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Auftaktgottesdienst in der Brunnenkirche in Hofgeismar

Auftaktgottesdienst in der Brunnenkirche in Hofgeismar

Hofgeismar / Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 08 Mai 2025

«Wir erleben, wie übersteigerter Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus wieder politikfähig werden. Gerade darum ist es wichtig, zu Beginn der Synodaltagung miteinander an den 8. Mai 1945 und seine Lernerfahrungen zu erinnern», sagte die Bischöfin. Es gelte, Vernetzungen mit Christinnen und Christen weltweit zu stärken. Eben dazu trug der Besuch von Bischof Marko Tiitus aus Estland bei, der auf Einladung der Landeskirche predigte.

Bischof Tiitus: «Der Leib Christi kennt keine Staatsgrenzen»

«Heute, 80 Jahre nach dem Ende des Krieges, stehen wir vor einer neuen Bedrohung. Die Ukraine ist zum Gewissen der ganzen Welt geworden», sagte Marko Tiitus, Bischof von Südestland und einer der drei Präsidenten der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE). «Als Nachbarn Russlands fühlen wir Angst und Unsicherheit.» Der Ukrainekrieg habe Schatten auf das kleine baltische Land geworfen: «auf unsere Häuser, unsere Gemeinden und unsere Herzen».

Portraitfoto von Marko Tiitus
«Heute, 80 Jahre nach dem Ende des Krieges, stehen wir vor einer neuen Bedrohung. Die Ukraine ist zum Gewissen der ganzen Welt geworden.»
Marko Tiitus, Bischof von Südestland

Tiitus erinnerte daran, dass Estland seine Autonomie erst 1991 durch eine friedliche singende Revolution wiedererlangt habe. «Deshalb haben Partnerschaft, christliche Solidarität und Freundschaft einen unschätzbaren Wert. Wir stehen nicht allein. Wir bitten nicht um Mitleid, sondern um Brüderlichkeit. Denn der Leib Christi kennt keine Staatsgrenzen» – davon ist Bischof Tiitus überzeugt: «Wann immer ein einziges Glied leidet, leiden alle Glieder gemeinsam. Wenn eine Nation bedroht ist, muss sie von der gesamten christlichen Gemeinschaft unterstützt werden.»

Predigt von Bischof Marko Tiitus

Predigt von Bischof Marko Tiitus von der Estnisch Evangelisch-Lutherischen Kirche (EELK) am 8. Mai 2025 im Eröffnungsgottesdienst der Synode der Evangelischen von Kurhessen-Waldeck zu Matth. 25, 31-45. Das Dokument enthält die Predigt in deutscher und englischer Sprache.

Interview mit Bischof Marko Tiitus zur aktuelle Lage in Estland und in der Estnischen Kirche. Die Fragen stellte Medienhaus-Redakteurin Ramona Kopec.
Portraitfoto von Bischöfin Dr. Beate Hofmann

Ansprache der Bischöfin

Im Eröffnungsgottesdienst der Frühjahrstagung der Landessynode am 8. Mai 2025 erinnerte Bischöfin Dr. Beate Hofmann an den 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs. In ihrer Ansprache würdigte sie den historischen Tag als Mahnung und Auftrag zum Einsatz für Frieden und Versöhnung. Nachfolgend dokumentieren wir ihre Begrüßungsrede im Wortlaut:

«Es gibt Tage, an die erinnert man sich noch Jahrzehnte später. Der 8. Mai 1945 ist so ein Tag, auch der 9. November 1989 oder der 11. September 2001.

Meine Eltern konnten noch 50 Jahre später sehr präzise von ihren Erlebnissen und Gefühlen am 8. Mai 1945 erzählen. Da war Erleichterung, dass das Bomben und Schießen endlich vorbei ist. Da war Sorge, wie die Sieger sich den Besiegten gegenüber verhalten würden. Da war banges Warten, ob die Väter aus dem Krieg zurückkommen würden.

Meine beiden Großväter kamen nicht zurück, wie Millionen andere. Unendliches Leid und großen Schmerz hat dieser von Deutschland begonnene Krieg über Familien und Völker weltweit gebracht. Schwer fassbar sind die Zahlen, bedrückend die Bilder. 40 Jahre lang wurde der 8. Mai als Tag der Kapitulation bezeichnet. 1985, durch die Rede von Richard v. Weizäcker, wurde daraus der Tag der Befreiung von der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft mit ihren Konzentrationslagern, ihrer völkischen Ideologie und ihrem Terror. Und heute, nach 80 Jahren?

Viele Überzeugungen, die wir als christliche Kirchen nach 1945 zu Krieg und Frieden vertreten haben, wurden in den letzten Jahren in Frage gestellt. Frieden stiften ist komplizierter geworden. Der Krieg in der Ukraine hat deutlich gemacht, mit welcher Brutalität Russland andere Staaten bedroht.

Auch Friedensbewegte der 80er Jahre unterstützen heute die Ukraine und wollen keinen amerikanisch-russischen Diktatfrieden, der Täter belohnt und Opfern Freiheit und Gerechtigkeit vorenthält.

Andere protestieren gegen Waffenlieferungen und fordern vehement ein Ende der Kämpfe. Viele fühlen sich zerrissen angesichts dieser politischen Widersprüche.

Und wir erleben, wie übersteigerter Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus wieder politikfähig werden. Gerade darum ist es wichtig, zu Beginn unserer Synodaltagung miteinander an den 8. Mai 1945 und seine Lernerfahrungen zu erinnern.

Wir sind dankbar für den Frieden und die Demokratie, in der wir leben dürfen. Wir sind dankbar für die Versöhnung, die uns geschenkt wurde. Trotz der Verbrechen, die im Namen Deutschlands begangen wurden, werden wir wieder weltweit akzeptiert und sind aktiver Teil der Völkergemeinschaft.

Wir sind uns der Verantwortung bewusst, die daraus erwächst. Wir wollen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und dem, was zum Krieg führt, entgegentreten: Größenwahn, Gier und Gewalt. Wir wollen wachsam sein und mutig unseren Glauben bekennen an einen Gott, der Frieden und Versöhnung schenkt.

'Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein', davon sind wir auch 80 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs überzeugt.: Wir wollen unsere Vernetzungen mit Christinnen und Christen weltweit stärken, um gemeinsam für den gerechten Frieden zu arbeiten.»