Gott für die Ernte zu danken, gehörte zu allen Zeiten zu den religiösen Grundbedürfnissen der Menschen. Schon in der Antike, im alten Israel oder bei den Römern waren solche Feste bekannt. Die Kirche feiert das Erntedankfest bereits seit dem dritten Jahrhundert. Der Termin für Erntedank ist in der Regel der erste Sonntag im Oktober. Manche Gemeinden feiern das Fest jedoch auch schon im September oder erst Mitte Oktober.
Kollekte für die Opfer von Kriegen und Katastrophen
An Erntedank wird in den Gottesdiensten der Kirchengemeinden der EKKW zur Kollekte für die Opfer von Kriegen und Katastrophen aufgerufen. Im zurückliegenden Jahr konnten aus den Mitteln dieser Kollekte mehr als 80.000 Euro für folgende Zwecke eingesetzt werden:
- Israel: Unterstützung von Müttern mit neugeborenen Kindern mit Traumata im nördlichen Grenzbereich in Israel – die Traumata sind durch den Raketenbeschuss aus dem Libanon, Flucht und Aufenthalt in Bunkern mit den Neugeborenen ausgelöst.
- Palästina: Unterstützung von Müttern mit neugeborenen Kindern in Gaza durch Ausstattung mit medizinischen und sanitären Hilfsmitteln für die ersten Monate der Neugeborenen.
- Libanon: Gemeinsame Unterstützung mit der EKHN für die Arbeit der National Evangelical Church of Beirut mit Geflüchteten aus Syrien – u.a. für dringend benötigte Nahrungsmittel und Medikamente.
- Demokratische Republik Kongo: Soforthilfe für Menschen aus der Grenzregion zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda. Diese Unterstützung wurde gemeinsam von verschiedenen Kirchen der Vereinten Evangelischen Mission organisiert, die Baptistische Kirchengemeinschaft in Zentralafrika unterstützt die Inlandsvertriebenen medizinisch und mit Unterkünften.
- Rumänien: Arbeit mit Geflüchteten aus der Ukraine in der Grenzregion durch unsere rumänische Partnerkirche, die Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Rumänien.
- Philippinen: Unterstützung für Menschen, die von den Tropenstürmen Ende 2024 auf den Philippinen betroffen waren. Sie wurde gemeinsam von verschiedenen Kirchen der Vereinten Evangelischen Mission organisiert und an die «United Church of Christ in the Philippines» weitergeleitet.
«Mit großer Dankbarkeit nehme ich wahr, dass Menschen an Erntedank bereit sind, über ihre Kollekten die Solidarität mit Menschen in schwierigen und bedrängenden Situationen zum Ausdruck zu bringen», so Dr. Diethelm Meißner, Dezernent für Diakonie und Ökumene der EKKW.

Dankbar sein für das, was wir bekommen...
Erntedank ist ein «Feiertag» und ein besonders schönes Fest - gerade jetzt im Herbst, wenn sich die Blätter rot und orange verfärben und Obst- und Gemüsesorten geerntet werden können. Wie zum Beispiel Äpfel. Über Erntedank und warum wir diesen Tag brauchen spricht Medienhaus-Redakteur Tobias Stübing mit Pfarrerin Jana Koch-Zeisig aus Fulda.
Erntedankaltar mit Früchten der Arbeit
In vielen Kirchengemeinden sind zum Erntedankfest die Altäre festlich geschmückt: mit Obst und Gemüse, in ländlichen Gemeinden auch mit einer Erntekrone, die traditionell aus den vier Getreidesorten Roggen, Weizen, Hafer und Gerste gebunden wird. In städtischen Gebieten wird der Schmuck manchmal durch Handwerkserzeugnisse ergänzt – auch sie sind Früchte der Arbeit. Bereits aus dem Mittelalter stammt die Tradition, dass die Gaben des Erntealtars bedürftigen Mitbürgern zugute kommen: Sie werden an Obdachlosenheime oder Tafeln gespendet.

Erntedank - Eine biblische Rettung
von Dekan Dr. Burkhard Freiherr von Dörnberg, Kirchenkreis Marburg
Das Erntedankfest heute gehört zu meinen Lieblingsfesten. Bunt, voll Musik und Farbe, fröhlich, meist mit Kindern zusammen feiere ich es am liebsten. Dabei ist das Fest auch eine Herausforderung. Gerade mit Blick auf die Kinder. Eine Zukunft in unserer von Krisen geprägten Welt.
Erntedank fragt danach, was wirklich wichtig ist im Leben. Nach dem, was dich trägt und hält, auf was du vertraust, wofür du dankbar bist. Eine gute jüdische Tradition auf diese Frage zu antworten ist es, die biblische Geschichte vom Auszug aus Ägypten zu erzählen. Es ist eine Rettungsgeschichte.
Sie erzählt von harten Zeiten – und wie Gott den Israeliten immer wieder hilft. Gott schickt ihnen Manna und Wachteln. Und Wasser. Und er rettet sie vor ihren Feinden. Dennoch beschweren sich die Israeliten immer wieder über ihn zweifeln daran, ob Gott es wirklich gut mit ihnen meint.
So weit weg von uns sind sie damit nicht. Wie schnell wird auch bei uns nur das Negative gesehen. Selbst an Erntedank wird vor allem über die negativen Folgen des Klimawandels geredet, über Ernteprobleme und ob wir genug für Geflüchtete aus Kriegsländern haben.
«Haben wir genug?», fragen sich auch viele in ihrem Privatleben und denken und reden vor allem von Krisen. Erntedank ist aber ein Anlass davon zu erzählen, wofür ich danken kann. Davon, aus welchen Krisen ich schon gerettet wurde, wer alles zu mir gestanden hat und wieviel Gutes ich erlebt habe – und davon, dass dahinter vielleicht doch dieser manchmal schwer zu begreifende Gott steht. Das alles ist nicht selbstverständlich. Ich glaube fest: Auf Gott kann ich mich verlassen. Ihm meine Kinder und mich anvertrauen. Und mit ihm kann ich heute fröhlich feiern. Gott sei Dank!
Spenden für Not leidende Menschen
Nach christlichem Verständnis gehören Danken und Teilen zusammen. Deshalb wird an Erntedank an Hungerkatastrophen erinnert und für Not leidende Menschen gesammelt. Viele Gemeinden spenden ihre Kollekte an die Aktion «Brot für die Welt». Zudem verweisen die Christen auf die Bedrohung von Gottes Schöpfung.
Konfis backen Brot für die Welt
Auch 2025 lädt die Aktion «5.000 Brote - Konfis backen Brot für die Welt» wieder bundesweit zum Backen und zum Kennenlernen von Ausbildungsprojekten im Globalen Süden ein. Seit 2014 backen Konfi-Gruppen in ganz Deutschland mit ihrem lokalen Bäcker Brot zugunsten von Brot für die Welt. Mit den Spenden werden unterschiedliche Ausbildungsprojekte für Jugendliche unterstützt.