«Worauf soll ich denn noch warten?» So fragte ein Ratsuchender, der in seinen Augen schon viel zu lange auf eine spürbare Verbesserung seiner schwierigen Lebensumstände gewartet hat. «Ich fühle mich in meinem Leben wie in einem Wartezimmer, alle anderen werden aufgerufen, nur ich sitze noch immer da und wurde vergessen.»
Als ungerecht wird das Warten-Müssen von manchen Menschen empfunden, da schwingt ein ohnmächtiges Gefühl und auch Ärger mit. Menschen mit einer solchen Haltung dem Leben gegenüber tragen oft schwer daran. Unser halbes Leben verbringen wir damit, auf irgendetwas zu warten: dass die Schulzeit zu Ende geht, dass wir wieder gesund werden, dass die Nacht vorbei geht, dass wir Urlaub haben, dass die Rente beginnt.
Warten ist ein ganz unbeliebter Zustand, denn wir erleben das Warten oft als verschwendete Zeit, die öde und nutzlos ist. Warten wird als etwas zutiefst Passives erlebt, etwas, das ertragen und überstanden werden muss, die Gedanken und Hoffnungen liegen bei dem, was noch aussteht und kommen soll.
Es ist Advent, die Zeit, in der es ebenfalls ums Warten geht. Adventskalender wurden eigens dafür erfunden, diese Wartezeit zu erleichtern. Worauf warten wir eigentlich im Advent? Was steht aus?
Klar, wir warten auf Weihnachten, vielleicht auf eine harmonische Zeit mit der Familie, auf freie Tage. Vielleicht warten wir auch darauf, dass uns das Fest wieder so berührt und glücklich macht wie früher.
Wir warten auf Weihnachten, das Fest an dem wir die Geburt Christi feiern und uns daran erinnern, dass Gott Mensch wurde und wissen gleichzeitig: Gott ist längst schon da, in unserer Welt, in mir. Auf ihn müssen wir nicht warten. Kann ich das glauben und dem Raum geben in mir?

Warten kann nervig und langweilig sein. Warten kann aber noch vieles mehr sein. Die Adventszeit lädt dazu ein, den Wert des Wartens wieder neu zu entdecken, als eine bewusste Zeit des Innehaltens. Der Advent markiert einen Übergang. Und so ist er vielleicht eine Wartezeit der ganz besonderen Art, die sehr aktiv sein kann.
Damit meine ich nicht die emsigen Festvorbereitungen, sondern eine innere Aktivität. Sie können aktiv etwas dafür tun, zur Ruhe zu kommen, aufmerksam zu beobachten, was gerade jetzt im Augenblick wichtig ist und Ihr persönliches Hier und Jetzt erleben, nichts sonst. Advent ist eine Einladung, Wartezeiten als Chance zu sehen. Die Einladung, im Warten und in der Verlangsamung Neuentdeckungen zu machen, vielleicht sogar Momente des Glücks zu erleben – so wie sie Herbert Grönemeyer in einem Lied als «Sekundenglück» beschreibt.
Vielleicht gestalten Sie die adventliche Wartezeit in diesem Jahr für sich persönlich einmal sehr bewusst und lassen Sie sich vom Sekundenglück überraschen. Es braucht nicht viel dazu. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine entdeckungsreiche Adventszeit.
Die Telefonseelsorge

Das Team der Telefonseelsorge Nordhessen ist anonym und kostenlos auch in der Advents- und Weihnachtszeit rund um die Uhr erreichbar ist unter Tel. 0800 111 0 111 und online über www.telefonseelsorge.de (Mail- und Chatseelsorge).
Die Telefonseelsorge Nordhessen ist auf Spenden angewiesen:
IBAN: DE 62 5206 0410 0000 2140 35

«Advent: Auf dem Weg» als E-Paper
Im Zeichen des Sterns steht die Adventsausgabe des «blick in die kirche magazins». Die Redaktion hat sich zeigen lassen, wie und wo die weltberühmten Herrnhuter Sterne entstehen. Sie geht der Frage nach, wie man nach den Sternen navigieren kann und unter welchen Bedingungen Maria und Josef gereist sein könnten.
Im Advent ist man nach christlichem Verständnis auf dem Weg zur Krippe. Grund genug, Menschen vorzustellen, die in ihrem Leben noch einmal ganz neue Wege eingeschlagen haben. Und wir stellen Wegbegleiter und -begleiterinnen vor, etwa in der Gehörlosenseelsorge und am Heiligen Abend in der Kasseler Karlskirche, wo ein Fest für alle gefeiert wird, die kommen möchten. Im Interview erzählt Dr. Dagmar Pruin, Präsidentin des Hilfswerks «Brot für die Welt», wie sie sich die Hoffnung auf eine bessere Welt bewahrt und was ihr persönlicher Weihnachtwunsch ist.
Das «blick in die kirche-magazin» bietet einem großen Lesepublikum viermal im Jahr ein buntes Angebot an Themen rund um Kirche und Diakonie, aber auch darüber hinaus. Jedes Heft hat ein Titelthema, das in unterschiedlichen Formen entfaltet wird. In Interviews, Reportagen, Berichten und geistlichen Texten informiert und unterhält die Redaktion die Leserinnen und Leser. Ergänzt wird das Angebot mit Ratgeber- und Lebenshilfethemen sowie dem beliebten Preisrätsel. In einer Auflage von 245.000 Exemplaren liegt das Magazin den Tageszeitungen in Kurhessen-Waldeck bei und kann online unter blickindiekirche.de als E-Paper gelesen werden.