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In den Schaufenstern der Räumen der Initiative «19. Februar Hanau» erinnern Fotos an die Opfer des Anschlags im Jahr 2020.

In den Schaufenstern der Räumen der Initiative «19. Februar Hanau» erinnern Fotos an die Opfer des Anschlags im Jahr 2020.

Hanau / Redaktion epd, ekkw.de
Veröffentlicht 20 Feb 2025

Die evangelische Kirche erinnerte schon im Vorfeld an die Opfer des Anschlags vom 19. Februar 2020, bei dem neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet wurden. Dazu gehörten ein Gedenkgottesdienst am 16. Februar mit der Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Dr. Beate Hofmann, und ein Podiumsgespräch am 17. Februar, an dem u.a. die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, beteiligt war.

Am Abend des 19. Februar ist eine gemeinsame religiöse Gedenkfeier von katholischer und evangelischer Kirche sowie der örtlichen Jüdischen Gemeinde geplant, in der die Teilnehmenden eingeladen sind, um Frieden, Versöhnung und Akzeptanz zu bitten. Zwischen 20 und 23 Uhr wird der Opfer des Anschlags an den beiden Tatorten gedacht. Die «Initiative 19. Februar Hanau» wird nach eigenen Angaben dort Mahnwachen abhalten.

Gedenkgottesdienst am 16. Februar mit Bischöfin Hofmann

In einem Gottesdienst zum Jahrestag des Anschlags am Sonntag (16.2.) erinnerte Bischöfin Dr. Beate Hofmann an die neun ermordeten Menschen: «Indem wir miteinander an einem friedlichen Zusammenleben festhalten, ehren wir ihr Andenken», sagte Hofmann . Der Täter habe spalten wollen. «Wir sorgen dafür, dass er sein Ziel nicht erreicht», so die Bischöfin.

Die Bischöfin wirbt dafür, dass sich in diesen gesellschaftlich und politisch unruhigen Zeiten jene zusammenschließen, die aus Werten wie Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt heraus leben. «Miteinander müssen wir konkrete Vorstellungen davon entwickeln, wie ein friedliches Miteinander aussehen kann, das Verschiedenheit anerkennt und respektiert», so die Bischöfin.

Das Portraitfoto zeigt Bischöfin Dr. Beate Hofmann
«Miteinander müssen wir konkrete Vorstellungen davon entwickeln, wie ein friedliches Miteinander aussehen kann, das Verschiedenheit anerkennt und respektiert.»
Bischöfin Dr. Beate Hofmann

An dem Gottesdienst unter dem Motto «Zusammen-Leben und Zusammen-Wachsen», zu dem der Evangelische Kirchenkreis Hanau in die Marienkirche eingeladen hatte, wirkte Büsra Cürebal von der Bildungsinitiative Ferhat Unvar mit. Serpil Unvar hatte diese hat nach dem gewaltsamen Tod ihres Sohnes gegründet, um Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung entgegenzuwirken. Außerdem gestalteten Jugendliche der Hohen Landesschule, Konfirmandinnen und Konfirmanden sowie Pfarrer Dr. Werner Kahl den Gottesdienst mit. Für den musikalischen Rahmen sorgten Stadtkantorin Johanna Winkler sowie Vedat Oymak (Flöte) und Chid Chamberlain. Zum Bericht über den Gedenkgottesdienst…

Predigt der Bischöfin im Wortlaut:
Bischöfin Dr. Beate Hofmann während ihrer Predigt

Predigt von Bischöfin Dr. Beate Hofmann am 16. Februar 2025 in der Hanauer Marienkirche anlässlich des Anschlags von Hanau, bei dem am 19. Februar 2020 neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet wurden. (Predigttext: Jes 11, 6-9)

Dialogforum am 17. Februar mit Bischöfin Fehrs

Ebenfalls in der evangelischen Marienkirche fand am Montag, 17. Februar, eine Diskussionsveranstaltung statt. Sie stand unter der Frage: «Hanau und die Anschläge – was bleibt und wie geht es weiter?» Darin nahmen neben Etris Hashemi, der seinen Bruder und Freunde bei dem Anschlag verloren hat, und Bürgermeister Dr. Maximilian Bieri auch die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, teil. «Die Bluttat von Hanau verpflichtet unsere ganze Gesellschaft, sich rechtsextremer Gewalt gemeinsam entgegenzustellen. Dazu sind Klarheit und Grenzen nötig – vor allem aber das Gespräch. Im Ringen um den besten Weg brauchen wir Orte der Verständigung», so Bischöfin Fehrs. 

