Mit einer Andacht von Dekan Glöckner, musikalisch begleitet von Kantorin Christine Kalb-Heck, begann der Wilhelmshöher Impuls in der Kapelle des Hauses der Kirche. Das biblische Bild vom Sämann, der den Samen ausstreut und darauf vertraut, dass „etliches auf gutes Land“ fällt, bildete den geistlichen Auftakt.
Nach einem Imbiss und musikalischen Beiträgen von Betty Bier, die den Abend mit ihrem Gesang bereicherte, begrüßte Peter Grohme für das Forum Bildung und Gesellschaft die Gäste. Er erinnerte an die kürzlich verstorbene Initiatorin der Veranstaltungsreihe, Ute Göpel, und dankte der Evangelischen Bank sowie Dekan Glöckner für die Unterstützung.
In seinem Grußwort betonte der neue Leiter des Forums, Dr. Torsten Krey, frei nach Niklas Luhmann:
„Veränderung ist die einzige Konstante gesellschaftlicher Entwicklung.“
Im Zentrum: Podiumsgespräch zur Transformation der Arbeitswelt
Auf dem Podium diskutierten:
Dr. Arnd Klein-Zirbes (Industrie- und Handelskammer Kassel-Marburg)
Rolph Limbacher (Vizepräsident der Handwerkskammer Kassel-Marburg)
Stefan Schneider (Vizepräsident des Hessischen Bauernverbands)
Die Gesprächspartner beleuchteten die Veränderungen in Industrie, Handwerk und Landwirtschaft sowie die gesellschaftlichen Erwartungen an zukünftige Arbeits- und Lebensformen.
Industrie: Drei D und der Ruf nach Entbürokratisierung
Dr. Arnd Klein-Zirbes machte deutlich, dass die Wirtschaft in Nordhessen unter Druck steht. Die zentralen Herausforderungen der Transformation fasste er als „drei D“ zusammen: Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demografie. Vor diesem Hintergrund müsse die Politik den Menschen mehr zutrauen und zumuten.
Ein entscheidender Hebel sei der Bürokratieabbau:
„Er kostet kaum Geld, sondern erfordert politischen Willen.“
Zudem müsse die digitale Infrastruktur dringend ausgebaut werden – gerade im ländlichen Raum. Unternehmerinnen und Unternehmer wollen anpacken und brauchen dafür ein Klima, das Selbstwirksamkeit ermöglicht.
Mit Blick auf internationale Debatten verwies Klein-Zirbes auf die Ideen von Vordenkern wie Curtis Yarvin und Peter Thiel, die in den USA eine neue Weltordnung skizzieren. Diese Ansätze seien zwar umstritten, zeigten aber, wie stark die Diskussion um gesellschaftliche und wirtschaftliche Transformation global geführt werde.
Sein Appell an die Politik:
„Alle Beteiligten sollten konstruktiv und maßvoll miteinander umgehen – nur so kommen wir gemeinsam voran.“
Handwerk: Meisterschaft und Alltagskompetenzen
Rolph Limbacher hob die Bedeutung handwerklicher Meisterschaft, Tradition und Leistungsbereitschaft hervor. Neben dem Fachkräftemangel sieht er wachsenden Bedarf bei der Vermittlung elementarer Alltagskompetenzen junger Auszubildender.
Auch unterschiedliche kulturelle Hintergründe müssten im Arbeitsalltag berücksichtigt werden. Digitalisierung und Modernisierung böten Chancen, müssten aber für kleine Betriebe realistisch und zugänglich gestaltet werden. Laut einer Studie sei das Friseurhandwerk von der Digitalisierung am wenigsten, das Bäckerhandwerk hingegen am stärksten betroffen.
Von der Politik erwartet er mehr, als nur die Schwerindustrie beim Strom zu entlasten. Jeden Handwerksbetrieb belasten die Energiekosten ebenso. Beim Thema Wärmepumpen fordert das Handwerk klare Regeln, verlässliche Förderung und weniger Bürokratie.
Ländlicher Raum: Nachfolge als Schlüsselproblem
Stefan Schneider verwies auf wachsendende Ausbildungszahlen hochengagierter junger Menschen und auf die Betriebs- bzw. Hofnachfolge als größte strukturelle Herausforderung. Digitalisierung und Smart Farming eröffneten zwar Potenziale, doch mangele es häufig an digitaler Infrastruktur und Planungssicherheit.
„Der ländliche Raum braucht verlässliche Rahmenbedingungen, um als Lebens- und Arbeitsort attraktiv zu bleiben.“ – eine Aussage, die von allen geteilt wurde.
Politik: Verlässlichkeit als Kernforderung
Alle drei Diskutanten nannten überbordende Bürokratie, fehlende Planbarkeit und mangelnde Verlässlichkeit als zentrale Herausforderungen für die Politik. Sie betonten: Für Unternehmen wie Mitarbeitende seien Stabilität und klare Regeln unverzichtbar.
Zugleich wurde deutlich: Wenn Menschen verstehen, warum Veränderungen nötig sind, sind sie bereit, Herausforderungen anzunehmen und die Zukunft gemeinsam zu gestalten.
Publikumsfragen und Fazit
Aus dem Publikum kamen Fragen zu Themen wie Wertewandel, Work-Life-Integration, Offboarding-Strategien, Gesunderhaltung im Ruhestand sowie gleitenden Übergängen in den Ruhestand und Nachberufstrainings wie sie u.a. im Forum Bildung angeboten werden.
Moderator Hartmut Schneider fasste den Abend prägnant zusammen:
„Transformation gelingt, wenn sich die Menschen auf Werte wie Leistungsbereitschaft, Wehrhaftigkeit, Selbstwirksamkeit und gegenseitige Wertschätzung besinnen. In der Kooperation liegt die Kraft, die Herausforderungen einer komplexer werdenden Welt gemeinsam zu bewältigen.“
Dekan Glöckner beschloss den offiziellen Teil mit einem Abendgebet und lud die Gäste zum Verweilen ein – eine Einladung, die gerne angenommen und von Betty Bier musikalisch begleitet wurde.














