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Kassel / Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 23 Apr 2024

Im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Untersuchung stand die Frage, ob und inwiefern der christliche Glaube eine Rolle beim Handeln bezüglich sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit spielt. Die beiden Leitenden der Forschung, Prof. Dr. Tobias Faix (Rektor der CVJM-Hochschule) und Anna-Lena Moselewski (wissenschaftliche Mitarbeiterin an der CVJM-Hochschule) stellten die Studien-Methode und die Ergebnisse vor. Nadja Ahmad, Studienleiterin für Nachhaltigkeit und Politische Ökologie an der Evangelischen Akademie Hofgeismar führte durch das Programm des Tages, zu dem rund achtzig Teilnehmende gekommen waren, teilte die CVJM-Hochschule mit..

Dass die Ergebnisse nicht nur für die einzelnen Christinnen und Christen, sondern vor allem für die Kirchen und Gemeinden in Deutschland wichtige Erkenntnisse bereithalten, freute die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Dr. Beate Hofmann. In ihrer Begrüßung erinnerte die Bischöfin daran, dass die Kirchen einst als treibende Kräfte für Frieden, Gerechtigkeit und Umweltschutz aktiv waren.

Wie denken die Befragten über ökologische Nachhaltigkeit?

In der Umfrage stimmten 79,6% eher oder voll und ganz zu, dass sie eine tiefe Verbundenheit mit der Natur spüren. Ein Großteil habe eine positive Grundeinstellung gegenüber der Natur und stimmte für den Schutz der Natur gegenüber ihrer Nutzung. Immerhin 64,0% zeigten sich überzeugt, dass Nachhaltigkeit im christlichen Glauben eine zentralere Rolle einnehmen sollte; doch auch hier zeigte sich, dass die Überzeugungen nur sehr wenig in aktives, gesellschaftliches Engagement münde, so die Forschenden.

Theologische Einordnung von Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit

Die größte Überraschung halte die Studie im Bereich der theologischen Verortung bereit: Ein Großteil der Befragten sehe einen theologischen Anspruch an dieses Thema und stimmte zu, dass dies ein Kernanliegen der christlichen Botschaft sei und Kirche sich deshalb auch stärker dafür einsetzen sollte. «Wenn man die Menschen jedoch in einen Vergleich zwingt und sie fragt, was wirklich zentral für ihren Glauben ist, ist der diakonische Wert, also menschlicher Not durch liebevollen Dienst zu begegnen, am höchsten», erläuterte Prof. Dr. Tobias Faix.

Unter den Hochreligiösen würde dagegen die Verkündigung des Evangeliums den meisten Zuspruch finden. «Je religiöser und auch je freikirchlicher die Befragten waren, desto mehr Zustimmung fand die Aussage, dass soziale Gerechtigkeit zwar ein wichtiger Auftrag an Christinnen und Christen ist, sie aber die Verkündigung des Evangeliums für wichtiger erachten. Immerhin 37,8% stimmten dem eher oder voll und ganz zu», so Faix weiter. Aus dem Einsatz für das Evangelium folge dann für viele der Einsatz für Nachhaltigkeit.

Die Annahme, dass das Bibelverständnis und die unterschiedlichen Bibelauslegungen Auswirkungen auf das eigene sozial-gerechte oder nachhaltige Verhalten haben, konnte widerlegt werden. Ein Großteil der Befragten habe angegeben, dass die Bibel für den Glauben eine wichtige Quelle ist – unabhängig davon, wie hoch das Engagement im Bereich Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit tatsächlich ist.

Im Bereich der Schöpfungsspiritualität konnte das Forscherteam alle vorausgegangenen Hypothesen bestätigen. «Je wichtiger Christinnen und Christen Schöpfungsspiritualität ist, desto nachhaltiger verhalten sie sich auch», fasste Anna-Lena Moselewski die wohl wichtigste Hypothese dieses Themenfelds zusammen. «Diejenigen, die sich stärker für Schöpfungsspiritualität einsetzen, sind in diesen Bereichen auch gesellschaftlich aktiver. Die Schöpfungsspiritualität dient sozusagen als Brücke für den sozial-ökologischen Wandel.»

Kommentar und Einordnung der Studienergebnisse

Während der Veranstaltung ordnete Dr. Matthias Stracke-Bartholmai, Bildungsreferent für Kirche und Jugend bei der Akademie des Versicherers im Raum der Kirchen (VRK) die vorgestellten Studienergebnisse noch einmal ein. Dabei sei deutlich geworden, dass die Studie Theologie und Gemeindepraxis herausfordert, heißt es in der Mitteilung weiter. So plädierte der Referent dafür, noch stärker die Verbindung von Evangelisation, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit zu thematisieren: «Die Klimakrise wird die Lebensbedingungen von Menschen, Pflanzen und Tieren verschlechtern und soziale Ungerechtigkeit sowie Armut weltweit verschärfen», sagte Stracke-Bartholmai. Vor diesem Hintergrund habe der Theologe dazu aufgerufen, neu zu fragen, was es bedeute, der ganzen Schöpfung den Anbruch des Reichs Gottes zu bezeugen.

Vertiefende Diskussionen in Kleingruppen

In fünf unterschiedlichen Workshops wurden die Ergebnisse zugespitzt und vertieft: «Glaube. Klima. Globales Lernen: Ge-Na und Jugendarbeit» (Carsten Korinth, Referent für Jugendpolitik und Grundsatzfragen im CVJM Deutschland), «Kirche der Zukunft» (Anna Böck, ehem. Pfarrerin, Lektorin, Fresh X-Vorstandsmitglied und Klimaaktivistin und Prof. Dr. Tobias Faix), «Glaube, Ge-Na und die SDGs (Matthieu Dobler Paganoni, Geschäftsführer von Interaction), Schöpfungsspiritualität (Anna-Lena Moselewski) und «Ge-Na und die 6. KMU (Dr. Edgar Wunder, wissenschaftlicher Referent am Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD).

Einsatz für Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit nicht nur individuelle Aufgabe

Zum Abschluss des Fachtags fand eine angeregte Paneldiskussion unter der Beteiligung von Anna-Lena Moselewski, dem Soziologen Prof. Dr. Tobias Künkler (Institutsleiter empirica), der Kirchenpionierin aus dem Erzbistum Hamburg, Kristina Büchle, Leonard Remme (Referent CSR & Sustainable Finance bei der Evangelischen Bank, die als Exklusivpartner an der Veranstaltung mitgewirkt haben) sowie dem ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten und jetzigen Leiters der Deutschen Evangelischen Allianz, Frank Heinrich.

Nach der Beschäftigung mit dem Glauben und dem Klima, gab es abschließend noch Raum für Hoffnung. Kristina Büchle fasste zusammen: «Aus der Studie kann ich ganz viel Liebe rauslesen, mit viel Hoffnung und Gutes für die Welt.» Und auch Prof. Dr. Tobias Künkler zeigte sich hoffnungsfroh: «Die Studie hat gezeigt, dass die gesellschaftlichen Polarisierungen nicht so groß sind, wie angenommen. Es ist eher eine kleine laute Minderheit, die wahrgenommen wird, aber keine Spaltung der Mitte. Und das macht mir am meisten Hoffnung.»

ge-na-studie.net

Die komplette Studie sowie eine Zusammenfassung der Ergebnisse können auf der Website www.glaubeklimahoffnung.net eingesehen und heruntergeladen werden. Dort finden sich auch ein ausführlicher Bericht des Fachtags, weitere Informationen und weiterführende Materialien.