Alles hat seine Zeit - ist das nur ein wohlgemeinter Beruhigungsspruch oder steckt darin vielleicht noch mehr? Ich glaube, es stecken in diesem Bibelwort Entdeckungen und eine großartige Einladung. Nämlich die Einladung an uns, das Leben bewusster zu erleben.
Der Rhythmus des Lebens
Es gibt eine Zeit des Alltags und eine Zeit für Außeralltägliches, einen Zeitraum, in dem es Schweres auszuhalten gibt, und eine Zeit fürs Glücklichsein. Zeit, zu konstruieren, und Zeit, zu dekonstruieren. Alle diese Phasen bilden den ganz einzigartigen Rhythmus unseres Lebens. Jede Zeit hat ihre eigene Berechtigung, ihre eigene Dauer, und jede Zeit fordert etwas anderes von uns.
Es ist wichtig, um diesen Wechsel im Leben zu wissen und ihn anzuerkennen. Für Menschen in krisenhaften Zeiten kann der Gedanke, dass auch schlimme Zeiten vorübergehen, etwas sehr Tröstliches haben. Ratsuchende bei der Telefonseelsorge erleben es zum Beispiel oft als hilfreich, wenn im Gespräch deutlich wird: «Gerade fühle ich mich am Boden zerstört und von der Welt abgeschnitten. Aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es in meinem Leben eine andere Zeit gab und dass es auch wieder andere Zeiten für mich geben wird.»
«Alles hat seine Zeit» kann somit Hoffnung und Vertrauen ins Leben stärken. Wenn es Menschen dann auch noch möglich ist, Vertrauen in den Gott des Lebens zu haben, ist dies ein Geschenk.
Gute Zeiten bewusst genießen
In Krisen ist es also gut zu wissen, dass diese Zeiten auch wieder vorübergehen werden. Wer jedoch in glücklichen Zeiten oder im Urlaub immer schon an das Ende denkt, nimmt sich viel. Es geht darum, jede Zeit bewusst zu erleben, gerade auch wegen unseres Wissens um die Endlichkeit. «Alles hat seine Zeit» beinhaltet eine Einladung, uns bewusst zu freuen an guten Zeiten sowie eine Haltung der Geduld und Beharrlichkeit zu entwickeln in schweren Zeiten.
«Alles hat seine Zeit» kann aber auch so gelesen werden, dass alles im Leben seine Zeit braucht. In Zeiten von Selbstoptimierung und Effizienz folgt dieser Gedanke einer anderen Logik. Wir wissen, dass Wachstum Zeit braucht, bei seelischen Prozessen spielt Zeit eine Rolle, Persönlichkeitsentwicklung braucht Zeit, Veränderungen brauchen Zeit und Heilungsprozesse auch. Psychische Entwicklung und Veränderungsprozesse lassen sich nicht beschleunigen, drängeln nützt nichts.
Geduld mit sich selbst lernen
«Alles hat seine Zeit» könnte somit auch eine Einladung an uns sein, Geduld mit uns zu haben und der eigenen Entwicklung die Zeit zu lassen, die sie eben braucht. In der Telefonseelsorge erleben wir immer wieder, wie schwer es Menschen fällt, diese Geduld mit sich zu haben, deshalb braucht es Zuspruch von einem Gegenüber. In den Erzählungen unserer Anrufenden achten wir sehr bewusst auf die oft zarten Hinweise von Veränderung und Entwicklung. Wir benennen diese kleinen Schritte, die wir gehört haben und ermutigen dazu, geduldig und liebevoll auf sich zu schauen, denn vieles im Leben braucht seine Zeit.
Ein kleines Selbstexperiment
Haben Sie Lust auf ein kleines Selbstexperiment? Ich habe eine Idee für Sie. Fragen Sie sich doch einmal: In welcher Zeit befinde ich mich gerade? Wie würde der Titel dieser Zeit lauten? Was ist das Einzigartige an dieser Phase und welche Aufgabe stellt mir diese Zeit gerade? Wofür wird sie im Rückblick betrachtet sinnvoll gewesen sein? Welcher Ermutigungssatz täte mir gut? Vielleicht schreiben Sie diesen Satz sogar auf und hängen ihn sich an den Spiegel. Ich wünsche Ihnen alles Gute im Wechsel Ihrer Zeiten und eine schöne Sommerzeit.
Die Telefonseelsorge
Das Team der Telefonseelsorge Nordhessen ist anonym und kostenlos rund um die Uhr erreichbar unter Tel. 0800 111 0 111 und online über www.telefonseelsorge.de (Mail- und Chatseelsorge)
Die Telefonseelsorge Nordhessen ist auf Spenden angewiesen: IBAN: DE 62 5206 0410 0000 2140 35
«Alles hat seine Zeit» als E-Paper
Mit Höflichkeit, Freundlichkeit und Respekt möchte ZDF-Star Horst Lichter seine Zeit füllen. Das sagte er im großen Interview mit dem aktuellen blick in die kirche-Magazin. Das Titelthema «Alles hat seine Zeit» greift ein Bibelwort aus dem Alten Testament auf – und ist dennoch hochaktuell, wie die Beiträge im Heft zeigen: Wann ist die richtige Zeit für Ehe und Kinder? Wie nutzt man die Zeit im Alter am besten? Wie prägen Jahreszeiten und Wetter den Zeitplan in der Landwirtschaft? Und welches Verhältnis zu Minuten und Sekunden hat Weltklasseläuferin Dr. Laura Hottenrott?
Diese und viele andere Fragen greift das Magazin auf. Leserinnen und Leser erfahren außerdem, was es mit dem «Stunden-Nachschlag» auf sich hat, wo mehr als 30 Turmuhrwerke ticken – und an welcher Kirche gleich sechs Sonnenuhren angebracht sind. Vorgestellt wird auch die imposante Kaufunger Stiftskirche, die genau 1.000 Jahre alt ist. Zudem gibt es ein Wiedersehen mit der Kinderbuchheldin Momo und ihrem Kampf gegen die Zeitdiebe – sowie einen vertiefenden Blick in die Bibel.
Das blick in die kirche-Magazin erscheint vierteljährlich in einer Auflage von 225.000 Exemplaren als Beilage der regionalen Tageszeitungen in Kurhessen-Waldeck. Es bietet Interviews, Reportagen, geistliche Impulse sowie Lebenshilfe und Ratgeberthemen – ergänzt durch ein beliebtes Preisrätsel.