Bad Orb (medio). Seit 2005 besteht in Bad Orb das Evangelische Bildungszentrum für die zweite Lebenshälfte (ebz). Der Schwerpunkt des ehemals als «Evangelisches Gemeindebildungszentrum» geführten Hauses liegt auf dem Thema «Älterwerden in Kirche und Gesellschaft». Heute bildet es mit den Worten der Leiterin Annegret Zander einen «überregional sichtbaren und anerkannten Stolperstein», der zum Nachdenken über das eigene Älterwerden anregt. Eine Besonderheit des Bildungszentrums ist die Tatsache, dass in einem Haus sowohl Fortbildungs- als auch Übernachtungs- und Freizeitmöglichkeiten vorhanden sind. Das Kollegium des Landeskirchenamtes der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck fasste am 13. November dennoch den Entschluss, sich von der Immobilie zu trennen, teilte die Pressestelle am Dienstag (20.11.) mit.
Alle kirchlichen Tagungshäuser erhalten eine Zuwendung der Landeskirche, um den Betrieb zu gewährleisten, so die Pressestelle. Für das ebz waren das im Jahre 2011 rund 200.000 Euro. Etwa 1,5 Millionen Euro müssten in den nächsten Jahren für Modernisierungs- und Renovierungsarbeiten zusätzlich investiert werden. Für die Landeskirche stelle sich bei zurückgehenden Mitteln die Frage, wie viele Tagungshäuser sie zukünftig betreiben könne. Vor diesem Hintergrund habe das Kollegium entschieden, das Kaufangebot anzunehmen, stellt der zuständige Dezernent, Oberlandeskirchenrat Dr. Eberhard Stock, fest und fügt an: «Nicht nur Kirchengemeinden, sondern alle Bereiche der Landeskirche sind von dieser Entwicklung betroffen und müssen sich der Aufgabe angesichts sinkender Einnahmen und veränderter Mitgliederstruktur stellen.» Wichtig sei es, dies als Gestaltungsaufgabe wahrzunehmen.
Das besondere Augenmerk der Verantwortlichen gilt den Mitarbeitenden, die von dem Verkauf unmittelbar betroffen sind. Leider sind betriebsbedingte Kündigungen wegen des Wegfalls des Betriebes nicht zu vermeiden. Die Übergabe des Gebäudes ist für den 1. Juli 2013 geplant, so dass mehr Zeit für die Umsetzung und Neuorientierung bleibe. In ersten Verhandlungen mit dem Käufer konnte erreicht werden, dass einem Teil der Mitarbeitenden ein Erstbewerbungsrecht auf gegebenenfalls entstehende Stellen eingeräumt wird. Armin Fuhrmann, der Leiter der Haupt- und Personalverwaltung im Landeskirchenamt, betonte aber, dass die Landeskirche auch eigene Maßnahmen bereithalte, um den betroffenen Mitarbeitenden eine Perspektive zu bieten. Dies soll in Einzelgesprächen erörtert werden, die noch in dieser Woche beginnen.
Nicht betroffen von der Schließung der Tagungsstätte ist der Arbeitsbereich der Bildungsarbeit für die zweite Lebenshälfte. Dieses innovative Konzept der landeskirchlichen Seniorenarbeit soll unter neuen Vorzeichen weitergeführt werden, heißt es in der Pressemitteilung. Pfarrerin Annegret Zander bedauert zwar die Entscheidung der Landeskirche, will aber aufgrund der veränderten Situation zusammen mit dem Pädagogen und Gerontologen Hartmut Wolter die neuen Strukturen schaffen. Dazu gehöre eine noch stärkere Orientierung am Bedarf der Kirchengemeinden sowie das Gespräch mit möglichen Kooperationspartnern.
Hintergrund: Das EBZ in Bad Orb
Das Haus besteht seit 32 Jahren. In 1980 wurde es als Evangelisches Gemeindebildungszentrum eingeweiht. Es sollte den Gemeinden im Sprengel Hanau als Bildungs- und Erholungsort dienen, wurde aber seit jeher auch als Tagungs- und Erholungshaus von kirchlichen Gruppen aus der Landeskirche und bundesweit genutzt. Auch Wohlfahrtsverbände, Vereine im sozialen Bereich sowie die hessische Lehrerfortbildung buchen das Haus. Seit 2003 steht das Haus unter der zunächst kommissarischen, nach vier Jahren offiziellen Leitung von Pfarrerin Annegret Zander. Ab 2004 wurde der wirtschaftliche Bereich des Hauses umorganisiert und parallel das inhaltliche Konzept auf den Themenbereich «Zweite Lebenshälfte» zugespitzt.
Der Bischofsbericht «Silberne Kirche» aus dem Jahre 2003, die Analyse der bereits bestehenden Gästestruktur und die Bedingungen vor Ort waren ausschlaggebend für diese Zielrichtung. Die Umbenennung des Hauses in «Evangelisches Bildungszentrum für die zweite Lebenshälfte» erfolgte im Rahmen des 25jährigen Jubiläums im Beisein von Bischof Prof. Dr. Martin Hein.
Den Erfolg dieser inhaltlichen Ausrichtung dokumentieren erheblich gestiegene Übernachtungszahlen im Bereich der Seminararbeit. Das ebz ist deutschlandweit das einzige kirchliche Tagungshaus, das sich den inhaltlichen Schwerpunkt «Älterwerden in Kirche und Gesellschaft» gesetzt hat und wird als solches auch überregional geschätzt. (20.11.2012)