«Wir haben alle vor Augen: Der Sozialstaat, wie wir ihn über Jahrzehnte entwickelt haben, befindet sich in einer Phase der Transformation», so Carsten Tag. Dies geschehe nicht plötzlich oder gar unerwartet, sondern es sei das Ergebnis tieferliegender globaler und nationaler Veränderungen, die sich sowohl auf die strukturelle wie auch auf die soziale Ebene auswirkten, heißt es in einer Pressemitteilung der Diakonie Hessen.
Diakonievorstand Dr. Harald Clausen ergänzte im Bericht: «Uns besorgt, dass politische extreme Positionen, die wir als ausgrenzend, spaltend, rassistisch, antisemitisch und menschenverachtend wahrnehmen, immer weiter in die Mitte unserer Gesellschaft vordringen.» Auf dieser Grundlage werde Realpolitik gemacht. Getragen von der Überzeugung, dass jedem Menschen eine ihm geschenkte Würde innewohnt, arbeite die Diakonie Hessen hingegen für sozialen Ausgleich, für Vielfalt und für Teilhabe, so Clausen.
Problemlagen der Menschen verdichten sich
Der Sozialstaat in seiner heutigen Form stehe zudem vor der schwierigen Aufgabe, die zunehmende Last der sozialen Sicherungssysteme zu tragen, während gleichzeitig die finanziellen Spielräume enger werden. «In einem Land, dessen wirtschaftliche Stärke nach wie vor vielversprechend erscheint, dürfen wir nicht die Gefahr übersehen, dass soziale Ungleichheiten vertieft werden. Besonders Menschen in prekären Lebenslagen drohen durch die wachsende Diskrepanz zwischen Arm und Reich weiter marginalisiert zu werden», erläuterte Carsten Tag.
In den diakonischen Einrichtungen und Beratungsstellen erkenne man deutlich, dass die Problemlagen sich verdichten: Sei es der Anstieg in den Nachfragen der Schuldnerberatungen oder der allgemeinen psychosozialen Lebensberatungen; sei es die viel zu hohe Anzahl der jungen Menschen, die ohne einen Abschluss die Schule verlassen; sei es die Nachfrage nach ausreichendem und vor allem bezahlbaren Wohnraum. Der Unterstützungsbedarf ist allerorten sei deutlich angestiegen.
«Die Situation fordert von uns als Diakonischen Landesverband ein klares Handeln. Wir dürfen uns nicht nur als Anbieter sozialer Dienste verstehen, sondern eben auch als Akteur, der die gesellschaftliche Verantwortung im Lichte des christlichen Menschenbildes deutlicher formuliert und durch Handlungen erlebbar macht», so der Vorstandsvorsitzende. Gleichzeitig stelle sich aber auch die ethische Frage, wie die Diakonie mit knapper werdenden finanziellen Ressourcen verantwortlich umgeht.
Fachkräftemangel bereitet Sorge
Ein zentrales Thema, das die Arbeit der Diakonie in den kommenden Jahren weiterhin massiv prägen wird, sei der Fachkräftemangel. Er wirke sich nicht nur auf die Qualität der Arbeit aus, sondern auch auf den Umfang der Angebote. «Viele Angebote müssen zurückgefahren werden, weil uns die nötigen Mitarbeitenden fehlen», erläuterte Harald Clausen. Man sei als Landesverband in intensiven Gesprächen mit der Politik, um langfristige Lösungen für die Fachkräftekrise zu entwickeln. Lösungen lägen aber nicht allein in politischen Maßnahmen. Die Diakonie müsse auch selber Modelle entwickeln, die soziale Arbeit attraktiver machten. Zudem müsse man Formen finden, in denen auch mit weniger Personal Angebote dennoch aufrechterhalten werden können, so Clausen.
Bericht der Diakonie Hessen
Bericht der Diakonie Hessen für die Herbsttagung 2024 der 14. Landessynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck