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Portraitfoto von Teresa Weißbach
Kassel, blick in die kirche, Fragen: Olaf Dellit
Veröffentlicht 03 Okt 2025

Sie machen ganz viel: Film, Fernsehen, Theater, Liederabende, Lesungen. Gibt es für Sie so etwas wie Alltag?

Teresa Weißbach: Ja, natürlich: Meinen Alltag als Mama und der wird natürlich sehr stark vom Programm meiner Kinder bestimmt. Wenn ich nicht außerhalb von Berlin arbeite, dann gehört es auch zu meinem Alltag, dienstags auf die Palliativstation zu fahren.

Dort sind sie regelmäßig aktiv. Wie bekommen Sie das unter einen Hut?

Weißbach: Das ist eine Entscheidung. Ich möchte das eben gerne. Und wenn man Dinge möchte, finden sich immer Wege. Ich bin immerhin schon seit 2012 als Sterbebegleiterin tätig. Inzwischen habe ich das Ehrenamt meinem Alltag angepasst.
Wenn ich nicht in Berlin bin, kann ich da natürlich nicht hingehen. Aber dann gebe ich eben Interviews oder mache ähnliches zum Thema. Deshalb habe ich auch in diesem Jahr die Schirmherrschaft über den Stephanus-Hospizdienst übernommen. Jedoch gehe ich am liebsten dienstags auf die Palliativstation.

Warum haben Sie sich gerade die Sterbebegleitung ausgesucht?

Weißbach: Ausschlaggebend war ein persönliches Erlebnis: Ich habe vor 20 Jahren meinen Opa zusammen mit meiner Familie in den letzten Lebenstagen begleitet und habe es als sehr, sehr hilfreich empfunden, dass er nicht alleine sterben musste. Er wurde liebevoll in der Familie begleitet mit all den Ritualen, die es gibt. Ich finde, das ist etwas sehr Schönes. 
Dabei habe ich gemerkt, dass ich wenig Berührungsängste mit Sterben und Tod habe. Da ich mich gerne ehrenamtlich engagieren wollte, habe ich mir gedacht: Ja, das wär's vielleicht.

Nehmen Sie es so wahr, dass Tod und Sterben noch tabuisiert sind?

Weißbach: Auf jeden Fall.  Deshalb gehört es wohl jetzt zu meinen Aufgaben, das ein bisschen aus der Tabuzone zu holen. Ich merke, wenn ich zum Beispiel Interviews gebe, dass der Umgang mit Sterben und Tod für Journalisten immer interessant ist. 
Jedoch stelle ich mir immer wieder die Frage: Warum ist das eigentlich ein Tabuthema? Woher kommt diese Angst? Ich möchte diese Ängste hinterfragen und dazu ermutigen, über die eigene Sterblichkeit nachzudenken. Für mich gehört dieses Nachdenken total zum Leben dazu, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass es mein Leben so viel intensiver macht.
Wenn ich auf der Palliativstation bin, denke ich auch sehr oft über meine Endlichkeit nach. Wie es wohl wäre, wenn ich da liegen würde, viele Dinge nicht mehr könnte und vieles loslassen müsste.

Was bewirkt das bei Ihnen?

Weißbach: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich in meinem Alltag viel besser auch Dinge einfach mal sein lassen kann. Ich bin nicht mehr so perfektionistisch, wie ich es früher einmal war. Inzwischen habe ich eine gewisse Gelassenheit und dafür bin ich sehr dankbar. 
Außerdem bin ich es als Schauspielerin gewöhnt, intensive Emotionen auszuhalten. Ich habe auch keine Bedenken, Gefühle zu zeigen. Für mich ist es ganz natürlich und selbstverständlich, wenn ich mit Angehörigen und Patienten mitweine oder wütend bin. Davor scheue ich mich nicht.

Sie haben öffentlich von Ihrem Glauben erzählt. Welche Rolle spielt er in der Auseinandersetzung mit dem Tod?

Weißbach: Ich bin dankbar, dass ich an ein Leben nach dem Tod glaube. Das ist für mich wirklich tröstlich. Im Gespräch mit Sterbenden frage ich manchmal, ob sie an ein Leben nach dem Tod oder eine Wiedergeburt glauben und manche sagen: Nee, das ist dann zu Ende. Natürlich will ich das niemandem absprechen, aber ich bin jedes Mal froh, dass ich diese Hoffnung und diesen Glauben habe, der mich trägt.

