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Skulptur (Ausschnitt Gesicht) des Heiligen Paulus. Salzburger Dom, Westportal. Foto: Hans, pixabay. pfarrbriefservice.de

Konterfei des Paulus. Foto: Hans, pixabay. pfarrbriefservice.de

„Es gibt so Typen…!“

Diese Begegnung mit Paulus hat sich Dekan Norbert Mecke aus dem Kirchenkreis Schwalm-Eder mal genauer angeschaut und davon bei der geistlichen Eröffnung berichtet, mit der die Sitzung der Steuerungsgruppe im EKKW-Reformprozess immer beginnt: “Loslegen und was transformieren. Nicht schlecht. Aber Paulus ist radikaler.”

Es gibt so Typen. Wir sind auch welche davon.

„Es gibt so Typen…!“,
sagt Steffen Bauer. Und der muss es wissen, er beobachtet die Transformationsprozesse der Landeskirche und schaut sie zusammen. Der Synoptiker in Sachen „Landeskirchen unterwegs“ also.

Es gibt so Typen. 
Wir sind auch welche davon. Typen, die nach einem bestimmten Muster in Sachen Transformation laufen:
Typ 1: Sich totstellen.
Typ 2: Nur optimieren wollen.
Typ 3: Loslegen und etwas transformieren.
Typ 4: Aus einem gemeinsamen Zukunftsbild her gestalten.

„Es gibt so Typen.“, sagt Paulus. 
Und der muss es wissen. Er ist selbst einer und kennt seine christlichen Pappenheimer in den einzelnen Gemeinden, also sozusagen die „Kirche unterwegs“ in ihrer Frühform. Und er kennt die Frage als existentielle, persönliche Frage, die Steffen Bauer über seinen letzten Bericht gestellt hat: „Transformation by design oder by desaster?“

Ja, Desaster: „Alles Schiss!“, so würde Paulus es formulieren, wenn er Nordhesse wäre: „Alles Schiss!“, von dem ich dachte: So muss es sein und nicht anders. So darf es sein und nicht anders. Und was war ich stolz!“ – ich zitiere ihn aus dem Philipperbrief:

«Ich wurde am achten Tag beschnitten. Ich gehöre zum Volk Israel, zum Stamm Benjamin. Ich bin ein Hebräer und stamme von Hebräern ab. Nach dem Maßstab des Gesetzes war ich ein Pharisäer. Nach dem Maßstab meines Einsatzes war ich ein Verfolger der Gemeinde. Nach dem Maßstab der Gerechtigkeit, die das Gesetz fordert, war ich untadelig.»
Philipper 3,5-5

Ein Desaster

Es gibt so Typen. Ich bin auch einer. Schon manchmal stolz, mindestens zufrieden und irgendwie im Reinen mit der eigenen Glaubenssozialisation. „Untadelig“ – nein, das ginge mir nicht über die Lippen. Aber „richtig gemacht“ mindestens vieles richtig gemacht – oder: wie man es so macht als Pfarrer und Dekan, in unserer Landeskirche, im System. Hier und da mit Lust am Optimieren vielleicht.

Es gibt so Typen, die dann sagen: „Alles Schiss!“, wenn sich dann Grundlegendes ändern soll. Weil es einen eben selbst mit hinterfragt.

Paulus sagt auch: „Alles Schiss!“. Aber anders.

Er hatte eine „Transformation by desaster“. Bildlich in der Apostelgeschichte 9 mit Lichtflash von oben, Sturz auf den Boden und Blindheit beschrieben. Eine Begegnung mit dem auferstandenen Christus. Ein Desaster für das, was ihn bisher so stolz und selbstsicher gemacht hatte. Ein Desaster für die vermeintlich richtige bisherige – und durchaus sehr fromme – Einstellung. 

O-Ton:

«Aber alles, was mir mal als Vorteil erschien, sehe ich jetzt – von Christus her – als Nachteil. Ja wirklich: Ich betrachte es ausnahmslos als Nachteil. Dahinter steht die überwältigende Erkenntnis, dass Jesus Christus mein Herr ist! Verglichen mit ihm ist alles andere wertlos geworden, ja, in meinen Augen ist es nichts als Dreck!»
Philipper 3,7-8

Einigen wir uns auf nordhessisch: „Schiss!“

Dreck. Wie sprachlich vornehm selbst neue Übersetzungen, wie die Basisbibel die Spitze brechen: „skybalon“ steht da im Griechischen. Gewählt übersetzt: Kot. Sagen wir es offen: „Scheiße!“- oder einigen wir uns auf nordhessisch: „Schiss!“. 

„Was mir mal ein Vorteil war, wie es lief, wie ich lief: Zählt nix mehr. Kann ich mir nichts für kaufen.“, schreibt er. Seine Maßstäbe für das, was wirklich wertvoll ist, haben sich geändert, wurden transformiert. 

