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Jubiläum in Marburg: Die Teilnehmerinnen vor der Universitätskirche

Jubiläum in Marburg: Die Teilnehmerinnen vor der Universitätskirche

Marburg / Redaktion epd, ekkw.de
Veröffentlicht 27 Jun 2025

Hundert Jahre Theologinnenkonvent bedeuteten auch «hundert Jahre Beharrlichkeit», sagte die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Anna-Nicole Heinrich, in einer Videobotschaft. Es habe auch Verletzungen gegeben, die Frauen durch die institutionelle Kirche erfahren hätten. Auch heute sei Gleichberechtigung noch immer keine Selbstverständlichkeit, Frauen in Leitungspositionen noch immer unterrepräsentiert, sagte Heinrich. Daher brauche es auch in Zukunft den Theologinnenkonvent und «starke, sichtbare Frauen».

Die Festpredigerin, die lettische Theologieprofessorin und Dekanin der Theologischen Fakultät an der Universität Lettlands in Riga, Dace Balode, erinnerte an die Theologin Katharina Staritz, die als erste Frau in Theologie in Marburg promovierte. Staritz setzte sich für Jüdinnen und Juden in ihrer Gemeinde ein und wurde von den Nationalsozialisten zunächst in ein Arbeitslager, anschließend in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert.

Festgottesdienst in der Marburger Universitätskirche: In der vorderen Reihe (2.v.l.) ist Festpredigerin Dace Balode zu sehen.

Festgottesdienst in der Marburger Universitätskirche: In der vorderen Reihe (2.v.l.) ist Festpredigerin Dace Balode zu sehen.

Die Einladung Balodes zum Jubiläum ist mehr als eine Geste – sie ist ein klares politisches Zeichen. Die evangelische Kirche in Lettland hatte seit 1975 Frauen ordiniert und ihnen Pfarrstellen übertragen, dies aber 2016 zurückgenommen. «Seit die Frauenordination in Lettland abgeschafft wurde, leiden unsere Kolleginnen, die dort eine Berufung zu pastoraler Arbeit spüren, extrem», erklärt die Vorsitzende des Konvents, Margit Baumgarten bereits im Vorfeld der Veranstaltung. Die Theologinnen des Konvents fordern daher eine stärkere Solidarität der europäischen Kirchen mit den betroffenen Frauen in Lettland. Die Predigt von Dace Balode wird als «wichtiges Zeichen für Theologinnen im europäischen Raum» verstanden.

Abbildung des Buchtitels

Abbildung des Buchtitels

Buchtipp zum Jubiläum: Stimmen aus einem Jahrhundert

Passend zum Jubiläum erscheint ein Buch, das 100 Jahre Geschichte des Konvents widerspiegelt. Herausgegeben wird es von Margit Baumgarten und Annegret Braun unter dem Titel «Mit Pumps und Talar – 100 Jahre Theologinnen mit Leib und Seele». Das Buch bietet nicht nur Rückblicke, sondern auch aktuelle Beiträge, darunter auch von Bischöfin Dr. Beate Hofmann.

Die Veröffentlichung zeichnet sich durch eine Vielfalt an Stimmen aus, die zeigen, wie sehr sich das Selbstverständnis von Theologinnen im Lauf der Jahrzehnte gewandelt hat – vom Überleben in männlich dominierten Kirchenstrukturen hin zu einem selbstbewussten theologischen Diskurs.

Rückschau und Würdigung

Bei der Jubiläumstagung sei es den Theologinnen «um Rückschau und Würdigung» gegangen, sagte die stellvertretende Vorsitzende des Theologinnenkonvents, die Dresdner Pfarrerin Antje Hinze. Größte Errungenschaft in den vergangenen 100 Jahren sei die Ordination von Theologinnen in allen deutschen Landeskirchen gewesen. Die 140 Teilnehmerinnen befassten sich Hinze zufolge außerdem mit der Frage, wofür der Konvent in Zukunft stehen solle. Es werde künftig darum gehen, «dass wir uns nicht nur auf Frauen beschränken, sondern uns von den Rollenklischees befreien» und «weit und geschlechteroffen werden». Einige Frauen hätten die Auffassung vertreten: «Unsere Aufgabe ist erfüllt, jetzt ist Platz für Neues.» Die Jahrestagung zum 100-jährigen Bestehen fand vom 22. bis 25. Juni in Marburg statt. Dort gründeten im Jahr 1925 elf Theologiestudentinnen den Theologinnenkonvent, also die Zusammenkunft von Theologinnen.

Frauenmahl als Fest der Stimmen und Impulse

Ein besonderer Programmpunkt im Rahmen der Jubiläumsfeier war das festliche Frauenmahl in der Evangeliumshalle in Marburg-Wehrda, das Raum für Austausch, Inspiration und theologischen Diskurs bot. In der Tradition früherer Tischgemeinschaften verband es kulinarischen Genuss mit inhaltlicher Tiefe. Impulsgebende Beiträge von Theologinnen regten zum Nachdenken über Gleichberechtigung, Spiritualität und Verantwortung in Kirche und Gesellschaft an. Bischöfin Dr. Beate Hofmann gestaltete als eine der Rednerinnen das Frauenmahl mit und setzte eigene Akzente.

Bischöfin Beate Hofmann in der Evangeliumshalle in Marburg-Wehrda

Bischöfin Beate Hofmann in der Evangeliumshalle in Marburg-Wehrda

Hintergrund: Frauen im Pfarramt in der EKKW

In der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) wurden 1962 erstmals Frauen ordiniert – unter Vorbehalten und mit Auflagen: Eine Heirat bedeutete damals das automatische Dienstende. Erst 1980 wurden Pfarrerinnen und Pfarrer formal gleichgestellt.

Zu den prägenden Persönlichkeiten gehört Roswitha Alterhoff, die im Jahr 1980 die erste weiblichen Studienleiterin des Evangelischen Predigerseminars wurde. Sie avancierte später zur Dekanin (1986), Pröpstin (1990) und schließlich zur ersten Prälatin der Landeskirche im Jahr 2003. Von 2010 bis 2017 folgte ihr Marita Natt in diesem Amt. Seit 2019 ist Dr. Beate Hofmann Bischöfin der EKKW und bringt ihre weibliche Perspektive in die geistliche Leitung der Landeskirche ein. Eine weitere Spitzenposition hat seit 2022 Dr. Katharina Apel als Vizepräsidentin der Landeskirche inne.

Rund 40 Prozent der Pfarrstellen in der EKKW sind heute mit Frauen besetzt – ein Anstieg gegenüber nur acht Pfarrerinnen im Jahr 1963. Auch unter den Theologiestudierenden bilden Frauen mit einem Anteil von über 60 Prozent die Mehrheit. Die EKKW liegt damit über dem Durchschnitt vieler Landeskirchen. Dennoch zeigt der aktuelle Gleichstellungsatlas der EKD, dass insbesondere auf der mittleren Leitungsebene – etwa bei Dekaninnen – noch Handlungsbedarf besteht. In Kurhessen-Waldeck liegt der Frauenanteil hier bei unter 30 Prozent.

Konvent evangelischer Theologinnen

Der Konvent evangelischer Theologinnen in der Bundesrepublik Deutschland ist ein eingetragener Verein, in dem rund 2.000 Frauen organisiert sind. Jede Frau mit einem Studium der evangelischen Theologie kann Mitglied werden. Der Zusammenschluss hat seine Wurzeln im 1925 in Marburg gegründeten «Verband Evangelischer Theologinnen in Deutschland». Zu seinen Zielen gehört es, den Dialog über feministisch-theologische Fragen zu fördern.