Sie stammen aus dem Erzgebirge, eine als fromm geltende Region. Hat Sie das geprägt?

Weißbach: In gewisser Weise schon. Meine Eltern und meine Großeltern sind gläubig. Als Kind habe ich viel Zeit bei meiner Oma verbracht. Und wenn ich abends neben ihr so eingekuschelt im Bett lag, dann hat sie das Vaterunser gebetet. Mit diesem Säuseln und  Wispern bin ich eingeschlafen. Das fand ich sehr, sehr beruhigend.
Wir als Familie waren keine strengen Kirchgänger. Allerdings habe ich als Kind oft gebetet und Gott um Unterstützung gebeten. Erst mit zwölf Jahren wurde ich getauft und später auch konfirmiert. Das war meine Entscheidung. Meinen Glauben habe ich nie verloren, aber als junge Erwachsene trat er immer mehr in den Hintergrund. Erst so mit 30 Jahren kam er wieder stärker in mein Leben zurück. Der Grund war damals eine Lebenskrise, in der ich sehr viel Trost im Glauben gefunden habe. Mir sind in dieser Zeit so viele gute Engel begegnet, dass es verrückt wäre, nicht an eine höhere Macht zu glauben. Das hat mich bestärkt, mich auch wieder intensiver mit dem Glauben auseinanderzusetzen.

Porträtfoto von Teresa Weißbach
«Wenn man anderen Menschen helfen kann und sie unterstützt, öffnet das einem das Herz.»
Teresa Weißbach

Ich möchte auf das Ehrenamt zurückkommen. Glauben Sie, dass so ein Einsatz für den guten Zweck hilft, die Gesellschaft zusammenzuhalten?

Weißbach: Auf jeden Fall stärkt es das Miteinander. Es holt mich aus meiner Blase, in der ich mich oft nur um mich selbst drehe. Gehe ich aber auf andere zu und nehme mir bewusst Zeit für sie, stärkt es das Miteinander. Dabei treffe ich oft auf unterschiedliche Lebenseinstellungen. Das erweitert auch meinen Horizont.
Wenn man anderen Menschen helfen kann und sie unterstützt, öffnet das einem das Herz. Dann ist man mitfühlend und empathisch, man freut sich, bangt und hofft gemeinsam. Und es hilft auch gegen Vereinsamung, gerade in so großen Städten wie hier in Berlin.

Ich erlebe immer wieder, dass die Menschen sehr dankbar sind, wenn sie in so einer schweren Lebenssituation nicht alleine sind. Das verbindet, egal ob man alt oder jung, Mann oder Frau ist oder welcher Religion zugehörig: Ich als Mensch, setze mich an ein Bett und bin einfach da. Die Angehörigen und die Patienten spüren, dass ich mich auf sie einlasse, ohne dass ich sie von etwas überzeugen oder Werbung machen will. Ich bin einfach da und höre zu. Die dabei oft entstehende Schwingung von Mensch zu Mensch ergreift mich jedes Mal.

Es ist ungewöhnlich für Prominente, dass sie wirklich so konkret und regelmäßig etwas tun und nicht nur eine Stiftung mit ihrem Namen haben.

Weißbach: Ich schaue da wenig auf andere, sondern finde es spannender zu gucken: Was will ich? Wer bin ich? Was brauche ich? Neben der Schirmherrschaft für den Hospizdienst ist mir ganz wichtig, dass ich nicht nur mein Gesicht hergebe, sondern real regelmäßig Sterbende und deren Zugehörige begleiten kann. Das ist ein Punkt, der mich glücklich macht.

Eine große Frage zum Schluss: Was gibt Ihnen Hoffnung?

