Kassel. Mit einem feierlichen Gottesdienst ist am Sonntag (18. Februar) die 31. gemeinsame Aktion «Hoffnung für Osteuropa» (HfO) der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) eröffnet worden. Im Mittelpunkt des Gottesdienstes in der Christuskirche Kassel-Bad Wilhelmshöhe stand ein rumänisches Projekt zum Schutz von Frauen vor Gewalt, Menschenhandel und sexueller Ausbeutung. Davon sind Frauen in Rumänien, insbesondere Romnja, aufgrund prekärer Lebensverhältnisse und eingeschränkter Bildungschancen häufiger betroffen als andere Europäerinnen. Das Projekt in Siebenbürgen bringt Behörden, Vertreter verschiedener Konfessionen, Bildungseinrichtungen und NGOs an einen Tisch, beugt so Korruption vor und leistet wichtige Bildungs- und Aufklärungsarbeit. Die Aktion «Hoffnung für Osteuropa» fördert seit drei Jahrzehnten soziale und diakonische Projekte und setzt sich für Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung und die Inklusion benachteiligter Menschen ein.
Bischöfin: «Jesus sieht nicht die zu verachtende Frau, er sieht einen Menschen»
Am Beispiel der Geschichte der sogenannten Sünderin (Lukas 7, 36-50) lenkte Bischöfin Dr. Beate Hofmann in ihrer Predigt den Blick auf Stigmatisierung, Ausgrenzung und Ablehnung, die Frauen erfahren, die ihren Körper verkaufen müssen. Jesus sehe jedoch nicht die zu verachtende Frau, sondern einen Menschen, der in Beziehung zu ihm treten wolle. Eben dies sei auch «der Leitfaden für uns, wenn wir Frauen begleiten, die in die Prostitution geraten sind», so die Bischöfin: «die Menschen sehen, ihre Stärken, ihre Fähigkeit, auch furchtbare Erfahrungen zu überleben, ihren Willen, der eigenen Familie zu helfen oder es den eigenen Kindern besser gehen zu lassen». Dass diese Unterstützung immer wieder gelingt, auch durch Projekte, die von der Aktion «Hoffnung für Osteuropa» gefördert werden, mache zuversichtlich.
Bischöfin Dr. Beate Hofmann in der Christuskirche in Kassel. (Foto: medio.tv/Socher)
Gäste aus Rumänien schildern Fallbeispiele und stellen Schwerpunktprojekt vor
Aus Rumänien waren Vertreterinnen der Partnerkirche der EKKW, der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses (A.B.), angereist. Sie schilderten anhand von zwei realen Geschichten den Weg junger rumänischer Mädchen in die Zwangsprostitution. Dr. Ramona Besoiu leitet die Projektarbeit der Evangelischen Kirche A. B., Erika Klemm ist Leiterin des dortigen Migrationsreferates. Dessen Schwerpunkt liegt auf der Prävention und Hilfe für Opfer von Menschenhandel, der oft schon im Kindesalter beginnt. Deshalb haben Fachleute unter Federführung des Referats für Migration Schulmaterialien zur Aufklärung von Minderjährigen erstellt – zunächst in rumänischer, später auch in ukrainischer Sprache. Dank HfO und dem Kasseler Verein FRANKA e.V. konnte der Druck der letzten beiden ukrainischen Hefte sowie deren Transport in die Ukraine sichergestellt werden. Das gemeinsame Projekt sieht außerdem vor, dass die Mitarbeiter des Referats für Migration demnächst intern geschult und durch Supervision unterstützt werden.
Kasseler Verein FRANKA fördert Wege aus der Gewalt
Karin Diehl, Vorstandsmitglied von FRANKA e.V., skizzierte im Gottesdienst kurz die Aufgabe des Vereins. Der Förderverein unterstützt die Fachberatungsstelle des Diakonischen Werkes Region Kassel. Diese bietet Beratung und Begleitung für Frauen, die Opfer von Menschenhandel durch sexuelle Ausbeutung, Zwangsprostitution und/oder Ausbeutung ihrer Arbeitskraft geworden sind. Die Fachberatungsstelle setzt sich ein für eine geschützte Unterbringung der Frauen und ihrer Kinder, für medizinische und psychosoziale Unterstützung, für gesellschaftliche Teilhabe, für die Klärung des legalen Aufenthaltes oder die geordnete Rückkehr ins Herkunftsland und begleitet die Frauen bei allen notwendigen Wegen zu Organisationen und Behörden. Der Förderverein unterstützt die praktische Arbeit der Fachberatungsstelle u.a. durch Öffentlichkeitsarbeit, Vernetzung und Förderung von Kooperationspartnern in den Herkunftsländern sowie durch finanzielle Unterstützung. Die beiden Beratungsstellen in Kassel und Herrmannstadt, Rumänien, streben in Zukunft eine Zusammenarbeit an.