«#VerständigungsOrte – Wir. Reden. Hier.»

Das Podiumsgespräch wurde im Rahmen der Initiative «#VerständigungsOrte – Wir. Reden. Hier.» veranstaltet. Die EKD und die Diakonie rufen Kirchengemeinden und Einrichtungen dazu auf, ihre Kirchen für Dialogveranstaltungen zur Verfügung zu stellen. Damit sollen Räume geboten werden, in denen Menschen mit unterschiedlichen Ansichten zusammenkommen und sich über gesellschaftliche Probleme austauschen können.

Zentrale Gedenkveranstaltung der Stadt Hanau am 19. Februar

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat anlässlich des fünften Jahrestages der rassistischen Morde die Menschen in Deutschland dazu aufgerufen, gegen Rassismus, Rechtsextremismus, Islamismus und andere Formen der Menschenfeindlichkeit entschlossen einzutreten. «Es ist an uns, für ein gutes Miteinander zu sorgen, jeden Tag und immer wieder aufs Neue. Das ist die Botschaft, die wir heute hier aus Hanau in unser Land senden», sagte Steinmeier am 19. Februar bei der zentralen Gedenkveranstaltung im Congress Park Hanau. Der Täter von damals habe nicht auf alle Bürgerinnen und Bürger abgezielt, aber seine Tat gehe die gesamte Gesellschaft an, sagte der Bundespräsident. Die rechtsextremistisch motivierten Morde von Hanau «waren ein Anschlag auf unsere offene Gesellschaft und unsere liberale Demokratie», so Steinmeier.

Ministerpräsident, Bundeskanzler und Bundesinnenministerin gedachten der Opfer

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein gedachte ebenfalls bei der Feier im Hanauer Congress Park der Opfer: «Fünf Jahre sind seitdem vergangen. Was niemals vergehen wird, ist das Entsetzen über diese abscheuliche Tat und das Entsetzen über den unfassbaren Hass eines Einzelnen, der diese Menschenleben brutal ausgelöscht hat», sagte der Ministerpräsident.

Im Vorfeld meldeten sich Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesinnenministerin Nancy Faeser zu dem Jahrestag zu Wort. Scholz sprach in einem Video am Dienstagabend von einer «schmerzhaften Lücke», die die Opfer von Hanau hinterließen. «Doch wir können an sie erinnern», sagte er: «Wir können dem rassistischen Hass entgegentreten, der den Morden von Hanau zugrunde lag.» Innenministerin Faeser, die aus Hessen stammt, sprach von nicht verheilenden Wunden bei den Angehörigen der Opfer. Neben rechtsstaatlichen Konsequenzen forderte Faeser «auch mehr Menschlichkeit und Zusammenhalt, damit solche Taten unser Land nicht spalten».

Dekan des Kirchenkreises: Wachsam sein gegenüber Hass, Ausgrenzung und Gewalt

Der Anschlag habe Narben hinterlassen. Vor allem die Frage nach der Perspektive bewege die Menschen in Hanau nach wie vor, beobachtet Dekan Dr. Martin Lückhoff vom Evangelischen Kirchenkreis Hanau. Der gewaltsame Tod von neun Mitmenschen mahne, wachsam zu sein gegenüber Hass, Ausgrenzung und Gewalt. «Als christliche Gemeinschaft kommen wir zusammen, um der Opfer zu gedenken, ihre Namen nicht zu vergessen und für eine Gesellschaft der Mitmenschlichkeit einzutreten», sagte der Dekan im Vorfeld des Jahrestages.

Der Anschlag habe die Rolle der evangelischen Kirche in der Stadt geprägt, so der Dekan weiter. Die Kirche verstehe sich als ein Ort, wo Menschen mit unterschiedlichen Sichtweisen und Meinungen sich begegnen, zuhören und öffnen können. «Die Kirche hat die Aufgabe, Gesprächsangebote zu machen und Kommunikation zu ermöglichen», erklärte Lückhoff. So sollen die nach dem Anschlag ins Leben gerufenen «Hanauer Gespräche» nach einem Personalwechsel wieder aufgenommen werden.