Weißbach: Sie ist einfach da. Die Hoffnung ist unerschütterlich, sie ist in mir und sie will nach draußen. Aber ich tue auch etwas für meine Hoffnung. Es mag naiv klingen, aber ich gucke mir zum Beispiel nur in Maßen Nachrichten an, weil ich merke: Das schädigt mein «zartes Pflänzchen Hoffnung». Wenn sich etwas in der aktuellen Berichterstattung ändern würde und das Augenmerk auch darauf gerichtet würde, was alles an guten Dingen erreicht wird, dann könnte mich das wiederum inspirieren. 
Auf die Frage, was mir von außen Hoffnung gibt, dann sind das eher so die kleinen Momente. Wenn ich zum Beispiel Menschen sehe, die unterstützend, tolerant und wertschätzend miteinander umgehen. Oder wenn ich meine Kinder beobachte, wie sie mitfühlen, sich freuen, begeistert sind; wie sie Ziele, Wünsche und Träume haben, macht mir das Hoffnung. 
Oder wenn ich andere Menschen höre, die sich nicht von schlechter Stimmung runterziehen lassen, die keine Angst haben, die mutig, voller Freude und Dankbarkeit durchs Leben gehen, macht mich das hoffnungsfroh.

Zur Person
Website von Teresa Weißbach

Teresa Weißbach (44) ist im Erzgebirge aufgewachsen, wo ihre Eltern eine Bäckerei hatten. Schon als Kind spielte sie Theater und studierte später in Rostock Schauspiel. Als Miriam Sommer in Leander Haußmanns «Sonnenallee» wurde sie einem breiten Publikum bekannt. Seitdem ist sie in Film, Fernsehen und auf der Theaterbühne aktiv. Seit 2019 hat sie die Rolle der Försterin Saskia Bergelt im «Erzgebirgskrimi», der regelmäßig Einschaltquoten von sechs bis acht Millionen erreicht. Sie wurde von ihrer Heimatregion zur Botschafterin des Erzgebirges ernannt. Weißbach hat auch viele große Theaterrollen gespielt, ob in «Hedda Gabler», der «Rocky Horror Picture Show», im «Ring der Nibelungen» oder «Antigone». Als Sängerin ist sie mit Liedern der 20er- und 30er-Jahre unter dem Titel «In der Bar zum Crocodil» aufgetreten. Teresa Weißbach lebt mit ihren drei Kindern und ihrem Mann in Berlin. (ode)

Titelblatt des Magazins „blick in die kirche“, Ausgabe Oktober 2025. Fünf Personen stehen im Kreis und legen ihre Hände übereinander in die Mitte, von unten fotografiert. Oben rechts steht „magazin“ in weißer Schrift auf orangem Hintergrund, darunter „in die kirche“. Unten links zwei Textboxen: „INTERVIEW Teresa Weißbach über ihre Arbeit im Hospizdienst“ und „ENGAGIERT Kirchenvorstands-Mitglieder stellen sich vor“. Unten mittig groß „Ehrensache!“. Unten rechts ein pinkes Logo zur Kirchenvorstandswahl am 26.10.2025.
«Ehrensache!» als E-Paper

Bis zu acht Millionen sehen Teresa Weißbach als Försterin Saskia Bergelt im «Erzgebirgskrimi» (ARD). Weniger bekannt ist ihr regelmäßiges Ehrenamt auf einer Hospizstation. Im Interview spricht sie darüber, wie diese Aufgabe ihr Herz öffnet, warum Ehrenämter wichtig sind, über ihren Glauben und «gute Engel», die ihr begegnet sind.

Das Magazin widmet sich ehrenamtlichem Engagement in und außerhalb der Kirche – Anlass ist die Kirchenvorstandswahl in Kurhessen-Waldeck. Die Redaktion beleuchtet den Einsatz für Geflüchtete, Rehkitze, fairen Handel, Pfadfinderarbeit und mehr. Sie erklärt, wie Erste-Hilfe-Kurse für die Seele funktionieren, wie Kirche und Diakonie Sorgenetze knüpfen und was Ehrenamtliche bei der Telefonseelsorge leisten. Sinn-Expertin Prof. Tatjana Schnell erläutert, warum Sinnvolles gesund ist und wo Gefahren im Ehrenamt liegen.

Für Leserinnen und Leser gibt es wieder ein herausforderndes Gewinnspiel mit der Chance auf einen Hotelaufenthalt.

Das «blick in die kirche-Magazin» ist die Publikumszeitschrift der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und liegt viermal im Jahr den Tageszeitungen auf dem Gebiet der Landeskirche kostenfrei bei. Die Druckauflage beträgt knapp 225.000 Exemplare, hinzu kommen E-Paper und Webseite.