“Mit großer Beharrlichkeit stehen Sie für eine offene, tolerante Gesellschaft ein”, würdigte Carsten Knop, Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in seiner Laudatio das Engagement der Kasseler Initiative. Es sei ein lebendiges Beispiel dafür, was den Kern der Demokratie ausmache, so Knop.
Der erste Platz des Hessischen Integrationspreises 2024 gingen an „Wesertal ist bunt“ und die „Initiative 19. Februar Hanau“ für ihren Einsatz gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Der zweite Platz ging an „Schule ohne Rassismus“ und „Gemeinsam: SchlaU“. Beide setzen sich gegen Rassismus und Diskriminierung im Schulalltag ein.
Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde
Der Wächterdienst geht auf eine Initiative der Kirchen in Kassel zurück. “Nach dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 erleben Jüdinnen und Juden in Kassel vermehrt Antisemitismus”, sagt Dekan Dr. Michael Glöckner vom Evangelischen Stadtkirchenkreis Kassel. “Viele Menschen haben das Bedürfnis, Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde zu bekunden. Mit der Initiative des Wächterdienstes haben wir eine Möglichkeit geschaffen, diese Solidarität gemeinsam und für die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde unmittelbar erfahrbar, zu zeigen”, so der Dekan. Dabei stehe man im engen und freundschaftlichen Austausch mit der Jüdischen Gemeinde, erklärt Glöckner.
Jeden Freitagabend, während des Schabbat-Gottesdienstes der Jüdischen Gemeinde, versammeln sich Menschen vor der Synagoge zum Wächterdienst. Verschiedene Gruppen gestalten den Aufruf. Dr. Katrin Juschka ist Freiwilligenmanagerin beim Evangelischen Stadtkirchenkreis Kassel und koordiniert den Wächterdienst: „Wir freuen uns sehr über diese Würdigung, denn was die Engagierten aus der Zivilgesellschaft leisten, ist wirklich immens." Jede Woche, seit über einem Jahr, ohne Unterbrechung haben die unterschiedlichsten Vereine, Kirchen und Organisationen aus der Region abwechselnd dazu aufgerufen, für die Solidarität mit jüdischen Menschen zusammenzustehen und ein öffentliches Zeichen zu setzen, so Juschka.
Regionale Initiative
Nachdem der Wächterdienst anfänglich von lokalen kirchlichen Akteuren gestaltet wurde, haben sich mit der Zeit weitere christliche Gemeinden und Gemeinschaften, Parteien, Vereine, Schulen, Unternehmen und nicht institutionelle Gruppen, aus der Region angeschlossen. “Mit der Verleihung des Hessischen Integrationspreises werde nicht nur dieses Engagement gewürdigt, sondern auch bekräftigt, das jüdisches Leben in Kassel und darüber hinaus unser aller Solidarität bedarf”, geht aus der Pressemitteilung des Evangelischen Stadtkirchenkreises Kassel hervor.
Stichwort "Wächterdienst"
Bereits nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle 2019 hatten sich die Kirchen in Kassel schon einmal vor der Synagoge der Stadt zu diesem Dienst versammelt, um ein Zeichen der Verbundenheit und Solidarität mit den jüdischen Geschwistern zu setzen. Die Idee des Wächterdienstes geht auf eine Passage aus dem Alten Testament im Buch des Propheten Jesaja zurück (Jesaja 62,6).