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Das Foto zeigt die romanische Klosterkirche in Germerode, eingebettet in eine grüne Umgebung. Ein Weg führt auf das historische Gebäude zu. In einem runden Ausschnitt oben rechts ist Pfarrerin Sissy Maibaum abgebildet, die seit August 2025 die Pfarrstelle für Spiritualität und geistliches Leben der EKKW innehat.

Unser Foto zeigt die romanische Klosterkirche in Germerode, eingebettet in eine grüne Umgebung. Im runden Ausschnitt oben rechts ist Pfarrerin Sissy Maibaum abgebildet, die seit August 2025 die Pfarrstelle für Spiritualität und geistliches Leben der EKKW innehat.

Germerode / Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 02 Sep 2025

«Ich bin erst seit einem Monat da», sagt Maibaum, «aber ich starte gut vorbereitet.» Schon vor ihrem offiziellen Dienstbeginn hatte sie sich mit dem Vorstand des Klostervereins zusammengesetzt und an der Planung des Jahresprogramms mitgewirkt. Die Entscheidung, nach Germerode zu kommen, fällte sie nicht leichtfertig. «Ich war fast sieben Jahre am Pastoralkolleg im Kloster Drübeck tätig. Wenn ich diese Stelle nicht gesehen hätte, wäre ich sicher dort geblieben.»

Berufliche Vielfalt als Fundament

«Ich habe mich gefragt: Wohin geht meine Sehnsucht, was reizt mich noch, was will ich machen?» Die Antwort lag in der Verbindung von Spiritualität und Bildungsarbeit – zwei Felder, die sie seit Jahren prägen. «Ich habe viele Jahre Diakoninnen und Diakone ausgebildet, war in der Schulseelsorge tätig und habe als Dozentin gearbeitet. Ich bin Theater- und Erlebnispädagogin, Supervisorin und geistliche Begleiterin.» Diese Vielfalt hilft Maibaum, Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenslagen zu begegnen.

Portraitfoto von Pfarrerin Sissy Maibaum

Zur Person

Sissy Maibaum (53) bringt eine breite berufliche Erfahrung mit – sowohl aus der Gemeindearbeit als auch aus der Erwachsenenbildung. Sie stammt aus einem Dorf in Thüringen und erlernte zunächst einen kaufmännischen Beruf. Nach dem Studium der Gemeindepädagogik in Eisenach und Potsdam war sie unter anderem als Klinikseelsorgerin, Religionslehrerin und Gemeindepfarrerin tätig. Sie arbeitete viele Jahre in der Fortbildung von Diakoninnen, Diakonen und Pfarrpersonen, zuletzt als Studienleiterin am Pastoralkolleg im Kloster Drübeck bei Ilsenburg in Sachsen-Anhalt. Sissy Maibaum ist ausgebildete Theater- und Erlebnispädagogin, Supervisorin und geistliche Begleiterin. Sie lebt mit ihrem Mann, ebenfalls Pfarrer, in einem Dorf bei Gotha in Thüringen. Das Paar hat zwei erwachsene Kinder.

Zentral in ihrer bisherigen Arbeit waren die «Bilanz und Orientierungstage» – eine Fortbildung für Pfarrpersonen, die ihre Berufsbiografie reflektieren. «Dabei ist mir aufgefallen, dass der Grund, warum wir diesen Beruf ergreifen, im Grunde eine persönliche Spiritualität ist – unser Glaube, der uns irgendwann mal auf diesen Weg geführt hat.» Doch dieser Glaube könne im Laufe der Jahre auch verloren gehen. «Man könnte trotzdem gute Arbeit leisten. Aber wo ist die persönliche Beziehung zu dem, was mich hält und trägt?»

