Weihnachten ist für viele Menschen eher ein Fest der Konflikte. Die Telefonseelsorge erfährt viel davon. Steckt im Satz „Liebe ist alles“ aber dennoch ein Funken Wahrheit? Darauf antwortet Salome Möhrer-Nolte in ihrem Beitrag. Sie leitet das Team der Telefonseelsorge Nordhessen, das anonym und kostenlos rund um die Uhr erreichbar ist unter Tel. 0800 111 0 111 und online über www.telefonseelsorge.de .
Weihnachten müsste eigentlich ganz anders erzählt werden, nicht als Fest der Liebe, sondern realitätsnaher als Fest der Konflikte, Enttäuschungen und Kränkungen. Es gibt wohl neben der Hochzeit kaum ein Fest, das so mit Erwartungen aufgeladen ist, wie Weihnachten. Alle sollen sich liebhaben und Essen, Geschenke und Stimmung sollten gut sein.
Die Telefonseelsorge erhält während der Festtage viele intime Einblicke in die Realität des sogenannten Festes der Liebe. Von Enttäuschung, Traurigkeit, Überforderung, Sprachlosigkeit und Angst wird oft berichtet. Häufig rufen während der Feiertage Menschen an, weil es Streit in der Familie gibt und die oft fragile Harmonie zu kippen droht. Menschen nutzen die Gelegenheit, sich in einem Gespräch mit einer außenstehenden Person zu sortieren und zu beruhigen.

Einerseits gibt es bei fast allen diese starken inneren Bilder von einem idealen Weihnachten, andererseits sieht die Realität und jahrelange Erfahrung oft anders aus. Eigentlich müsste inzwischen allen klar sein, dass Weihnachten als «das» Familienfest schlechthin eine Herausforderung darstellt. Jahrelange Erfahrungen, eingeübte Muster, starke Emotionen und ungeklärte Konflikte sind in dieser intensiven sozialen Zeit eben immer mit im Raum. Trotzdem halten sich die hohen Erwartungen konsequent in den meisten von uns.
«Liebe ist alles» ist der Titel dieses Weihnachtsmagazins. Es ist ein schönes Motto für die Festtage, aber auch eine Zumutung, wenn man an das reale Erleben vieler an Weihnachten denkt.
Aber einmal angenommen, in diesem Satz läge auch ein Funken Wahrheit. «Liebe ist alles» könnte stimmen als Motto für Weihnachten. Denn vielleicht gehen wir irrtümlich oft von einem falschen Begriff von Liebe aus, denken, Liebe sei ein romantisches Gefühl, das einen ergreift oder eine friedliche Behaglichkeit gemeinsam mit Menschen, die so sind und sich so verhalten, wie ich es will.
Vielleicht geht es bei dieser Liebe nicht um eine rosarote Brille, mit der man seine Lieben erst schönfärben muss. Vielleicht geht es darum, den anderen wirklich zu sehen. In seinem So-Sein, in seinen Schwächen und in seinem Bemühen. Vielleicht heißt diese Form der Liebe auch, öfter mal den Mund zu halten und dem anderen zuzuhören. Es ist höchste Zeit, Liebe als das zu sehen, was sie auch ist.
Wie wäre es, an diesem Weihnachtsfest eine neue liebende Haltung zu üben, eine selbstbewusste Form, die die eigenen Bedürfnisse sieht und die des anderen auch. Ein Leitsatz dafür könnte sein: «Ich gebe, was ich habe und bitte um das, was ich brauche.» Damit kann man hohen Erwartungen entgegensteuern. Es ist eine Einladung, miteinander zu reden, und eine Einladung zu schauen, was Sie geben wollen und können.
Das könnten ganz kleine Dinge sein, zum Beispiel eine Idee, die Sie zur Gestaltung der Festtage einbringen: «Lass uns mal wieder ein Spiel zusammen spielen, so wie früher.»
Geben Sie, was sie haben und erwarten Sie es nicht von den anderen. Es ist aber auch eine Einladung, nicht alles alleine zu machen und um Hilfe zu bitten. Alles ist Liebe: An Weihnachten ist das die Liebe eines Gottes, der menschlich wird, es ist Ihre Liebe zu den mit Ihnen verbundenen Menschen und es ist genauso Ihre selbstfürsorgliche Liebe. Eine solche Haltung der Liebe hat gute Chancen, aus einem Weihnachtsfest ein wirkliches Fest der Liebe zu machen.
«Liebe ist alles», diese Erfahrung wünsche ich Ihnen.

«Liebe ist alles!» als E-Paper
Die Weihnachtsausgabe des «blick in die kirche»-Magazins steht ganz im Zeichen der Liebe. Sänger und Schauspieler Vladimir Kornéev («Hundertdreizehn», «Polizeiruf 110») berichtet im Interview, wie Musik ihm half, das Stottern zu überwinden, was Liebe für ihn bedeutet und wie er den Verlust einer großen Liebe bewältigte. Das Heft stellt junge und alte, hetero- und homosexuelle Paare vor, erzählt von der Liebe zum Handwerk und blickt nach Indien. Es geht um die Rettung von 1.000 Jesidinnen und Jesiden aus dem Irak.
Und natürlich dreht sich das Heft um Weihnachten: Wie ist das in einem Gefängnis? Wie, wenn man alleine feiern will oder muss? Warum ist es trotz allem Streit schön, wenn die Familie sich an Weihnachten trifft? Und was steht noch einmal genau in der Bibel? Wie immer gibt es auch einen Hotelaufenthalt zu gewinnen – diesmal in Hanau inklusive Karten für die Brüder Grimm Festspiele.
Das «blick in die kirche-Magazin» ist die Publikumszeitschrift der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und liegt viermal im Jahr den Tageszeitungen auf dem Gebiet der Landeskirche kostenfrei bei. Die Druckauflage beträgt knapp 225.000 Exemplare, hinzu kommen E-Paper und Webseite.