Portraitfoto von Dekan Dr. Martin Lückhoff, Foto: medio.tv/Schauderna
«Die Kirche hat die Aufgabe, Gesprächsangebote zu machen und Kommunikation zu ermöglichen.»
Dekan Dr. Martin Lückhoff, Hanau

«Wir verstehen uns als Kirche für die Stadt», betonte Lückhoff. In der Bürgerschaft gebe es unterschiedliche Haltungen zum Anschlag. Manche seien der Meinung, die Tat eines psychisch kranken Mannes habe nichts mit der Bürgerschaft zu tun. Andere seien betroffen, dass eine solche Tat in ihrer Stadt möglich war. Unter Einwohnern aus Einwandererfamilien sei zu hören, sie erlebten im Alltag Diskriminierungen, daher überrasche sie nicht, dass aus Worten Taten werden. «Der 19. Februar ist in Hanau immer noch eine Narbe, die schmerzt», sagte Lückhoff. Es brauche Gespräche, und die evangelische Kirche wolle ein Ort sein, «an dem Kommunikation erfolgt und gelingt».

«Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili-Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov»
Diese Menschen wurden am 19. Februar 2020 in Hanau bei einem rassistischen Attentat ermordet.

Oberbürgermeister: Opfer dürfen niemals vergessen werden

«Die Opfer und der Tag des Attentats in Hanau dürfen niemals in Vergessenheit geraten. Sie sind uns Mahnung, gemeinsam für Demokratie und Zusammenhalt einzustehen und uns entschieden gegen Rassismus, Extremismus, Hass und Hetze zu positionieren», so Oberbürgermeister Kaminsky.

Neben dem Gedenken werde die Veranstaltung der Stadt am 19. Februar auch den Blick in die Zukunft richten. Ein Beispiel gebe die beteiligte Mutter eines Opfers, Serpil Temiz Unvar. Sie habe die nach ihrem Sohn benannte Bildungsinitiative Ferhat Unvar gegründet und schule Jugendliche darin, Workshops zur Sensibilisierung gegen Diskriminierung und für Zivilcourage abzuhalten, so der Oberbürgermeister weiter.

Haus für Demokratie und Vielfalt

Die Stadt habe begonnen, ein «Haus für Demokratie und Vielfalt» einzurichten, das ein «Haus der Begegnung für alle» werden und den Zusammenhalt fördern solle, sagte Kaminsky. Darüber hinaus hat die Stadtverordnetenversammlung kürzlich beschlossen, auf dem im nächsten Jahr neugestalteten Vorplatz das Mahnmal für die neun Ermordeten zu errichten.

Am Abend des 19. Februars wird zwischen 20 und 23 Uhr der Opfer des Anschlags an den beiden Tatorten gedacht. Die «Initiative 19. Februar Hanau» wird nach eigenen Angaben dort Mahnwachen abhalten. Im Namen von Stadt, Land und Bund werden an den Grabstätten in Hanau, Offenbach, Bulgarien, Rumänien und in der Türkei Blumen- und Kranzniederlegungen organisiert.

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«Wir glauben, dass Nesars Tod Schicksal war»

Said Etris Hashemi kommt mit dem Motorrad zu dem Laden in der Hanauer Innenstadt, in dem die Initiative 19. Februar arbeitet. Dort wird die Erinnerung an die Opfer der Anschläge 2020 wachgehalten. Der junge Mann hat seinen Bruder und Freunde verloren. Er selbst wurde schwer verletzt. Er spricht im Interview über Erinnerung.

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Ein Besuch im Evangelischen Jugendzentrum in Hanau-Kesselstadt

Die Grundschülerin ist viel zu früh da. Wann denn die Capoeira-Stunde sei, fragt sie. In zwei Stunden erst? Aber draußen sei es doch so kalt. Sie darf natürlich bleiben. Im Raum der Schülerhilfe findet sie Platz, bekommt Papier zum Malen – und warm ist es auch. Die kleine Begebenheit zeigt im Kleinen, wofür das Evangelische Jugendzentrum in Hanau-Kesselstadt – oder wie sie hier sagen, das «JuZ K-Town» – seit 1980 steht: ein Ort der offenen Türen. «Wir sind einfach da», sagt Sozialarbeiterin Antje Heigl, die seit 1996 in Kesselstadt arbeitet.

