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Auf ein Eis am Friedrichsplatz: Tareq, der aus Syrien stammt (links), und Florian aus Kassel lernen sich über das Projekt 3x3 kennen

Auf ein Eis am Friedrichsplatz: Tareq, der aus Syrien stammt (links), und Florian aus Kassel lernen sich über das Projekt 3x3 kennen

Kassel / Olaf Dellit, blick in die kirche
Veröffentlicht 03 Okt 2025

«Und, wie war dein Tag bis jetzt?», fragt der eine junge Mann seinen Nachbarn. Später Nachmittag. Sie haben sich auf die Mauer am Kasseler Friedrichsplatz gesetzt, die Sonne scheint ihnen ins Gesicht, das Eis schmeckt. «Gut, hab' bis eben gearbeitet, ganz normal», antwortet der zweite und fragt zurück: «Und deiner?» – «Bibliothek», sagt der kurz und beide lächeln sich an. «Also wie immer.»

Wer sind sie, beide 28 Jahre alt, die sich so vertraut befragen? Keine Freunde, noch nicht. Der eine groß und breitschultrig, heißt Florian, der andere ist kleiner und trägt eine Brille: Tareq. Sie sind Teilnehmer am Projekt «Kasseler 3x3» des Freiwilligenzentrums. Dort nennt man Pärchen wie dieses Tandems: Florian, der gebürtige Kasseler, ist dabei der Pate von Tareq aus Syrien. Dreimal drei Stunden miteinander verbringen, sprechen und spazieren gehen, die Stadt erkunden oder gemeinsame Hobbys finden – das alles kann stattfinden miteinander. Oder was auch immer.

100 Tandems gibt es schon

Gut 80 Tandems sind es im vergangenen Jahr gewesen, die zusammenfanden, beinahe 100 werden es 2025 sein, berichtet Francisco Roß, der das Projekt betreut. Er ist gebürtiger Brasilianer, studiert und hat – so zeigen es die Zahlen – ein gutes Händchen für die «Matches» zwischen den Leuten, die sich bei «Freiwillig in Kassel» bewerben.

In Sprachschulen, an der Uni, bei Veranstaltungen und im Jobcenter wird dafür geworben; vor allem aber über die Internetseite finden sowohl jene Menschen zusammen, die sich gern ehrenamtlich engagieren wollen, als auch solche, die neu in Deutschland oder Kassel sind, die schwierige, deutsche Sprache besser lernen wollen und Kontakt zu Einheimischen suchen.

Roß weist auf den Fragebogen im Netz hin, der zunächst Alter und Interessen abklärt. Dann lädt er die Interessenten zu Infotreffen ein. Vorher hat er sich bereits ein Bild von allen gemacht und ausgesucht, wer wohl zu wem passen könnte. Dass er es kann, beweist die Zahl: 99 Prozent der von ihm  vorausgewählten Tandems sind mit der Wahl sehr zufrieden. Wen er für wen ausgesucht hat, wird erst am Ende der Infostunde verraten; dann ziehen sich die Paare für ein kurzes Kennenlernen und erstes Verabreden zurück.

Tandems verbinden Menschen in Kassel

«Wir zum Beispiel haben eine große Leidenschaft für Kaffee», sagen Tareq und Florian. Klar also, dass ihre Treffen meist koffeinhaltig sind … Dieses Kaffeetrinken und alle weiteren Aktionen können sie nach Belieben gestalten. So sind sie, die erst zwei Monate miteinander verbunden sind, bereits in der Fulda geschwommen, haben Cafés kennengelernt und sich sogar schon jeweils zu Hause getroffen.

Was reizte sie an 3x3? Florian, der Einzelhandelskaufmann, wollte neue Leute kennenlernen, nachdem er bereits anderweitig ehrenamtlich engagiert war. Das Zusammensein mit Tareq klappte von Beginn an leicht, denn der kann nicht nur bereits sehr gut deutsch, sondern auch englisch – man konnte sich alles in irgendeiner Sprache erklären.

