Unser Foto zeigt die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Dr. Beate Hofmann, und Maximilian Zindel von der Initiative «Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung» am Haus der Kirche in Kassel (Foto: medio.tv/Schauderna)

Unser Foto zeigt die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Dr. Beate Hofmann, und Maximilian Zindel von der Initiative «Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung» am Haus der Kirche in Kassel (Foto: medio.tv/Schauderna)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 07 Jan 2021

Als Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) schließen wir uns der Initiative «Offen für Vielfalt», einem regionalen Bündnis von Organisationen, Vereinen und Unternehmen an, denn:

Mit großer Sorge nehmen wir wahr, dass…

  • Menschen in vielen gesellschaftlichen und kirchlichen Bereichen immer wieder ausgegrenzt und diskriminiert werden, weil sie von der «Norm» abweichen, also nicht weiß, nicht heterosexuell, nicht körperlich oder psychisch gesund, nicht im mittleren Alter, nicht männlich, nicht christlich oder religionslos, nicht sesshaft, nicht finanziell abgesichert sind. Tagtägliche Ausgrenzungs- und Diskriminierungserfahrungen sind unerträglich und machen krank.
  • Ausgrenzung und Hass auf bestimmte Gruppen in unserer Gesellschaft zum Schlimmsten geführt haben. Mitten unter uns, in Kassel und Hanau, sind Geschäftsleute, Politiker*innen, Bürger*innen und Nachbar*innen zu Opfern rechter Gewalt geworden. Wir sind erschüttert über diese brutalen Morde und das unsagbare Leid, das den Getöteten und ihren Familien angetan wurde. Es waren Anschläge auf unser Zusammenleben.
  • sich Menschenverachtung und Abwertung in Kirche und Gesellschaft breit machen. Das extreme Betonen der Nationalität, Gleichförmigkeit nach innen und Abschottung nach außen, werden von rechten Gruppen und Parteien als nationalistische Scheinlösung für die Probleme in unserem Land vorangetrieben. Einzelne Gruppen werden zu Feind*innen und zu Sündenböcken erklärt. Misstrauen und Angst werden geschürt, Offenheit und Vertrauen zurückgedrängt.
  • Menschen, die sich in der Öffentlichkeit haupt- und ehrenamtlich für ein Klima des Vertrauens, der Weltoffenheit und für demokratische Werte einsetzen, bedroht und eingeschüchtert werden. Rechte Kräfte versuchen das Fundament unserer demokratischen Gesellschaft zu unterwandern und zu zerstören, um ihre Ziele zu erreichen. Wie brutal sie dabei vorgehen, zeigt die heimtückische Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten.

Als Kirche schließen wir uns dem Bündnis an, weil…

  • wir es notwendig finden, den beschriebenen Entwicklungen gemeinschaftlich entgegenzutreten und damit die aktiven Kräfte für Vielfalt und gegen Ausgrenzung in Kirche und Gesellschaft zu verstärken.
  • wir uns als Christ*innen an Jesus Christus orientieren. Jesus hat in jedem Menschen den Bruder oder die Schwester, die Tochter oder den Sohn Gottes gesehen und sie in ihrer Würde und mit Respekt angesprochen: Männer und Frauen, Arme und Reiche, Juden und Nicht-Juden, Erwachsene und Kinder, Gesunde und Kranke. Dafür wurde er angefeindet. Seine konsequente Haltung war ein wesentlicher Grund, dass er selbst zum Opfer menschlicher Gewalt geworden ist.
  • wir Gott in Vielfalt erfahren. Gott begegnet uns in der menschlichen Gestalt des Jesus von Nazareth. In ihm finden wir Gott als schöpferische Kraft und als unverfügbare Macht. Jesus Christus, Gott der Schöpfer und der Heilige Geist bilden eine Gemeinschaft ohne Rangfolge und Herrschaftsanspruch. Diese göttliche Gemeinschaft ist offen und einladend. Sie bildet den Lebensraum für alle Geschöpfe.
  • wir davon überzeugt sind, dass jeder Mensch von Gott geschaffen und gewollt ist. Nach biblischem Verständnis sind alle Menschen Gottes Geschöpfe und zugleich Gottes Ebenbild. Von Anfang an wird der Mensch in seiner Unterschiedlichkeit und Vielfalt als Bild Gottes bezeichnet. Zu seinem Ebenbild nimmt Gott eine besondere Beziehung auf. Gott beauftragt die Menschen, als seine Stellvertreter für die gesamte Schöpfung Verantwor-tung zu tragen. Dabei soll kein Mensch einen anderen beherrschen. In der Gottebenbildlichkeit liegt die Würde aller Menschen begründet.
  • bei der Gründung der Kirche am ersten Pfingstfest in Jerusalem von Anfang an Menschen verschiedener Sprache und Herkunft dazugehörten. Durch den göttlichen Geist der Liebe und der Wahrheit entstand eine neue Gemeinschaft, die bisherige Grenzen überschritten hat. Unabhängig von ihrer Abstammung, von ihrem Geschlecht und ihrer Stellung in der Gesellschaft war jede und jeder ein gleichwertiger Teil dieser neuen Gemeinschaft. So begreifen wir die christliche Kirche von Anfang an als multikulturelle Gemeinschaft. Wir wollen unterschiedliche Lebensgeschichten und Begabungen sehen und nicht leichtfertig übergehen. Zugleich soll jede einzelne Person mit ihrem Beitrag zum Ganzen gleichermaßen wertgeschätzt werden.
  • wir das Dreifachgebot der Liebe als Zentrum unseres christlichen Glaubens sehen: die Liebe zu Gott, die Liebe zum anderen Menschen wie zu uns selbst. Weil wir die göttliche Liebe als tragenden Grund für unser Leben und für diese Welt erfahren, möchten wir aus der Kraft dieser Liebe leben. Wir glauben an die verändernde Kraft dieser Liebe. Sie befähigt und ermutigt uns zu einem liebevollen und rücksichtsvollen Umgang mit uns selbst genauso wie mit anderen Menschen.
  • wir die zerstörerische Wirkung von Überlegenheitsgefühlen, Herrschsucht und Profitgier erkennen. Solche Kräfte und Mächte verführen und zerstören den Einzelnen und die Gemeinschaft. Jesus hat diese Kräfte und Mächte klar und deutlich beim Namen genannt. Sie haben bei ihm Zorn und Wut, aber auch Klage und Trauer hervorgerufen. Jesus hat sich von solchen Worten und Taten, nicht aber von den Menschen selbst abgewendet.