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Viele der Opfer vom 19. Februar 2020 waren im JuZ ein- und ausgegangen

Das JuZ in Kesselstadt ist untrennbar mit den schrecklichen Anschlägen vom 19. Februar 2020 verbunden, als ein Rechtsterrorist, der selbst in Kesselstadt wohnte, neun Menschen mit Migrationshintergrund erschoss – sowie seine Mutter und schließlich sich selbst.

Untrennbar ist das JUZ k.town in Hanau-Kesselstadt mit den rassistischen Anschlägen in Hanau vom 19. Februar 2020 verbunden, viele der Opfer waren dort regelmäßig zu Gast.

Veranstaltungen zum Gedenken

16. Februar

Zentrale Gedenkgottesdienst in der Marienkirche mit Bischöfin Dr. Beate Hofmann, Dekan Dr. Martin Lückhoff, Pfarrer Prof. Dr. Werner Kahl am 16. Februar (10.30 Uhr) unter Beteiligung der Bildungsinitiative Ferhat Unvar.

17. Februar

Öffentlichen Podiumsgespräch am 17. Februar (19 Uhr) in der Hanauer Marienkirche mit Etris Hashemi, Bischöfin Kirsten Fehrs (Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschland), Hanaus Bürgermeister Dr. Maximilian Bieri und Dekan Dr. Martin Lückhoff

18. Februar

Interreligiöses Koran- und Bibelgespräch zur Überwindung von rassistischen Vorurteilen am 18. Februar (18 Uhr) mit Pfarrer Prof. Dr. Werner Kahl. Ort: Ajoki (Johanneskirchplatz; Sternenzimmer)

19. Februar

Die Marienkirche steht am 19. Februar zwischen 12 und 20 Uhr zum stillen Gedenken offen.

Am Abend des 19. Februar 2025 wird zwischen 20 und 23 Uhr der Opfer des Anschlags an den beiden Tatorten gedacht. Wie in den vergangenen Jahren sind am Heumarkt und am Kurt-Schumacher-Platz von der «Initiative 19. Februar» Mahnwachen geplant. Im Namen der Stadt, des Landes und des Bundes werden an den Grabstätten in Hanau, Offenbach, Bulgarien, Rumänien und in der Türkei Blumen- und Kranzniederlegungen organisiert.

Die katholische Kirche wird am 19. Februar die St. Elisabethkirche und die Stadtpfarrkirche Mariae Namen den ganzen Tag zum persönlichen Gedenken öffnen und in den Eucharistiefeiern der Opfer gedenken. 

Zusammen mit der Wallonisch-Niederländischen Kirche und der Jüdischen Gemeinde Hanau wird die katholische Kirche am 19. Februarum 19 Uhr in St. Elisabeth eine gemeinsame religiöse Gedenkfeier mit der Bitte um Frieden, Versöhnung und Akzeptanz begehen.

23. Februar

Am 23. Februar (18 Uhr) findet in der Marienkirche ein Gospelgottesdienst zum 19. Februar unter Beteiligung der Sinti- und Roma-Gemeinde statt.

Der Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020

Am 19. Februar 2020 erschoss der 43-jährige Tobias R. in Hanau zwischen 21.55 Uhr und 22.01 Uhr neun Menschen aus Einwandererfamilien und verletzte weitere. Anschließend tötete er seine Mutter und sich selbst. Nach den Ermittlungen stellte der Generalbundesanwalt fest, dass der Täter allein gehandelt habe. Die Schusswaffen besaß R. als Mitglied von Schützenvereinen legal. Die Tat habe R. aus einer rassistischen Motivation heraus begangen, wie aus Texten von ihm im Internet ersichtlich sei.

hanau-steht-zusammen.de

Auf der Internetseite www.hanau-steht-zusammen.de stehen viele Hintergrundinformationen, die Seite dient seit dem ersten Jahrestag des Attentats als «Digitales Denkmal».