Kloster als spiritueller Resonanzraum

Diese Frage treibt sie an – und sie ist überzeugt, dass Orte wie Germerode helfen können, darauf Antworten zu finden – nicht nur für Pfarrpersonen. «Die Klosterkirche ist wie die Kirche in Drübeck romanisch, beide wurden im selben Zeitraum gebaut. Die Gebetszeiten dort haben den Kollegen und Kolleginnen unglaublich viel gegeben. Zu Hause fällt es schwerer, regelmäßige Gebetszeiten einzuhalten – und man hat ja auch nicht einfach so eine Klosterkirche vor der Tür.» Zu den Kursen in Germerode könne sich jeder anmelden, der kommen möchte, sagt die Pfarrerin. Die Berufsgruppe der Pfarrpersonen sei nur ein Beispiel «für das Bedürfnis von vielen Menschen, die in dieser vollkommen wilden Welt eine Verortung suchen.» Es gehe darum, worauf das Leben gegründet ist und was Menschen verbindet.

Spiritualität als Einladung

Für Maibaum ist Spiritualität kein exklusives Konzept, sondern ein offenes Angebot. «Spiritualität kann sehr vieles sein. Diese Offenheit gefällt mir.» Ihr eigener Zugang wurzelt in einer einfachen, aber tiefen Erfahrung: «Meine Großmutter hatte ein einladendes Haus. Wer kam, durfte da sein und bekam etwas zu essen. Das ist für mich eine schlichte, aber sehr prägende Erfahrung von Spiritualität: Du darfst hier sein. So wie du bist, ist es erstmal gut.»

Diese Haltung soll auch ihre Arbeit im Kloster prägen. «Ich kann in Germerode für Menschen Gastgeberin sein. Ich mag sehr daran, Menschen eine Auszeit zu ermöglichen.» Das Tagungshaus sei klein, aber gerade das ermögliche Gemeinschaft. «Es ist kein reines ‚Haus der Stille‘. Es kann kommen, wer möchte. Dadurch kommen wir auch mit vielen Menschen in Kontakt, die vielleicht normalerweise nicht in die Kirche gehen würden. Für mich liegt darin auch eine große missionarische Chance.»

Formen im Wandel

Spiritualität braucht für Maibaum nicht viel – aber sie braucht Raum. «Wenn drei Menschen in irgendeinem Zimmer zusammensitzen, die Bibel lesen oder Gott um Hilfe bitten, ist das Kirche. Und dann ist das Spiritualität – mehr braucht es eigentlich nicht.» Wichtig sei, dass Form und Inhalt zusammenpassen. «Viele unserer Formen sind wunderbar – aber sie verändern sich.» Als Beispiel nennt sie Yoga. «Als das Thema aufkam, sagten viele: Hilfe, Yoga, nein, das ist furchtbar. Ein Christ darf niemals Yoga machen. Heute gibt es Yoga sogar in Gemeindehäusern.» Für Maibaum ist das kein Widerspruch, sondern Ausdruck einer lebendigen Spiritualität. «Die Formen ändern sich. Wichtig ist, sie mit den Inhalten zu füllen. Paulus sagt: ‚Ihr seid ein Brief Christi.‘ Wir geben den Glauben so weiter, wie wir ihn selbst verstehen und leben können.»

Auch ihre persönlichen Rituale spiegeln diesen Anspruch wider. «Ich versuche, den Tag immer mit Gott zu beginnen. Ich lese die Losung, halte eine stille Zeit und schreibe abends Tagebuch: Ich nehme den Tag aus Gottes Hand und lege ihn am Abend in Gottes Hände zurück.» Besonders wichtig ist ihr das Singen. «Es gibt keinen Tag ohne Gesang. Das hilft mir, zu mir selbst zu kommen und ein Gefühl für meinen Körper zu entwickeln. Der Atem ist unser Lebenselixier – und durch das Singen kommt er wieder in Fluss.»

