Der Gedenkgottesdienst am Sonntag in der Hanauer Marienkirche stand unter der Überschrift «Klage und Hoffnung». (Foto: medio.tv/Schauderna)

Der Gedenkgottesdienst am Sonntag in der Hanauer Marienkirche stand unter der Überschrift «Klage und Hoffnung». (Foto: medio.tv/Schauderna)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 13 Feb 2023

Hanau. «Die Liebe hört niemals auf»: Mit diesem Bibelvers (1. Korinther 13) erinnerte die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, an die Opfer des Anschlags von Hanau, ?bei dem am 19. Februar 2020 neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet wurden. Am dritten Jahrestag des Attentats predigte Kurschus in der Hanauer Marienkirche. Dazu hatte der zur Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) zählende Kirchenkreis Hanau eingeladen.

«Im heutigen Innehalten und Erinnern verstehen wir die tiefe Wahrheit dieses Satzes auf besondere Weise», erläuterte Kurschus. Dem Mörder sei es nicht gelungen, die Liebe zu zerschießen, im Gegenteil: «Die Liebe zu Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtovic, Vili Viorel Paun, Fatih Saraçoglu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov ist geblieben. Sie ist vielleicht sogar stärker, auf jeden Fall bewusster und öffentlicher geworden», sagte die Ratsvorsitzende.

Den 19. Februar 2020 bezeichnete Kurschus als «Zeitenwende». Für die Familien der Getöteten und für die ganze Stadt Hanau habe sich seither etwas Grundlegendes verändert. «Niemals mehr werden Sie als Angehörige die Namen Ihrer Liebsten so unbefangen aussprechen können wie in den Zeiten davor. Das hat für immer aufgehört.» Nicht aber die Liebe, hob Kurschus hervor: «Es ist die Liebe, die unsere Religionen erfüllt und die unsere unterschiedlichen Weisen, Gott zu ehren, tief miteinander verbindet. Es ist die Liebe, in der wir eins sind.»

Im Vers «Die Liebe hört niemals auf» schwinge auch eine gesellschaftliche Aufgabe mit: «Der Einsatz für Gerechtigkeit, der Widerstand gegen Rassismus und jede Form von Menschenfeindlichkeit hört niemals auf», ist Kurschus überzeugt. Sie ermuntere zu vielen Begegnungen und zur «Menschenliebe».

Gottesdienst stand unter der Überschrift «Klage und Hoffnung»

Im Gottesdienst, der unter der Überschrift «Klage und Hoffnung» stand, wirkten die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Dr. Beate Hofmann, sowie der Hanauer Dekan Dr. Martin Lückhoff mit. Ansprachen hielten auch die Schwester des ermordeten Hamza Kurtovic, Ajla Kurtovic, der Hanauer Imam Mustafa Macit Bozkurt und die hessische Landtagsvizepräsidentin Heike Hofmann (SPD). Im Anschluss nahmen Ratsvorsitzende Kurschus und Bischöfin Hofmann außerdem an der öffentlichen Gedenkveranstaltung auf dem Hanauer Marktplatz teil. Dazu hatten der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) eingeladen.

Die Anschläge bewegten die Menschen in und um Hanau nach wie vor, erläutert Dekan Lückhoffim Vorfeld des Gedenkens. «Die damit verbundene Klage und Hoffnung nehmen wir in dem Gottesdienst auf», so der Dekan. Die Tat habe tiefe Wunden gerissen und Vertrauen beschädigt, beobachtet auch Bischöfin Hofmann. Die Landeskirche wolle Erinnerungen und Emotionen einen Ort geben, aber auch aktiv zur Überwindung von Gewalt und Rassismus beitragen. «Leider gibt es weiterhin rassistische und antisemitische Gewalttaten und vielfältige Ausgrenzungserfahrung», so die Bischöfin. Sie ergänzt: «Die Auseinandersetzung mit der Thematik ist nicht nur auf einen Tag beschränkt, sondern beständiges Anliegen in unserer Arbeit, unter anderem in unserem Mitwirken in der Initiative Offen für Vielfalt.»

Statement von Bischöfin Beate Hofmann zum Gedenktag in den Sozialen Medien (Foto: medio.tv/Schauderna, Gestaltung: Stübing)

Statement von Bischöfin Beate Hofmann zum Gedenktag in den Sozialen Medien (Foto: medio.tv/Schauderna, Gestaltung: Stübing)

Ausstellung im Foyer des Neustädter Rathauses

Im Foyer des Neustädter Rathauses am Hanauer Marktplatz ist noch bis 18. März täglich zwischen 10 und 17 Uhr die Ausstellung «Hanau 19. Februar 2020 – Drei Jahre Erinnerung und Aufklärung» zu sehen. Der Eintritt ist frei. Erstellt wurde die Ausstellung von Forensic Architecture / Forensis in Zusammenarbeit mit der «Initiative 19. Februar Hanau», unterstützt wird sie vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain, dem Haus der Kulturen der Welt in Berlin, dem Frankfurter Kunstverein, der Bundeszentrale für politische Bildung und der Stadt Hanau. Führungen mit Angehörigen oder der Initiative finden jeweils mittwochs (17 Uhr) und sonntags (15 Uhr) statt. Am 18.2. (17 Uhr) bietet Forensic Architecture eine Sonderführung. (13.02.2023, aktualisiert am 20.02.2023, epd/ekkw.de)

Gedenkseite:

Auf der Internetseite hanau-steht-zusammen.de finden sich viele Hintergrundinformation. Diese Seite dient seit dem ersten Jahrestag des Attentats als digitales Denkmal:

hanau-steht-zusammen.de

Internetradio:

Hanau gedenkt am Sonntag der Opfer des rassistischen Anschlags vor drei Jahren. An sie denken Christen und Muslime im Gottesdienst in der Marienkirche mit einem Ritual. Radio-Reporter Siegfried Krückeberg hat mit Dekan Martin Lückhoff vom Kirchenkreis und mit der Vizepräsidentin des Hessischen Landtags, Heike Hofmann, gesprochen:

Linktipp:

Weitere Informationen zum Gedenken vor Ort und dem Gottesdienst mit der Ratsvorsitzenden der EKD, Präses Kurschus, finden Sie unter:

kirchenkreis-hanau.de