„Es gibt so Typen“, schreibt Steffen Bauer. 
„Totstellen“ – keine Option für Paulus, schon nicht in dem Moment eine Option, wo er nicht gar nicht richtig sehen konnte, was kommt. Dann lieber: Sich führen lassen.
„Nur optimieren“ – nein, damit ist nichts gewonnen. Er schreibt:

«Mein Gewinn ist Christus. Zu ihm will ich gehören. Denn ich gelte nicht als gerecht, weil ich das Gesetz befolge, sondern weil ich an Christus glaube.»
Philipper 3,8/9

Also: Nicht ein bisschen Gesetz und Gesetztes nachschärfen, sondern ganz neues Design.

„Loslegen und was transformieren.“ Nicht schlecht. Aber Paulus ist radikaler:

«Ich möchte Christus erkennen und die Kraft seiner Auferstehung erfahren. An seinem Leiden möchte ich teilhaben – bis dahin, dass ich ihm im Tod gleich werde. »
Philipper 3,10-11

Transformation kann einen umwerfen

Heißt: Da stirbt sogar Altes. Schmerzlich sicherlich. Transformation kann einen eben umwerfen, phasenweisen den Durchblick rauben, einen Tode sterben lassen, wenn bisher Wertgeschätztes einem notwendigen neuen Design weicht.

Es gibt so Typen. So Typen wie Paulus, die sich auszusprechen trauen:
„Alles Schiss“. 
Manchmal ist das Alte „Alles Schiss“, jedenfalls dann, wenn es grundlegenden Erkenntnissen im Weg steht. 

Paulus hat gemerkt: Das Alte hatte sogar klammheimlich sein Gottesbild völlig schräg gemacht.  Ja, sogar das, was man bislang „summa cum laude“ auf die Beine gestellt und gewuppt hat – stolz oder mindestens zufrieden mit sich und seiner Kirche – kann einem so im Weg stehen, dass es heimlich die ganze Sache hat schräg werden lassen, ohne dass ich es gemerkt hätte.

Das zählt nicht auf ewig. Und es zählt vielleicht schon nicht mehr übermorgen. Und: Es zählt mitunter schon heute nicht mehr. 

Wo alles „Schiss“ ist – das ist die Erfahrung von Paulus –, ist gerade der Ort, wo sich Gottes Auferstehungskraft erweisen kann. Wo das Leben ein Kreuz ist, auch da, wo wir für Gott ein Kreuz sind, darf die Hoffnung mit Recht umso größer sein. 

Nochmal Paulus:

«An seinem Leiden möchte ich teilhaben – bis dahin, dass ich ihm im Tod gleich werde. Das alles geschieht in der Hoffnung, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen.»
Philipper 3,10-11

Und das ist wohl „Transformation bei design“ par excellence: Aus diesem gemeinsamen (finalen) Zukunftsbild her gestalten.

„Es gibt so Typen“, sagt Steffen Bauer. „Es gibt so Typen“, schreibt Paulus. 

Und hält fest, was für ihn und seine Art zu leben, Gemeinde und Kirche zu denken und zu steuern, typisch sein soll:

«Ich möchte Christus erkennen und die Kraft seiner Auferstehung erfahren!»
Philipper 3,10

Danke

O, ja. Das möchte ich. Mit andern. Selbst denen, die davon noch gar nichts kennen. Darum geht es. Und der Rest? Dient dem. 

Oder ist sonst, so hart das klingt und so weh es tut, möglicherweise „Alles Schiss!“ oder nachhaltiger und wertschöpfender ausgedrückt: Der Dünger auf dem Neues wächst. Im eigenen Leben, in unserer Kirche.

Es gibt so Typen. Danke, Steffen Bauer, danke, Paulus.

Mich bringt´s ins Nachdenken, was ich für ein Typ bin. Und warum eigentlich. Und ins Hoffen, dass Gott an und mit uns ganzen bunten Typen seine Transformation wirklich werden lässt.

Porträt Norbert Mecke, Dekan Kirchenkreis Schwalm-Eder
«Gott segne unser Denken und Arbeiten, Beraten und Steuern. Auf dass er uns in der Art, die für ihn typisch ist, begeistere. Amen.»
Norbert Mecke, Dekan Kirchenkreis Schwalm-Eder
Auch bei Ihnen "alles Schiss"?

Regt Sie der Text von Norbert Mecke an? Oder doch eher auf? Welcher Veränderungstyp sind Sie? Ist Ihnen Paulus zu radikal?
Vielleicht haben Sie Lust, Ihre Meinung mit uns zu teilen? Das würde uns freuen! 
Schreiben Sie einfach an reformprozess@ekkw.de. Besten Dank!