Deshalb stehen wir als Kirche dafür ein, dass…

  • wir widersprechen, wenn verachtend über Einzelne oder bestimmte Gruppen geredet wird und damit Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer religiösen und weltanschaulichen Überzeugung, ihrer Herkunft oder ihrer sozialen Lage, ihrer körperlichen oder geistigen Einschränkungen ausgegrenzt werden.
  • wir aufdecken, wo wir in Kirche und Gesellschaft Türen für Vielfalt bewusst oder unbewusst geschlossen und Menschen damit ausgegrenzt und verletzt haben. Wir sind bereit, Missstände und Diskriminierungen beim Na-men zu nennen, Verantwortung dafür zu übernehmen und sie aufzuarbeiten. Mit der Hilfe für Opfer sexuali-sierter Gewalt in der EKKW sind erste Schritte gegenüber einer Gruppe von Menschen getan, deren Würde und Recht auf Selbstbestimmung verletzt wurde. Die synodale Entscheidung zur Trauung gleichgeschlechtlicher Paare im Gottesdienst ist ein wegweisendes Beispiel für eine verantwortungsvolle Weiterentwicklung der Kirche.
  • wir Türen öffnen und Menschen willkommen heißen - ob sie schon immer da waren oder neu dazukommen. Wir wollen Gespräche ermöglichen, damit Verunsicherung und Angst bei Veränderungen einerseits, Erwartungen und Hoffnungen auf Zugehörigkeit andererseits ausgesprochen werden können. Wir wollen dazu beitragen, dass sich Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit und Einmaligkeit gleichberechtigt begegnen, Vorurteile abbauen und entkräften und Vielfalt als Reichtum erleben können. Wo allerdings jemand offen gegen die frei-heitlich demokratische Grundordnung und gegen das Gebot der Nächstenliebe auftritt, ziehen wir eine deutliche Grenze. Die «Hanauer Union» zeigt uns seit 200 Jahren, dass die Vielfalt verschiedener Glaubensprägungen und Bekenntnisse die Einheit unserer Kirche nicht gefährdet, sondern gemeinsam gestaltet werden kann.
  •  wir bei der Besetzung von Gremien und Stellen, bei Diskussionen und Entscheidungsfindungen auf Vielfalt achten. Wir setzen uns dafür ein, dass in der Mehrheitsgesellschaft die jeweils Anderen gehört werden und Raum bekommen. So kann sich der Reichtum der Begabungen entfalten.
  • wir neue Vorstellungen eines gelingenden Zusammenlebens der Verschiedenen in einer demokratischen Gesellschaft entwickeln. Wir setzen uns ein für den Umbau hin zu einer lebensdienlichen Gesellschaft. Dafür vernetzen wir uns mit anderen Initiativen und Bewegungen und bringen unsere spezifisch christliche Perspektive ein.
  • wir unsere Gemeinden und Kooperationsräume, die kirchlichen und diakonischen Orte, die Einrichtungen und Gremien dazu ermutigen, sich zu positionieren und konkrete Schritte für Vielfalt und gegen Ausgrenzung zu finden und zu gehen.
Download:

Die Arbeitshilfe aus der Kirchenvorstandsarbeit der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck möchte Kirchenvorstände sprach- und handlungsfähig machen, wenn sie oder andere Menschen mit Ausgrenzung konfrontiert werden. Laden Sie hier die Arbeitshilfe runter

PDF-Dokument

Linktipp:

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