Das Titelblatt des Programmheftes 2026 zeigt ein Foto der Klosterkirche Germerode

Neues Programm 2026

Im kommenden Veranstaltungsprogramm spiegelt sich diese Haltung wider. «Die Themen Pilgern, Meditation und Stille werden wichtige Schwerpunkte sein», sagt Maibaum. Unter dem Motto «ora et labora» kommen zweimal im Jahr Menschen zusammen, um auf dem Klostergelände zu arbeiten und dabei Spiritualität zu erleben. «Es ist wichtig, dass sie sich erden, dass sie sich spüren können und auch Selbstwirksamkeit erleben.» 

Besondere Formate wie «Fotografie und Meditation» oder «Bogenschießen und Meditation» sollen neue Zugänge eröffnen. «Im Herbst wird es um Brot backen und Meditation gehen. Ein echtes Sauerteigbrot braucht Zeit. Ich habe es nicht ganz in der Hand.» Auch das sei ein spiritueller Gedanke. Es wird auch wieder die bewährten Pilgerformate geben, kündigt Maibaum an. So ist die ökumenische Pilgerinitiative wieder mit dem Hülfensberg in Thüringen als Ziel unterwegs.

Ein starkes Team

Die Arbeit im Kloster gestaltet Maibaum nicht allein. «Ich bin die Geschäftsführerin des Tagungshauses und arbeite eng mit Cornelia Großkurth zusammen, die das Sekretariat der Pfarrstelle führt und selbst geistliche Begleiterin ist.» Auch die Hauswirtschaftsleitung Mirjam Zinngrebe, Reinigungskräfte und Köche gehören zum Team. «Alle haben eine wirkliche Leidenschaft für das Kloster.» Das Tagungshaus gehört dem Klosterverein Germerode, dem Prälat i.R. Bernd Böttner vorsteht. «Der Verein ist im Grunde für alles ansprechbar, was wichtig ist und unterstützt sehr», so Maibaum.
Besonders freut sie sich über die Zusammenarbeit mit Pfarrer Wolfgang Gerhardt aus dem Kooperationsraum Berkatal-Meißner. «Er hat eine große Affinität zu gregorianischem Gesang und Spiritualität. Wir haben uns da sofort gefunden.»

Zur Ruhe kommen – ein spiritueller Einstieg

Allen, die einen Einstieg in die Spiritualität finden möchten, gibt Sissy Maibaum einen einfachen Impuls mit auf den Weg: «Nehmen Sie sich einen Moment bewusst Zeit. Vielleicht entzünden Sie eine Kerze. Atmen Sie ruhig und sprechen Sie die Worte: ‚Ich bin. Du bist. Gott, du bist da. Und das ist gut für mich.‘»

Das Kloster Germerode wurde Mitte des 12. Jahrhunderts von den Grafen von Bilstein gegründet und zunächst als Doppelkloster der Prämonstratenser (Nonnen und Mönche) geführt, später nur noch als Nonnenkloster. Nach der Auflösung des Klosters 1527 wurde es landgräfliche Domäne, 1866 preußische Staatsdomäne, bis 1930 die Landwirtschaft ganz aufgegeben wurde. Die Klosterkirche wurde 1145 bis 1170 erbaut und der Mutter Gottes Maria und der Hl. Walpurga geweiht. Nach der Reformation wurde die Klosterkirche evangelische Pfarrkirche von Germerode. Die meisten klösterlichen Gebäude gingen im Lauf der Jahrhunderte verloren. Von der alten Bausubstanz stehen noch das ehemalige Nonnengebäude mit Refektorium (Speisesaal) und Dormitorium (Schlafsaal) und die ehemalige Vogtei (Verwaltungsgebäude).

Der Klosterverein Germerode e.V. betreibt im angrenzenden Torhaus die Tagungsstätte mit spirituellen Angeboten. Der öffentlich zugängliche Klostergarten lädt mit Kräuterbeeten und Ruhebänken zum Verweilen ein. Führungen durch die Anlage geben Einblick in die Geschichte und die spirituelle Tradition des Ortes.