Kooperation der Landeskirchen
Der Eröffnungsgottesdienst findet im jährlichen Wechsel zwischen den beiden evangelischen Kirchen Hessens statt. Die Koordination der gemeinsamen Aktion «Hoffnung für Osteuropa» liegt beim Zentrum Oekumene der EKHN und der EKKW mit Sitz in Frankfurt am Main. Die Geschäftsführerin für die Aktion, Pfarrerin Christina Schnepel, machte deutlich, «dass gerade die aktuelle angespannte politische Lage mit dem Krieg in der Ukraine und seinen Auswirkungen auf alle europäischen Staaten, ein unvermindertes Engagement in Osteuropa erfordere».
Kirchengemeinde in Rumänien engagiert
Die Kirchengemeinde Kassel-Bad Wilhelmshöhe engagiert sich seit 1991 an verschiedenen Orten in Rumänien. Seit 1994 konzentriert sich die praktische Hilfe in Heltau, dem rumänischen Cisnadie. Lange Jahre gingen regelmäßig mehrere Hilfstransporte nach Heltau. 2001 wurde dann die Schülertagesstätte «Arche Noah» für bedürftige Kinder gegründet. Etwa 35 Jungen und Mädchen bekommen regelmäßig eine warme Mahlzeit, Hilfe bei den Hausaufgaben und Raum zum Spielen. Inzwischen werden auch junge Erwachsene, die die Arche verlassen haben und in Ausbildung und Beruf stehen, weiterhin begleitet. Marianne Dithmar, langjährige Vorsitzende des Kirchenvorstands Bad Wilhelmshöhe, hat diese Arbeit ins Leben gerufen und reist regelmäßig nach Rumänien. Zusammen mit Erika Barculet, einer ehemaligen Besucherin der Kindertagesstätte «Arche», sowie Dr. Diethelm Meißner, Dezernent für Diakonie und Ökumene in der EKKW, sowie dem Pfarrer der gastgebenden Kirchengemeinde, Jan-Daniel Setzer, gestaltete sie den Gottesdienst mit. Im Anschluss präsentierten Initiativgruppen, Kirchengemeinden und kirchliche Werke ihre Arbeitsschwerpunkte in den verschiedenen Ländern. Vertreten waren Hilfsinitiativen wie das «Gustav-Adolf-Werk», der «Evangelische Bund Hessen» und Einzelinitiativen, die evangelische Gemeinden und soziale Projekte in Osteuropa unterstützen und fördern.
Hintergrund «Hoffnung für Osteuropa»
Die Initiative «Hoffnung für Osteuropa» ist die Antwort der Evangelischen Kirchen in Deutschland auf den Wandel in Mittel- und Osteuropa. Gegründet 1994, soll die Aktion soziale Strukturen, diakonische Dienste und den zivilgesellschaftlichen Aufbau fördern. Dass ein gerechtes und soziales Europa Wirklichkeit wird, ist eines der Anliegen von «Hoffnung für Osteuropa». Auch mehr als drei Jahrzehnte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sind bestehende globale Wirtschafts- und Verteilstrukturen ungerecht aufgebaut. Trotz des wirtschaftlichen Wachstums bleiben viele in Mittel- und Osteuropa von dieser Entwicklung ausgeschlossen. Es gilt, gerade diese Strukturen durch jahrelange Partnerschaftsarbeit und Begegnungen zu verändern. (19.02.2024)
Spendenkonto
Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck
Evangelische Bank eG
IBAN: DE33 520 604 10 000 000 3000
Stichwort: Hoffnung für Osteuropa