Mitmachen ist möglich
Website des Projekts 3x3 in Kassel

Wer mitmachen will, kann sich unter www.freiwillig-in-kassel.de (Mail: 3x3@freiwilligenzentrumkassel.de) melden und informieren. Einzige Voraussetzung ist, kontaktfreudig, offen und neugierig zu sein.

Tareq wiederum, der zunächst in Clausthal-Zellerfeld Informatik studiert hatte und sich derzeit in seiner Masterarbeit besonders mit Künstlicher Intelligenz befasst, wollte nach seinem Wechsel an die Uni Kassel neue Leute und die Stadt kennenlernen – «um mich besser zu integrieren», wie er sagt. Anfangs haben die beiden willkürlich fünf neue deutsche Worte ausgesucht, die Tareq lernen sollte – bei den beiden geschieht alles mit Witz und Gelassenheit. Tareq, der sich gut vorstellen kann, eines Tages zum Arbeiten in die USA zu gehen, freut sich, dass Florian ihn korrigiert. Beide wollen in jedem Fall in Kontakt bleiben, über die längst absolvierten dreimal drei Stunden hinaus.

Hier wie in den vielen anderen Fällen hat also Tandem-Vermittler Francisco einen Treffer gelandet. Ohnehin sieht das Ganze nach einer Win-Win-Aktion aus: Viele Tandems bleiben längere Zeit befreundet; manchmal fügt es sich, dass Jung und Alt (25 und 85 Jahre) zusammenfinden, und es geschieht das, was jeder hofft: Man ist unter netten Menschen, hilft einander, lernt fremde Kulturen kennen – und, so sagt Francisco Roß, viele deutsche Ehrenamtliche bekämen «einen Blick in eine andere Welt», einfach so – von Angesicht zu Angesicht. 

Titelblatt des Magazins „blick in die kirche“, Ausgabe Oktober 2025. Fünf Personen stehen im Kreis und legen ihre Hände übereinander in die Mitte, von unten fotografiert. Oben rechts steht „magazin“ in weißer Schrift auf orangem Hintergrund, darunter „in die kirche“. Unten links zwei Textboxen: „INTERVIEW Teresa Weißbach über ihre Arbeit im Hospizdienst“ und „ENGAGIERT Kirchenvorstands-Mitglieder stellen sich vor“. Unten mittig groß „Ehrensache!“. Unten rechts ein pinkes Logo zur Kirchenvorstandswahl am 26.10.2025.
«Ehrensache!» als E-Paper

Bis zu acht Millionen sehen Teresa Weißbach als Försterin Saskia Bergelt im «Erzgebirgskrimi» (ARD). Weniger bekannt ist ihr regelmäßiges Ehrenamt auf einer Hospizstation. Im Interview spricht sie darüber, wie diese Aufgabe ihr Herz öffnet, warum Ehrenämter wichtig sind, über ihren Glauben und «gute Engel», die ihr begegnet sind.

Das Magazin widmet sich ehrenamtlichem Engagement in und außerhalb der Kirche – Anlass ist die Kirchenvorstandswahl in Kurhessen-Waldeck. Die Redaktion beleuchtet den Einsatz für Geflüchtete, Rehkitze, fairen Handel, Pfadfinderarbeit und mehr. Sie erklärt, wie Erste-Hilfe-Kurse für die Seele funktionieren, wie Kirche und Diakonie Sorgenetze knüpfen und was Ehrenamtliche bei der Telefonseelsorge leisten. Sinn-Expertin Prof. Tatjana Schnell erläutert, warum Sinnvolles gesund ist und wo Gefahren im Ehrenamt liegen.

Für Leserinnen und Leser gibt es wieder ein herausforderndes Gewinnspiel mit der Chance auf einen Hotelaufenthalt.

Das «blick in die kirche-Magazin» ist die Publikumszeitschrift der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und liegt viermal im Jahr den Tageszeitungen auf dem Gebiet der Landeskirche kostenfrei bei. Die Druckauflage beträgt knapp 225.000 Exemplare, hinzu kommen E-Paper und Webseite.