). Sie berichteten von ihrem 12-tägigen Aufenthalt in der Gedenkstätte Auschwitz. Organisiert wurde das Treffen im Haus der Kirche von Christoph Heubner, Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees. Mit dabei waren außerdem: Ines Doberanzke und Christoph Heinemann, die in der Volkswagen Group Academy die Gedenkstättenarbeit in Oświęcim/Auschwitz organisieren, Jens Dembowski, Leiter Aus- und Weiterbildung VW-Werk Kassel, sowie Agnieszka Kukla (stellvertretende Schulleiterin) und Lehrerin Anna Plewa.

Der Geruch des Leders hat sich eingeprägt

Es sei sehr bewegend gewesen, Geschichte so nah zu erleben, berichteten die jungen Menschen im Gespräch mit der Bischöfin am 7. November im Kasseler Haus der Kirche. Bilder, die zu Tränen rührten, Gerüche, die sich festgesetzt haben, Spuren der eigenen Familie in Tagebucheinträgen – all das selbst wahrzunehmen, gebe eine andere Perspektive, schilderten sie. Aber auch tatkräftig mitzuwirken, die Gedenkstätte für die vielen tausende Besucherinnen und Besucher aus aller Welt erlebbar zu machen, sei erfüllend gewesen: «Es hat mich stolz gemacht, die Schuhe der Opfer zu erhalten», sagte Max. Der Geruch des Leders habe sich eingeprägt. «Ich habe bedauert, dass ich nicht mehr tun konnte.»

Bei allem, was schwer und verstörend gewesen war, seien sie doch glücklich über das erlebte Miteinander: «Wir wollten gemeinsam aufarbeiten und haben zusammengehalten», berichteten die Auszubildenden und Schülerinnen und Schüler, die sich vom 4. bis zum 8. November zur Nacharbeitung des Projekts in Deutschland trafen. Auf Englisch, Polnisch und Deutsch, mit Händen und Füßen haben sie sich in den zwölf prägenden Tagen verständigt und einander kennengelernt.

«Ich habe viel über die NS-Zeit gelesen, aber das wirkliche Bewusstsein dafür fehlte mir. Ich wollte verstehen, warum Menschen anderen Menschen so etwas angetan haben», erläuterte Samira. Unter Gleichaltrigen fehle dieses Bewusstsein meist, war sich die Gruppe einig. Für viele junge Menschen sei das Kapitel Nationalsozialismus weit weg, sie nähmen die Gräueltaten nicht ernst. Im persönlichen Gespräch versuchen die Teilnehmenden nun, ihre Bekannten aufzurütteln, und erfahren, dass ihre Fotos und Eindrücke durchaus auf offene Augen und Ohren stoßen. Sie fühlen sich verpflichtet, das Erlebte weiterzugeben. Einer der Auszubildenden bringt es auf den Punkt: «Ein Mensch stirbt nicht, wenn er biologisch stirbt, sondern wenn er in Vergessenheit gerät.»

«Ich wollte verstehen, warum Menschen anderen so etwas angetan haben.»
Samira, eine der Auszubildenden

Bischöfin: «Lasst nicht nach, davon zu erzählen.»

Sie sei dankbar, von den Erfahrungen der jungen Menschen zu hören, sagte Bischöfin Hofmann und betonte, wie wichtig solche Begegnungen seien. Wenn junge Menschen ihre Eindrücke an andere junge Menschen weitergäben, sei das weitaus effektiver. Sie appellierte: «Lasst nicht nach, davon zu erzählen.» 

Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau

Das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ist das wichtigste Symbol für den millionenfachen Mord der Nationalsozialisten an Juden und anderen Minderheiten. Sechs Millionen Menschen wurden im Holocaust ermordet, 1,1 Millionen davon allein in Auschwitz. Das Konzentrationslager im besetzten Polen, am Westrand der Stadt Oswiecim zwischen Krakau und Kattowitz gelegen, bestand von 1940 bis zur Befreiung durch sowjetische Truppen am 27. Januar 1945.